Keine ausreichenden Hilfen
Marek Lieberberg (Live Nation) befürchtet "Super-Gau" der Livebranche
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Marek Lieberberg (2016). © Sven Mandel / CC BY-SA (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)
In einem Podcast des Radiosenders hr info sprach Marek Lieberberg, CEO von Live Nation, über seine Befürchtung, dass es 2021 zu einem "Knock-Down und einem Super-Gau" der Branche kommen könnte, falls es nicht gelinge, die 150.000 abgesagten wegen der Corona-Pandemie Veranstaltungen nachzuholen.
Die Hilfen der Politik für die Kulturbranche seien nicht ausreichend, stellten nur "ein Tropfen auf den heißen Stein" dar.
"Wir sind Les Misérables"
In dem Interview spricht Lieberberg von der bedrückenden aktuellen Situation für ihn persönlich, für Live Nation und die gesamte Branche sowie von seiner "unendlich große Sehnsucht" nach Konzerten.
Die Livebranche bezeichnet er als Les Misérables, die Elenden. Er selbst komme sich jedoch vor wie der "Graf von Monte Cristo", der versucht, sich mit einem Löffel aus dem Gefängnis zu graben, aber dabei erwischt und wieder eingesperrt wird.
Erfolglose Kontaktaufnahme zu Politikern
Lieberberg erzählt, dass er während der Coronakrise auch persönlich versucht hat, mit Politikern wie Markus Söder, Peter Altmaier, Olaf Scholz und Monika Grütters Kontakt aufzunehmen. Dabei sei aber nichts herausgekommen außer "lapidaren" Rückmeldungen: "Wenn man glaubt, indem man die moderne Kultur suspendiert, sei das ein Schritt in die richtige Richtung beim Kampf gegen die Pandemie, halte ich das für eine absolute Fehleinschätzung."
Die Politik sehe bei Menschenansammlungen von Reisenden an Flughäfen, in der Bahn und auf öffentlichen Plätzen tatenlos zu. Bei behördlich genehmigten Konzerten wie Give Live A Chance würden hingegen die "gesetzestreuen Bürger geknebelt und geknechtet werden".
Die Charité und das Gesundheitsamt hätten bestätigt, dass das geplante Hygienekonzept mit Maskenpflicht und Abstandsregeln "doppelt gemoppelt" wäre und dadurch ein solch geringes Risiko entstünde, dass man das ohne Bedenken eingehen könne.
Kritik an Ungleichbehandlung
Als Gnadenbrot bezeichnet er Bundeshilfen wie Neustart Kultur. Die bereitgestellten 80 Millionen Euro des Programms brächten wenig im Vergleich zu den 3,5 Milliarden Euro Verlust, den die Branche erlitten habe. Er forderte eine Kompensation des angerichteten Schadens.
Außerdem gäbe es eine Diskrepanz zwischen der "ernsten Kultur" wie Opern und Theatern und der Unterhaltungskultur wie Konzerten. Opern und Theater dürften in fast ausgelasteten Hallen mit Maskenpflicht stattfinden, während Konzerte der populären Musik mit nicht mal 20% Hallenauslastung trotz strengem Hygienekonzept "zu viel zum Sterben aber zu wenig zum Leben" verdienten.
Keine Zukunftsperspektive
Sein größter Kritikpunkt ist, dass es keine Pläne für den Wiedereinstieg gäbe. Er sagt: "Wenn jemand Verbote verhängt, die Normalität verbietet, dann hat er die verdammte Verpflichtung, sich zu überlegen, wie er das zurückführt oder zumindest den Betroffenen eine Kompensation bietet."
Die Wertschätzung der Branche seitens der Politik sei mangelhaft, er hätte sich zur Aufgabe gesetzt, die Politik für die Not und das Elend der Branche zu sensibilisieren.
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