The 1975

The 1975 © The 1975

Wortkarg gibt sich der Sänger von The 1975 in seinen Ansagen, doch für ihre Musik braucht es auch nicht viele Worte. In der sehr intimen Atmosphäre des Karlstorbahnhofs brachten die Jungs aus Manchester das volle Haus zum Schmunzeln und Tanzen. Natürlich spielen auch die Haare von Sänger Matthew Healy eine tragende Rolle.

Nicht nur das Debüt-Album-Cover der vierköpfigen Band besticht durch seine schlicht gehaltene Schwarz/Weiß-Farbgebung, auch das Bühnenbild im Karlstorbahnhof orientiert sich an diesem Prinzip.

Im Grunde ist die gesamte Bühnenkulisse im schlichten Schwarz gestaltet, mit Ausnahme eines weißen hochkanten Rechtecks, das vermeintliche Bandsymbol von The 1975, das für alle sichtbar an der oberen Bühnenwand angebracht ist. Man ist gespannt, wie das Ganze später in Szene gesetzt werden wird.

"Wir haben immer noch mehr vor uns als hinter uns "

Eingeläutet wird der Abend vom Support-Act Trümmer, einer Indie-Rock-Band aus Hamburg. Deren Songtexte besitzen vorwiegend eine überaus freudige Sicht auf das Leben: "Wir werden nie alt, wir bleiben so für immer". Dazu spielt der Sänger und Gitarrist in einigen Songs zackige Indie-Rock-Riffs à la The Wombats oder Kraftklub.

Allerdings bieten die drei Jungs auch durchaus melancholische Lieder, die zum Nachdenken anregen und die die Band als ernstzunehmende Textdichter ausweisen: "Ich weiß, es wird alles untergehen und ich habe damit kein Problem". Nach begeistertem Schluss-Applaus freuen sich die rund 400 Besucher umso mehr auf The 1975.

Das Tanzen beginnt

Nach kurzer Verschnaufpause geht es auch schon los: Die Bühne wird lediglich durch einige weiße Scheinwerfer schwach beleuchtet, dazu ertönt das Intro des ersten Tracks ihres Albums, gegen dessen Ende dann endlich die Band die Bühne betritt.

Gleich zu Beginn gibt das Quartett mit dem Song "The City" Vollgas. Wenn Sänger Matty dann die ersten beiden Zeilen "Don't call it a fight when you know it's a war / With nothin' but your t-shirt on" mit melancholischer Stimme ins Mikro singt, gibt es für das überwiegend weibliche
Publikum vor der Bühne kein Halten mehr. Doch die Männer unter den Zuschauern lassen sich von der Tanzfreude des Sängers anstecken.

Dann löst sich auch das Rätsel des mysteriösen Rechtecks: Hin und wieder leuchtet es während der Stücke in derart grellem weißen Licht, dass die vier Bandmitglieder teilweise nur noch in Silhouetten auszumachen sind. Eine tolle Idee. Die Menge ist begeistert.

Kleiner Patzer sofort wieder vergessen

Beim fünften Song unterläuft der Band ein kleines Malheur: Gitarrist Adam spielt über ein abgespieltes Sample den Beginn zu dem Song "Robbers", während Drummer George immer noch eifrig auf der Suche nach dem passenden E-Drum-Kit-Sound an einem eigenen Mischpult dreht. Da das Sample aber mittlerweile weiter läuft, bricht die Band den Song abrupt ab.

Sänger Matthew kommentiert dies mit einem verschmitzen Lächeln ins Mikro, und das Publikum vezeiht diesen kleinen Fehler sofort. Auffällig ist dennoch, dass der Drummer zwischen einzelnen Songs relativ viel Zeit benötigt, um zum gewünschten Drum-Kit-Sound zu switchen. Das Zusammenspiel zwischen Mensch und Maschine funktioniert nicht optimal.

Technisch versierte Musiker

Trotzdem zeigen sich The 1975 als absolute Vollblutmusiker. Der Sänger reißt, wenn er mal nicht tanzend auf seiner Gitarre spielt, seinen Kopf wild in die Höhe, so dass sein langer Pony hoch und wieder zurück auf sein Haupt fällt. Die Frauenwelt kreischt vor Freude.

Drummer George spielt bei "The City", "Money", oder "Settle Down" seine einzigartigen Schlagzeugbeats auf den Punkt und so konzentriert, dass er in das über seinen Kopf hängende Mikro während dieser Songs nur ansatzweise einzelne Wortfetzen singen kann. Danach widmet er sich wieder so fixiert seinem Schlagzeugspiel, als müsste er damit dem Teufel persönlich von der Klinge springen.

Bassist Ross und Gitarrist Adam tauschen ihr Instrument jeweils immer wieder mit digitalen Pads aus, so zum Beispiel bei elektronischen angehauchten Songs wie "Money" oder "Menswear". Ansonsten zeigen sie sich trotz starken Wippen mit dem ganzen Körper eher introvertiert. Für die Unterhaltung sorgen ja schon der Sänger und der Drummer.

Abschluss mit Hits

Zum Ende bringen the 1975 ihre beiden bislang größten Hits "Chocolate" und "Sex". Das Publikum tanzt und klatscht in der finalen Phase nochmal so richtig mit. Nachdem die Vier dann von der Bühne gehen, kehren sie entgegen der Erwartung der Zuschauer leider nicht nochmal für eine Zugabe zurück.

Trotzdem ist das Publikum hellauf begeistert von dem Konzert, auch wenn einige Besucher den visuellen Eindruck höher bewerten. So konnte man ein Mädchen im Teenager-Alter zum anderen sagen hören: "Hast du die Haare des Sängers gesehen? Oh, so flauschig!" Dennoch: die Musik war besser.

Alles zum Thema:

the 1975