Chris Cacavas Orchestra

Chris Cacavas Orchestra © danielweisser.com

Der Wahl-Karlsruher aus Tucson, Arizona tourt mit seinem aktuellen Album "Love's been discontinued" im Gepäck durch die Republik und erteilt seinen Mitbürgern eindrucksvollen Anschaungsunterricht in Sachen Roots-Rock. Auch Heilbronn kam in den Genuss einer solchen Demonstration, die leider an diesem Faschingsdienstag viel zu karg angenommen wurde.

{image}Chris Cacavas ist schon seit langem weitaus mehr als nur der Keyboarder von Green On Red, der legendären Band aus Tucson, Arizona. Er hat sich als Sideman und auch als Solokünstler betätigt und lebt schon seit einiger Zeit in Deutschland, genauer gesagt in Karlsruhe, der Liebe wegen. Und es gibt hierzulande auch eine Plattenfirma (Blue Rose), die sich mittlerweile für die gesamte Americana-Szene zu einer Top-Adresse gemausert hat und bei der auch Cacavas Kollegen aus Green On Red-Zeiten oder auch Freunde wie Steve Wynn untergekommen sind. Auf diesem Label hat er jetzt nach einer 5-jährigen Pause (als Solokünstler, nicht als Musiker!) sein neues Album Love's been discontinued veröffentlicht. Weil also Deutschland, genauer gesagt der Südwesten, seine neue Heimat ist, wird dort auch sehr flächendeckend getourt. Die Ebene 3 in Heilbronn ist ein angenehm beschaulicher Ort für Konzerte. Die knapp 100 Besucher, die es an diesem Abend in den Club gezogen hat, verteilten sich optisch vorteilhaft an die Tische im Auditorium. Ob es am Fasching gelegen hat, dass so viele Plätze frei blieben, wird ungeklärt bleiben, Cacavas nahm es mit Humor und verwies an einigen Stellen auf die Umstände der närrischen Tage.

{image}Überhaupt machten seine Ansagen, zwischen angelerntem Nordbadisch und vertrautem Englisch oszillierend, einen nicht unerheblichen Charme dieses Konzertes aus. Nicht selten begann ein Satz in der einen Sprache und endete in der anderen. Seine Stimme erinnerte an vielen Stellen, insbesondere in hohen Lagen, sehr an Neil Young: Other side weckte beispielsweise Erinnerungen an den Ambulance Blues von Youngs Album On the beach, keine schlechte Referenz fürwahr! Chris und seine deutsch-italienisch-amerikanische Band waren bestens aufeinander eingespielt – man brauchte keine Setlist und auch meist keine Ansagen, welches Lied wohl folgen wird. Das aktuelle Album dominierte die (ungeschriebene) Setlist und erwies sich erwartungsgemäß als starkes Material, das es schafft, auch live vollends zu überzeugen.

Cacavas, der den Abend über das Keyboard fast ausschließlich seinem amerikanischen Mit-Musiker Jesse Wilder (der auch Gitarre spielt) überlassen hatte, stellte indes unter Beweis, dass er auch als Gitarrist eine gute Figur abgibt. Wilder verdient eine besondere Erwähnung als perfekte Unterstützung für Cacavas, der nicht nur seine Keyboardparts umsetzte (während sein Boss Gitarre spielte), sondern auch noch im Versuch, Neil Young zu beerben, bei California ein Gitarrensolo vom Stapel ließ, das Onkel Neil wahrlich zur Ehre gereicht hätte. Am Ende des regulären Sets artete Better days in ein psychedelisches Soundgewitter aus Feedback und Effektorgien einschließlich Megaphoneinsatz aus.

{image}Der Zugabenteil begann mit der dritten brandneuen, unveröffentlichten Nummer des Abends – die beiden ersten hatten immerhin schon einen Titel, dieser jedoch hatte noch nicht einmal einen Arbeitstitel. Ob es die Refrain-Zeile "I can taste your kisses on my lips" oder das in der Strophe eingebettete "Start up brave and end up scared" werden wird, werden wir erfahren, wenn das nächste Werk von Chris Cacavas diesen Titel enthalten wird. Mit Pale blond hell und The Big Joke wurde das Haus noch mal gewaltig gerockt – kurz danach gesellte sich Cacavas zu den Bekannten im Publikum und schien sich tatsächlich heimisch zu fühlen. Hoffen wir, dass bis zum nächsten Werk und der nächsten Tour nicht wieder fünf Jahre vergehen!

Setliste:

Stupid | Let me hear | Disappear | Other side | Tenderly | Follow me | Take this gift | Angel | California (into the ocean) | Anonymous | Loving tree | Who's your whore? | You took me | Wash those fears away | I bow down | Better days
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Untitled new song | Tell me everything | Pale blond hell
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The big joke | World's a mess