Brother Ali

Brother Ali

Als fast erblindeter Albino, der zum Islam konvertiert ist und dazu noch aus dem Mittleren Westen der USA stammt, sprengt Brother Ali schlichtweg alle Stereotypen die einem Rapper sonst so anhaften. Da verwundert es nicht weiter, dass dieser außergewöhnlichen Persönlichkeit auch in den Feuilletons der überregionalen Tageszeitungen Spalten eingeräumt werden. FAZ und SZ gehen dabei sogar so weit, den 33-jährigen kurzum als die Hoffnung des erlahmten HipHop-Genres abzufeiern.

{image}Seine herausragende Intelligenz und sein Reimtalent sind unbestritten. Jason Newman alias Brother Ali jedoch die große Bürde aufzuerlegen, der Retter eines vor dem angeblichen Verfall stehenden Genres zu sein, wird dem bescheidenen Mann aus Minneapolis nicht gerecht. Bei seinem ersten Auftritt in Heidelberg trat Ali am heutigen Abend immerhin als mein persönlicher Retter für den Samstagabend an, der durch naiv-erotisch geschminkte Teens und die allwöchentliche Freakshow in der S-Bahn erste Tendenzen hin zum Negativerlebnis genommen hatte.    

Die knallharten Rhythmusschläge des Straight outta Compton-Instrumentals von N.W.A., die DJ BK-One seinem Rapper zu Beginn der Show um die Ohren warf, parierte Brother Ali am Mic mit einer kleinen "Straight outta Midwest"-Einlage und machte damit Lust auf mehr. Es war erstaunlich, wie Ali, der zunächst fast verschüchtert dem Warm-up lauschte, nun auf der Bühne zu einem explosiven Live-MC transformierte und den bis zum Anschlag gefüllten Klub K in Wallung brachte.  

{image}Mit angeheiserter Stimme stellte Ali Stücke seines aktuellen Albums Us vor, das er im letzten Jahr über das Indie-HipHop-Label "Rhymesayers" veröffentlicht hat. Sein Sound ist die optimale Mischung aus deepen Lyrics und politischen Statements einerseits und partytauglichem Aufputschmittel andererseits. Nicht umsonst wurde sein antreibender Track Whatcha Got als Soundtrack für das NFL-Kultkonsolenspiel "Madden" ausgewählt. Somit taten auch Truth Is Here und Self Taught aus der gleichen Kategorie ihr übriges, um das Heidelberger Publikum in Bewegung zu bringen.

Einen besonderen Touch bekam Brother Alis Auftritt durch seine Beatbox-Einlagen und die gelungene Turntablism-Action von BK-One. Immer wieder verwurstelten die beiden auch bekannte Beats von A Tribe Called Quest, Lauryn Hill und Konsorten, um die Party auf oberem Level am laufen zu halten. Natürlich ließ Ali es sich nicht entgehen auch nachdenkliche Töne anzuschlagen, um zum Beispiel mit Uncle Sam Goddamn die US-Politik kritisch zu analysieren.

Nach einer knappen Stunde war der ungewöhnliche Rapper aus dem Mittleren Westen dann durch mit seinem Programm und spielte mit Fresh Air schon das letzte Stück des Abends. Kurz darauf stand er dann ebenso zurückhaltend wie vor der Show am Merchandise-Stand und zeigte sich auf sympathische Weise zum Smalltalk bereit. Beeindruckend blieb am Ende noch, dass Brother Ali seine Platten mit längeren Widmungen – sowohl in arabischer als auch lateinischer Schrift – handsignierte. Ein schriftgelehrter Rapstar? Der Abend war definitiv gerettet.  

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