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An Evening with Joan Baez - Open Air 2016, Schwetzingen © Mathias Utz

Mit einem Set aus Traditionals, Covers und Eigenkompositionen bietet Joan Baez bei Musik im Park im Schwetzinger Schlossgarten einen besinnlichen Folkabend, der insgesamt etwas eintönig ausfällt.

Protestsongs bedarf es heute mindestens genau so vieler wie in den 1960ern, als diese Form der Unterhaltungsmusik groß wurde und eben mehr sein wollte als bloße Unterhaltung. Joan Baez zählte damals zur Speerspitze dieses Genres und gilt heute als eine der prägendsten Ikonen der Folkmusik.

Musik für alte Helden

Die voll besetzten Stuhlreihen im Schwetzinger Schlossgarten bestätigen, dass ihre politisch aufgeladenen Akustiksongs noch immer Relevanz besitzen – zumindest für diejenigen, die sich zum Höhepunkt der Folkmusik in ihren Jugendjahren befanden. Die unter 30-Jährigen im Publikum lassen sich indes an zwei Händen abzählen.

Dabei hat Joan Baez nicht nur für Alteingesessene etwas zu bieten. Ihre auf die Knochen reduzierte Coverversion des Antony And The Johnsons-Songs "Another World" gerät zu einem der Höhepunkte des Abends, gerade weil dieses im Vergleich noch recht frische Stück angenehm aus den vielen Klassikern hervortritt und außerdem beweist, dass die singende Bürgerrechtlerin auch mit 75 Jahren noch am Puls der Zeit lebt.

Stimme und Gewissen ihrer Generation

In ausschweifenden Ansagen greift sie als Stimme und Gewissen ihrer Generation politisch aktuelle Sujets auf, insbesondere die Flüchtlingsthematik und weltweiten Krisenherde brennen Baez unter den Nägeln. Sie mahnt, keine Mauern zu bauen, sich nicht abzuschotten und untermalt ihre Aussagen mit Songs wie "Imagine", dem Aretha Franklin-Stück "Do Right Woman, Do Right Man" oder ihrer Interpretation von Woody Guthries "Deportee" in solider, aber wenig überraschender Form.

Obwohl sich Baez zwischenzeitlich eine dreiköpfige Band leistet, bei der unter anderem ihr Sohn für die Percussions zuständig ist, schlagen die Songs alle in eine ähnlich bedächtige Stimmungskerbe, die vor allem durch ihr nicht ganz müheloses Gitarrenspiel Variationen erfährt. Baez' Gesang ist hingegen trotz des fortgeschrittenen Alters noch immer bemerkenswert klar.

Keine Experimente

Reibungslos und eindrucksvoll gelingt ihr so das eigene Stück "Diamonds And Rust", das die zerflossene Liebe zu Bob Dylan thematisiert, der für gewöhnlich viel Raum bei ihren Konzerten einnimmt. Dem Schirmherr der Folkmusik widmet sie mit "Farewell Angelina", "It’s All Over Now, Baby Blue", "Don’t Think Twice, It’s All Right" und "Blowing In The Wind" gleich vier Stücke.

Im Gegensatz zu Dylan, der bei seinen Konzerten die Songs gerne bis zur Unkenntlichkeit verbiegt, verzichtet Baez komplett auf Experimente. In diesen Fällen ist das sicher keine falsche Entscheidung, an anderer Stelle wirkt das aber auch mal zu abgeklärt und brav.

Keine Experimente

Am waghalsigsten geraten noch die Lieder, die sie auf Deutsch vorträgt, darunter "Sag mir wo die Blumen sind" und "Der Mond ist aufgegangen",  wobei sich auch hier kein allzu großer Überraschungsmoment einstellen möchte – gehören solche Songs doch schon seit vielen Jahren zu ihrem Live-Repertoire.

Nach insgesamt vier Zugaben setzt schließlich das A cappella vorgetragene "Kinder" von Bettina Wegner den Schlusspunkt unter ein aufrichtiges, gesetztes Konzerterlebnis, dem insgesamt ein größerer Spannungsbogen gut getan hätte.

Setlist

Farewell Angelina / God Is God / There but for Fortune / Silver Dagger / It's All Over Now, Baby Blue / Deportee (Plane Wreck at Los Gatos) / Joe Hill / Imagine Wenn unsere Brüder kommen / Der Mond ist aufgegangen / Me and Bobby McGee / Do Right Woman, Do Right Man / Swing Low, Sweet Chariot / Another World / Darling Corey / The House of the Rising Sun / Don't Think Twice, It's All Right / The Boxer // Gracias a la vida / Sag mir, wo die Blumen sind / Donna Donna / Blowin' in the Wind / Kinder (sind so kleine Hände)

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