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Joey Burns von Calexico singt vor einem Mikro-Ständer, um den die Farben Mexikos gewickelt sind. © Daniel Nagel

Bei ihrem Open-Air-Konzert in der Mainzer Zitadelle begeistern Calexico das Publikum mit ihrer einzigartigen Mischung aus Latino-Rhythmen und Americana-Songwriting. Der Auftritt bietet nicht nur einen stimmungsvollen Soundtrack zu einem sonnigen Sommerabend, sondern zeigt auch, dass die Band um Joey Burns und John Convertino ihre Leidenschaft wiedergewonnen hat.

Die Wüste Arizonas mit ihrer unbarmherzigen trockenen Hitze ist weit entfernt vom stimmungsvollen Platz in der Mainzer Zitadelle, auf dem Calexico auftreten. Und doch besitzt die Musik der Band eine Weite, die den Blick in die Ferne oder gen Himmel schweifen lässt, wo unablässig Flugzeuge im Sinkflug auf Frankfurt vorüberziehen.

Musikalische Grenzgänger

Calexico sind eine faszinierende Band: Obwohl sie herausragende Songs geschrieben haben, liegt ihre Stärke doch vor allem in ihrem einzigartigen Bandsound. Country- und Mariachi-Elemente verschmelzen zu einer Musik, die von der geographischen und stilistischen Nähe zwischen Mexiko und den USA geprägt ist.

Die Grenze und die Schicksale, die mit ihr verbunden sind, spielen auch eine wichtige Rolle in Liedern wie Across The Wire, das immer aktuell bleiben wird, solange Menschen ihr Leben riskieren, um die Grenze zu den USA zu überwinden und Crystal Frontier. Dennoch sind Calexico keine politische Band, sondern schöpfen aus dem kulturellen Austausch zwischen der lateinamerikanischen und der angloamerikanischen Kultur.

Allerhand Tanzbares

Das hat den angenehmen Nebeneffekt, dass ihre Musik allerhand tanzbare Rhythmen bietet, die sich das Publikum beim sommerlichen Open-Air mit positiver Stimmung ansteckt. Es wird getanzt, geklatscht, gewippt und gejubelt. Und niemand scheint enttäuscht zu sein, dass das Konzert nur knappe eineinhalb Stunden dauert.

In dieser Zeit bieten Calexico zahlreiche Songs von ihrem letzten Album Algiers und eine Auswahl ihrer bekanntesten Songs. Offensichtlich haben sie sich für die sommerliche Variante ihrer Setlist entschieden, denn langsame oder düstere Songs sind bis auf Dead Moon weitgehend abwesend.

Zeitlose Qualität

Stattdessen spielen sie eine Coverversion des Love-Klassikers Alone Again Or, zu dem Joey Burns tiefe Stimme hervorragend passt. Rätselhaft und ziemlich seltsam wirkt hingegen das Guns-Of-Brixton-Zitat, das sich in die epische Version von Crystal Frontier eingeschlichen hat.

Trompeten und Lap-Steel spielen eine wichtige Rolle bei Stray, das Calexico vor bald fünfzehn Jahren veröffentlicht haben und das wenig von seinem lebhaften Charme verloren hat. Überhaupt besitzt die Musik eine zeitlose Qualität, die sich gelegentlich selbst der Band erst im Lauf der Zeit erschließt.

Ein wenig Glück

So war der Publikumsfavorit Corona ursprünglich ein Bonus-Track der limitierten Ausgabe von Feast Of Wire und Crystal Frontier die B-Seite der Single The Ballad Of Cable Hogue. Aber welche Rolle spielt das, wenn man so herrlich mitsingen kann wie beim abschließenden Guero Canelo?

Nachdem Konzerte von Calexico zwischenzeitlich etwas zu sehr in Routine abzugleiten drohten, hat die Band in der Zwischenzeit wieder zu alter Stärke – und das heißt vor allem zu alter Leidenschaft zurückgefunden. Das hätte freilich wenig genutzt, wenn Regen die Zitadelle in eine Schlammlandschaft verwandelt hätte. Manchmal gehört eben auch etwas Glück dazu.

Setlist

Epic | Across The Wire | Splitter | Roka | Dead Moon | El Picador | Inspiracion | Maybe On Monday | Para | Fortune Teller | Close Behind | Alone Again Or | Puerto | Deep Down | Stray | Crystal Frontier

Zugabe: ? | Corona | Guero Canelo

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