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Innovation auf Kosten der Musikwirtschaft?

Mannheimer Musikpark soll zu 'Green Tech' Innovationszentrum umgebaut werden

News von Backstage PRO
veröffentlicht am 25.10.2022

musikpark mannheim

Mannheimer Musikpark soll zu 'Green Tech' Innovationszentrum umgebaut werden

Der Musikpark Mannheim. © NEXT Mannheim

Der Musikpark Mannheim, seit 2004 ein fester Bestandteil der Musikstadt im Stadtteil Jungbusch, könnte zukünftig zu einem Zentrum für innovative Umwelt- und Energietechnologien werden. Erste Planungen haben bereits begonnen – obwohl der Vorschlag auch deutlich kritisiert wird.

Für das von der Wirtschaftsförderung Mannheim konzipierte Leuchtturmprojekt "Innovationszentrum 'Green Tech'" wurde die Metropolregion Rhein-Neckar im April 2021 beim Fördermittelwettbewerb "RegioWIN 2030" prämiert, womit Fördergelder in Höhe von 14,12 Millionen Euro gesichert werden könnten. 

Neubau zu teuer

Anfangs noch als Neubau im südlichen Teil des Glückstein-Quartiers geplant, wurde aus Kostengründen entschieden, das Projekt im Gebäude des Musikparks Mannheim in der Hafenstraße 49 umzusetzen. Laut Michael Grötsch, Bürgermeister für Wirtschaft, Arbeit, Soziales und Kultur der Stadt Mannheim, würden damit zwei Ziele verfolgt:

"Zum einen geht es darum, das wichtige Leuchtturmprojekt Innovationszentrum Green Tech in Mannheim zu realisieren und damit 7,5 Millionen Euro Landes- und EU-Förderung zu sichern. Zum anderen eröffnet sich die Chance, das Musikpark-Gebäude nachhaltig zu ertüchtigen und energieeffizient umzubauen."

Christiane Ram, Leiterin der Wirtschaftsförderung, zählt innovative Umwelt- und Energietechnologien "zu den dynamischsten Wachstumsmärkten überhaupt", weshalb das Zentrum Raum für innovative Umwelt- und Energietechnologien schaffen und Startups, Unternehmen und wissenschaftliche Einrichtungen zusammenführen solle.

Musikpark als Zentrum der Musikindustrie

Doch was passiert mit den Unternehmen aus der Musikwirtschaft, die bisher die Räumlichkeiten des Musikparks nutzen und dafür Miete zahlen? Der 2004 als Existenzgründerzentrum für die Musikwirtschaft eröffnete Musikpark war damals das erste Gebäude dieser Art in Deutschland.

Rund 250 Unternehmen konnten in den vergangenen 18 Jahren aus dem Musikpark entwickelt werden. Er trug dazu bei, die UNESCO City of Music Mannheim zu einem wichtigen Standort der regionalen Musikindustrie zu machen und bereichert die Kreativbranche sowie die Entwicklung des Stadtteils Jungbusch.

Gesunkene Bedarfe

Da die Räumlichkeiten inzwischen sanierungsbedürftig sind, wurden in den letzten Jahren keine neuen Unternehmen im Musikpark angesiedelt. Außerdem habe sich der Bedarf an Räumen und Büroflächen durch die fortschreitende Digitalisierung verringert, wie der Pressemitteilung der Stadt Mannheim bezüglich des Innovationszentrums zu entnehmen ist:

"Inzwischen sind kleinere Einheiten gefragt. Schätzungen nach liegt der Bedarf aktuell bei max. 1500 qm gegenüber früher rund 6000 qm. Ebenso haben sich Geschäftsmodelle und Arbeitsumfelder, auf die der Musikpark seinerzeit zugeschnitten war, verändert. Um eine Musikwirtschaftsförderung im Startup-Bereich, die der Unesco City of Music gerecht wird, weiter voranzutreiben, ist daher ein deutlich geringerer Flächenbedarf erforderlich als noch vor einigen Jahren."

Nun soll das Gebäude mit den Fördermitteln für das 'Green Tech'-Zentrum erneuert werden, womit die Stadt mit der Realisierung des Projekts und der Sanierung zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen könnte. Jedoch wurden noch keine konkreten räumlichen Alternativen für die im Gebäude angesiedelten Unternehmen aus der Musikbranche vorgestellt.

Was passiert mit den Unternehmen?

Bis zur Sanierung können bestehende Unternehmen noch im Musikpark verbleiben; ein großer Teil der Unternehmen soll der Stadt Mannheim zufolge "in den Markt entlassen werden". Doch besonders Unternehmen mit anhaltendem Förderbedarf benötigen konkrete Perspektiven. Daher soll laut der Stadt die städtische Tochtergesellschaft NEXT Mannheim

"entsprechende Lösungen sowie im Zuge von Veränderungen der strukturellen Förderungen der Musikwirtschaft neu angepasste Konzepte für eine Unesco City of Music gerechte Förderung erarbeiten."

Alternativen gesucht

Thorsten Riehle, Fraktionsvorsitzender der SPD im Mannheimer Gemeinderat, sieht das ganze Projekt kritisch und wünscht sich mehr Klarheit über die Alternativen, die die Stadt für die Musikwirtschaft entwickeln will:

"Die vermeintlich einfache Lösung, den sanierungsbedürftigen Musikpark mit europäischen Fördermitteln zum Greentech Zentrum umzubauen, bedeutet das Aus für den Musikpark. Deshalb setze ich mich dafür ein, dass wir vor der endgültigen Entscheidung im Gemeinderat Klarheit darüber bekommen, welche Alternativen die Stadt für die Musikwirtschaft verlässlich entwickelt.

Riehle fordert nicht nur Klarheit über mögliche Alternativen, sondern auch einen konkreten Zeit- und Finanzplan. Ansonsten würde es von ihm keine Zustimmung zu diesem Vorschlag geben – denn eine UNESCO City of Music ohne Musikpark könne er sich schlicht nicht vorstellen.

Abschied von einem Leuchtturmprojekt

Es ist seit Jahren bekannt, dass der Betreibergesellschaft des Musikparks, die mg: mannheimer gründungszentren GmbH seit Jahren nach Möglichkeiten sucht, den Musikpark zu sanieren. Die jetzige Lösung wirft aber die Frage auf, was mit den Unternehmen geschehen soll, die aktuell (noch) dort ansässig sind.

Etwas allzu locker spricht die Stadt davon, die im Musikpark verbliebenen Unternehmen "in den Markt zu entlassen". An dieser Stelle sollte die Stadt Mannheim in Verbindung mit Mannheim NEXT nachbessern und die betroffenen Unternehmen stärker als geplant bei der Suche neuer Räumlichkeiten zu unterstützen.

Bedauerlich ist auch, dass von Plänen, ein neues Zentrum für die Musikwirtschaft in Mannheim zu schaffen, tatsächlich gar keine Rede mehr ist. Sollte wirklich keine Alternative zum Musikpark geschaffen werden, verlöre die UNESCO City of Music einen zentralen Fixpunkt der Musikszene.

Locations

Musikpark

Musikpark Mannheim

Hafenstraße 49 / 86, 68159 Mannheim

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