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Dramatische Lage für 120 Bands

Proberaum-Schließung: Aus für den Otzenstraßen-Bunker in Hamburg-St. Pauli

News von Christian Grube
veröffentlicht am 01.12.2018

hamburg proberaum

Proberaum-Schließung: Aus für den Otzenstraßen-Bunker in Hamburg-St. Pauli

Der Otzenstraßen-Bunker in Hamburg-St. Pauli im Dezember 2018. © Philipp Karadensky

Was haben Tocotronic, Blumfeld und Rantanplan gemeinsam? Alle haben im berühmten Otzenbunker im Hamburger Stadtteil St. Pauli geprobt. Jetzt soll der Bunker geschlossen werden.

Der legendäre Otzenbunker im Hamburger Stadteil St. Pauli darf nach Behördenauflagen nicht mehr genutzt werden. Mehr als 120 Bands würden damit ohne Probenraum da stehen.

Wie die Hamburger Morgenpost berichtet, werden die Mieter seit einiger Zeit per Aushang informiert, dass die Nutzung von Seiten der Bauaufsicht untersagt sei. Bands bekamen zueltzt auch regelmäßig Besuch von der Polizei. Schon von Ende August 2018 an galt die Auflage, die Bunkerräume nur noch als Lager zu nutzen – eine Entscheidung, die jetzt auch durch das Verwaltungsgericht bestätigt wurde.

Wenig Hoffnung auf Lösung

Die Schließung geschehe aus Lärmschutzgründen –  in der Nähe befinden sich Eigentumswohnungen – sowie wegen der mangelhaften Belüftung. Beides hängt zusammen: Vorhandene Lüftungssschlitze müssten geschlossen werden, um Lautstärke nach außen hin zu dämmen. Angeblich sei es gesundheitsschädlich, sich länger als 15 Minuten in den Gebäude aufzuhalten.

Der aktuelle Vermieter müsste nach der Schließung weit mehr Geld in Lärm- und Luftschutz investieren, als beim Kauf des Musikbunkers angenommen, so Andrea Rothaug (RockCity Hamburg) bei Szene-Hamburg. Sie schrieb dort ihre Gefühle nieder:

Dabei atmen wir seit Dekaden diese Schrottluft, denn die Vermieter halten es mit den Bauauflagen nicht so streng und wir sind hart im Nehmen. Zudem der Lärmschutz. Nee, klar, erst bauen sie die teuren Glaswohnwürfel direkt an den Bunker ran und dann ist es zu laut. Ich bin ganz überrascht! Beschwerden gab es am Musikbunker von je her, doch damals war das Viertel irgendwie offener und weniger SUV. Und obwohl sich alle Mietenden im Bunker an die Nutzungszeiten von 18 bis 22.30 Uhr halten, kauft man ­heute drumherum mit der Eigentumswohnung offenbar auch das Recht auf Stille mit dazu.

Die Bands ereilt damit ein ähnliches Gentrifizierungs-Schicksal, das viele Bürger mit ihren Wohnungen erleben. Szeneviertel wandeln sich zu noblen Wohnvierteln mit gehobenem Standard. Da passen laute Rockbands nicht ins Bild.

Gleichzeitig habe es schon über einen deutlich längeren Zeitraum hinweg Anwohner gegeben, die sich regelmäßig wegen der lauten Musik beschwert hätten, berichtet uns ein mit den Umständen vertrauter Musiker. Die neue Verwaltung habe sich für die Mieter des Proberaumbunkers eingesetzt und alles versucht, ergänzt er. "Der Käufer wusste wohl nicht, dass solche Auflagen existieren und wurde somit ganz schön über den Tisch gezogen".

Nun will die Kulturbehörde laut MoPo zwischen Behörden, Gebäude-Besitzern und -Verwaltern vermitteln, um "…eine künstlerische Nutzung auch künftig möglich zu machen".

Fotogalerie: Der Otzenstraßen-Bunker in Hamburg-St. Pauli (Philipp Karadensky)

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