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61inch (live beim Winteraward 2018) © Andreas Defren

Zum bereits siebten Mal verwandelt der Mannheimer Winteraward das Jugendkulturzentrum Forum in einen Ort voller Wärme, Freude und großartiger Musik - und trotzt damit dem denkbar ungastlichen Wetter vor der Tür.

Das Konzept des Winterawards – einem nahen Verwandten des Mannheimer Brückenawards – ist so simpel, dass man es gerne immer wieder erklärt: Ein Konzertabend von Musikliebhabern für Musikliebhaber, der bei freiem Eintritt eine bunte Mischung verschiedenster Bands und Genres präsentiert. 

Billions and Billions and...

Während der Brückenaward traditionell im Freien stattfindet, ziehen sich die Veranstalter für den Winteraward in die schützdenden Mauern des Mannheimer Forums zurück. Während es draußen trübe und kalt dahinregnet, heizen drinnen die Mannheimer "A Girl Like Rambo" dem schon zahlreich vertretenen Publikum ein. 

Mit ihrer sehr eigenen Mischung aus Synthies, Drumcomputern und einer häufig recht stark verfremdeten Gitarre, mal mit Gesang und mal ohne, animiert das Duo auch zu früher Stunde schon die Besucher zum Tanzen. 

Apropos verfremdet, heimlicher Star des Abends ist wohl der Loop eines gewissen Donald Trump, der die Toiletten mit einem nicht enden wollenden "Billions and Billions and Billions..." beschallt, und der sich mittels einem Multieffektgerät gleich einer Gitarre manipulieren lässt.

Zeitmaschine

Jenen Besuchern, die es schaffen, sich von diesem beinahe hypnotischen Spielzeug zu lösen, winkt dann als Belohnung die nächste Band: Wo A Girl like Rambo die 80er wieder aufleben lassen, geht die Zeitreise der Fat Greatls noch ein Jahrzehnt weiter zurück. 

Die Band liefert druckvollen, 70er-beeinflussten Stoner Rock, der dominiert wird von schweren Riffs und ein bisschen an Ozzy erinnernden Vocals. Auch die Bühnenshow des Sängers erinnert stark an den fledermausfutternden Frontmann – die wie immer großartige, analoge Lichtshow von Projektor Pearson vollendet den charmanten Retro-Vibe, den der Auftritt versprüht.

Deutscher Schmerz

Während der Saal sich immer weiter füllt, steht mit Aua Aua aus Leipzig die mit Sicherheit experimentellste Band des Abends auf der Bühne. Das Projekt um Sänger Jan Frisch spielt Musik, die ganz sicher nicht jedermanns Geschmack trifft, aber fraglos höchst originell ist.

Ausgestattet mit dem kreativsten Schlagzeuger des Abends, einem verrückten 80er-Keyboard und Frischs schrammliger Gitarre erzeugt die Musik der Band einen faszinierenden Sog. Eine besondere Faszination liegt in den von Frisch mit lakonischer Stimme gesungenen deutschsprachigen Texten, die völlig eigenständig wirken.

Lieder wie "Mein Freund" und "Fahren und Spielen" brennen sich sogleich ins Gedächtnis ein und offenbaren, dass hier eine bemerkenswerte Band spielt, auf deren Debütalbum, das im Herbst 2018 erscheinen soll, man sich freuen darf.

Überzeugende Odenwälder

61Inch, die von den Veranstaltern über Backstage PRO ausgewählt wurden, lassen es da doch deutlich geradliniger angehen. Ihr leicht poppiger Alternative Rock punktet mit starken Melodien und einer druckvollen Performance, die das Publikum mit reichlich Bewegung belohnt. 

Die Band aus dem nahen Eberbach existiert bereits seit 10 Jahren und hat dennoch in dieser Zeit gerade eine Handvoll Konzerte in Mannheim gespielt. Umso größer ist ihre Freude ob des großen Zuspruchs zu ihrem Auftritt.

You guys like Ska?

Ob das italienische "Kalashnikov Collective" danach einfach den generellen Ansturm verpasst hat oder der irgendwo zwischen Punk und Ska wandelnde Sound den Gästen einfach weniger zusagt, ist schwer zu sagen – fest steht jedoch, dass sich der Saal während ihres Auftrittes merklich leert.

Das ist einerseits schade, da die Band mit viel Spielfreude und Elan dabei ist. Andererseits bietet der offbeat-lastige Sound des Kollektivs insgesamt recht wenig Abwechslung, sodass sich der ein oder andere hier wohl auch recht schnell satt gehört hat. 

Im stillen Kämmerlein

So kommt es, das mit "Chambers" die letzte Band des Abends vor einem deutlich reduzierten Publikum auftritt.

Die Anwesenden jedoch lauschen gebannt dem heftigen, düsteren Hardcore der Berliner – ein lärmiger, handwerklich auf hohem Niveau stattfindender Ausklang eines der schönsten Events Mannheims.