Musik als Wirtschaftsfaktor
Große Musikwirtschaftsstudie belegt Stärke der Gesamtbranche und Probleme in Teilbereichen
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v.l.n.r.: Dr. Carsten Brosda, Joerg Heidemann, Prof. Wolfgang Seufert, Dr. Florian Druecke, Jan Hendrik Becker, Prof. Jens Michow, Daniel Sebastian Knoell, Lars Ingwersen. © Quelle: Pressematerial zur Musikwirtschaftsstudie
Die vom Institut für Kommunikationswissenschaft der Friedrich-Schiller-Universität Jena (IfKWJ) unter der Leitung von Prof. Dr. Wolfgang Seufert erstellte Studie liefert erstmalig ein vollständiges Zahlen- und Datenwerk zur volkswirtschaftlichen Bedeutung und wirtschaftlichen Gesamtlage der Deutschen Musikwirtschaft.
Welch ein erheblicher Wirtschaftsfaktor sie ist wird nicht zuletzt dadurch belegt, dass mit insgesamt 127.000 Selbständigen und Arbeitnehmern die Erwerbstätigenzahlen jeder anderen Medienbranche übertroffen werden. Doch das Zahlenwerk liefert noch zahlreiche weitere Erkenntnisse…
Weitere Artikel zur Studie
In dieser Artikelreihe zur großen Musikwirtschaftsstudie haben wir noch folgende Artikel veröffentlicht:
- Die meisten Musiker brauchen Zusatzeinkommen, um über die Runden zu kommen
- Die Macht der Major-Labels ist trotz des digitalen Wandels ungebrochen
- Viele Live-Musikclubs stehen am Rande der Verlustzone
Musikbranche übertrifft andere Zweige der Kreativwirtschaft
Anteile der Teilbranchen (Berechnungen der FSU Jena)
Insgesamt elf Milliarden Euro haben die Teilbranchen der deutschen Musikwirtschaft im vergangenen Jahr umgesetzt. Damit lag die Bruttowertschöpfung sogar über der von Filmwirtschaft, Radioveranstaltern, Buch- oder Zeitschriftenverlagen. Innerhalb der Kultur- und Kreativwirtschaft leistet die Musikwirtschaft damit einen bedeutenden Beitrag zur Einkommensentstehung.
Von den sieben Teilbranchen der Musikwirtschaft haben die "Musikveranstaltungen" (27%) und "Musikaufnahmen" (22%) die höchste Bruttowertschöpfung, gefolgt von den Bereichen "Musikinstrumente" (19%), "Kreative" (15%), "Musikunterricht" (10%), "Musikverlage" (5%) und "Verwertungsgesellschaften" (2%).
Andere Wahrnehmung gefordert
Kennzahlen der Musikwirtschaft
Brigitte Zypries, parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie bestätigte bei der Vorstellung dieser Studienergebnisse, dass "die Musikwirtschaft eine wichtige volkswirtschaftliche Größe innerhalb der Kultur- und Kreativwirtschaft in Deutschland" sei.
Und Olaf Scholz, Erster Bürgermeister Hamburgs, sagt zu der Untersuchung: "Ob live, auf physischen Tonträgern oder in digitaler Form – Musik ist von enormer wirtschaftlicher Bedeutung (…)". Der Branche biete sich mit der Studie die Chance, deutschlandweit als Schlüsselbranche der Kreativwirtschaft wahrgenommen zu werden.
Die Autoren der Studie schreiben den Politikern jedoch ins Stammbuch, dass die diese gesamtwirtschaftliche Bedeutung jedoch bisher weniger stark wahrgenommen haben, als die anderen Medienzweige: "Die Musikwirtschaft besteht zum größten Teil aus Selbständigen sowie kleinen und mittleren Unternehmen. Sofern das Wachstum dieses Sektors gefördert werden soll, müssen diese Strukturen berücksichtigt werden", lautet dementsprechend eines der wichtigsten Studienergebnisse.
Problemstellungen am Beispiel der Livebranche
Kosten der Musikclubs
Die Musikwirtschaftsstudie offenbart neben all den großen, beeindruckenden Zahlen jedoch auch Teilbereiche, die vor spezifischen Herausforderungen stehen, und zeigt problembehaftete Details auf. Beispielhaft lässt sich hierfür die Livebranche herausziehen, mit 27% Anteil der stärkste Teilsektor.
Hier zeigt die Studie auf, dass Musikclubs zwar 28,3% aus dem Verkauf von Tickets generieren, jedoch 28,5% für die Abgaben an die KSK (2,7%) und die Künstlerhonorare (25,8%) abgeführt werden. Die Studie stellt außerdem dar: Bei der Struktur der Gesamterträge für Musikclubs (bis 1.000 qm) erhalten die Clubs im Schnitt 7% Zuschüsse – bei 5% Umsatzrentabilität. Sprich: Fallen die Zuschüsse weg, sind die Spielstätten defizitär.
Dies ist nur eines mehrerer kritischer Themen für Clubbetreiber. Themen wie technische Ausstattung, Bau- und Ordnungsamt und viele mehr werden immer wieder genannt, wenn der Blick auf das in vielen Städten zu beobachtende Clubsterben fällt.
Erträge der Musikclubs
Karsten Schölermann, der 1. Vorsitzender des Branchenverbandes LiveKomm, sieht sich durch die Studienergebnisse daher in einer früheren Annahme bestätigt, dass "…konzertnahe Fremddienstleistungen wie Technik, Personal etc. mit Einnahmen aus der Gastronomie quersubventioniert werden müssen." Schon vor einigen Jahren lautete sein Fazit in seiner sogenannten Liste des Grauens: "Die Rahmenbedingungen für Musikspielstätten in Deutschland sind miserabel".
Der Verband EventKultur Rhein-Neckar, der für Clubbetreiber und Veranstalter in der Metropolregion Rhein-Neckar spricht, fordert die Politik daher auf, für Verbesserungen und eine konsequentere Förderung zu sorgen. Felix Grädler, Vorsitzender des Clubnetzwerks, erklärt: "Clubs und Spielstätten sind ein wichtiger Standortfaktor für die Stadtentwicklung und haben eine bedeutende kulturelle, soziale und wirtschaftliche Dimension.“
Wie siehst du die Entwicklung innerhalb der Musikbranche?
In welcher Form bist du selbst "mittendrin" und wo drückt dich der Schuh – oder wo läuft's bei dir gerade ganz besonders rund?
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