Shellac

Shellac © Masao Nakagami - https://www.flickr.com/photos/goro_memo/223859888/, CC BY-SA 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=8757144

Die Post-Hardcore-Ikonen Shellac spielen im Kesselhaus des Schlachthofs Wiesbaden eines ihrer raren Konzerte – und werfen die Frage auf, wieso eine derart gute Liveband eigentlich so selten tourt.

Shellac (of North America) haben sich seit ihrer Gründung in den frühen 90ern schnell zu Galleonsfiguren des Post-Hardcore entwickelt – nicht zuletzt auch durch die Popularität von Sänger und Gitarrist Steve Albini, der den noisy amerikanischen Untergrund wie kein zweiter geprägt hat.

So verwundert es auch nicht, dass das Kesselhaus des Wiesbadener Schlachthofs zu einer der raren Shellac-Shows in Deutschland fast ausverkauft ist, und es bereits bei der Vorband Irnini Mons (ehemals Decibelles) ziemlich stickig wird.

Im Chor

Shellac höchstselbst haben diese Band als Vorgruppe eingeladen – und wie diese haben sich auch Irnini Mons vertracktem Songwriting und krachigen Gitarrenwänden verschrieben.

Alleinstellungsmerkmal der vierköpfigen Gruppe ist aber in erster Linie die Tatsache, dass jedes Mitglied singt, und sich die Gesangslinien oftmals zu komplexen, vierstimmigen Chorälen verdichten.  

Kopf und Körper

Der Gesang, der stellenweise etwas an Stereolab erinnert, strukturiert die spielerisch-ausufernden Songs der Gruppe, und fungiert als Kontrapunkt zu den treiben Motorik-Beats und den so wuchtigen wie durchdachten Riffs. 

Was auf dem Papier durchaus verkopft klingt, funktioniert live von der ersten Sekunde an: Nicht nur ob des gelungenen Songmaterials, sondern in erster Linie auch aufgrund der spürbaren Energie der ganzen Gruppe, die sofort auch das Publikum erfasst. 

Zurückgenommen

Gegenüber dem dezenten Maximalismus von Irnini Mons nehmen sich Shellac, die nach einer kurzen Umbaupause die Bühne betreten, in ihrem Power Trio-Format mit Bass, Gitarre und Schlagzeug geradezu reduktionistisch. 

Überhaupt ist Reduktion bei dieser Band das dominierende Prinzip: Unerwartete Song-Pausen und Breaks akzentuieren die Stille, die Rhythmussektion, bestehend aus Bob Weston und Todd Trainer, liefert ein stoisches Donnern, über dem Steve Albinis mit seinem aggressiv-metallischen Gitarrensound bizarre Riffs und Melodien spielt.

Lust auf mehr

Das Resultat dieser potenten Kombination ist ein Sound, der so mitreißend wie sperrig bleibt, und nicht zuletzt durch die intensive Bühnenpräsenz der Gruppe das Publikum ab dem ersten Song begeistert. 

Die Setlist wird dabei dominiert von neueren Songs, insbesondere von Dude Incredible, doch auch zahlreiche neue Songs von Shellacs nächstem, noch unveröffentlichten Album haben ihren Weg in das Set gefunden.

Wann dieses Album erscheinen wird, scheint bisher unklar – und im Hinblick auf die stets recht langen Abstände zwischen Shellacs Veröffentlichungen scheint es, als habe die Band es auch nicht sonderlich eilig. Es bleibt nur zu hoffen, dass zumindest das nächste Konzert nicht genauso lang auf sich warten lässt. 

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