The Intersphere (live im 7er-Club, Mannheim, 2010)

The Intersphere (live im 7er-Club, Mannheim, 2010) © Marco Di Salvo

The Intersphere stellten ihr neues Album "interspheres/atmospheres" im 7er-Club vor. Die Band läutete mit dem CD-Release gleichzeitig auch ihre Deutschlandtour ein. Supportband war Hellespont Fairfax, Turtle Brain rockten die Nacht. Das Konzert war geprägt durch das Nebeneinander und Ineinanderübergehen von Nachdenklichkeit, Abfeiern, sphärischen Klangwelten und Gitarrenwänden. Ein tiefgründiger Abend, der aber auch viel Spaß brachte. Ein "must-have-seen-concert".

{image}Die Support-Band Hellespont Fairfax rockten laut mit Gitarre, Bass, Keyboard und Schlagzeug. Leider kam die Energie nicht über die ersten Reihen hinaus. Dort wurde allerdings teilweise kräftig gepogt. "Wir haben’s geschafft, wir sind endlich die Supportband von The Intersphere", ließ der Sänger sichtlich erfreut verlauten. Bleibt zu hoffen, dass seine Stimmbänder diesen schreienden Auftritt überlebt haben. Schon während des Soundchecks zum Hauptact drängten sich die etwa 250 Gäste direkt vor der Bühne. Eine halbe Stunde harrten sie aus und beobachteten die Band The Intersphere gespannt dabei, wie sie mit den Kabeln hantierte und die TomToms testete. Dann erlosch das Licht, die Musik an der Bar ging aus, und die Bühne leuchtete in lila Licht und Nebel. Aus den Boxen ertönten sphärische Klänge.    

{image}Die vier Musiker betraten die Bühne und feuerten ohne ein Wort zu verlieren wizard and elf on the shelf ab und gleich im Anschluss den Publikumsliebling smallOnes brainpain. Schon war die Menge eingeheizt. Nach den beiden Songs des ersten Albums s.o.b.p. (2006) spielten sie endlich einen Track der neuen Platte Interspheres<>Atmospheres: das sphärische Stück right through me. Die vom Schlagzeug abgefeuerten Beats kündigten unmittelbar prodigy composers an. Das in den Grundzügen energetisch rockige Stück wurde immer wieder unterbrochen von Klangteppichen. Der Song regte wie die meisten Songs zum Pogen an, aber doch auch zum Besinnen. Die erste Zeile "I was tossed into this world" erinnert an das existenzialistische Motiv des In-die-Welt-geworfen-seins. Dieses beschreibt auch, um was es in den neuen Songs geht: um Existenzielles. Und genau dieses Gefühl der (über)sinnlichen Tiefe rief die Band bei ihrem Live-Konzert hervor. Ein Konzert von The Intersphere ist das, was für Kafka gute Literatur war: die Axt für das gefrorene Meer in uns.

Ghostwriter war auch einer dieser Songs, der einen durch Text und sphärische Klänge berührte, der aber auch zum Pogen anregte. Den early bird trieb das Schlagzeug voran. Man kann zu dem Stück "abgehen", wie Hessler bei der Songankündigung meinte, und das Publikum feierte auch ausgelassen. Aber unter dieser Feierlaune liegt eben ein sozialkritischer Text ("you don’t realize what they're making of you, the prized pet monkey in their marketing zoo.”)

{image}Hessler stand dann alleine an der Gitarre mit seiner zarten Stimme. Als die anderen Instrumente einfielen, erhöhte sich die Energie auf der Bühne und im Publikum. Dem Schlagzeuger flog das um die Schultern gelegte Handtuch davon. Der Gitarrist spielte die Akkorde abwärts, und ein verrückter Klangteppich entstand: das Schlagzeug mimte ein Sturmgewehr, der Bass trieb den Klang voran und plötzlich war wieder Hesslers zarte Stimme zu hören. I have a place for you on google earth heißt das Stück, das wieder beweist: The Intersphere komponieren abwechslungsreiche Musik, die zum Entdecken einlädt. Da kam es zu einer unverhofften Wende, dort wurde es ruhiger bis die drei Stimmen zusammen wieder lauter wurden und eine beeindruckende Klangmauer aus Gitarre, Bass und Gesang formierten. Und wenn es so schien als sei das Lied zu ende, wurde ein paar Sekunden später deutlich, dass es sich nur um eine galante Verzögerung gehandelt hatte. Denn dann wurde es noch intergalaktischer und das Schlagzeugbecken fiel im Eifer des Schlaggefechts um.

The Intersphere nahmen einen mit auf ihrer Reise in transzendente Bereiche. Man wollte es mit der Band auf die Spitze treiben und stellte sich die Frage, auf welch unbekanntem Planeten man nun gelandet war. Auf einmal wirkten die Vier erschöpft und standen still wie Marionetten nach einem außergewöhnlich märchenhaften Puppenspiel. Abermals wurde es ruhiger und sphärisch, bis das Schlagzeug eintraf und wieder Power ins Spiel brachte. Wenn es um etwas Existenzielles geht, sollte sensibel vorgegangen werden. Und so rissen The Intersphere spätestens mit interspheres<>atmospheres langsam aber sicher die Schutzmauer ein, die sich der Mensch durch die Härte des Lebens aufbauen muss.

{image}Das Schlagzeug gab sich danach wieder abwartend, eine zarte, aber zugleich starke Stimme kam hinzu, der Klangteppich ging ins Herz, glitt über in rockigere  Gefilde. Dort fiel auf: The Intersphere sind angenehm laut. Die Stimme schmeichelt dem Ohr in allen Lautstärken und Tonlagen: sie ist immer rein, klar und warm, niemals aufdringlich. Zugleich ist spürbar, dass keiner ohne den anderen kann. Die Instrumente sind stets mehr als nur Begleitung. Mehrmals am Abend, auch beim letzten Stück tear down the walls möchte man ein kleines Stückchen zurückspulen, um die selbe Stelle noch mal zu hören. Und nach Rockgemetzel in der Endlosschleife, das unter die Haut ging (!), kam ein überraschendes  Ende...    

Das Publikum wollte The Intersphere allerdings noch nicht gehen lassen. Nach der ersten Zugabe trans-late fragte Hessler: "Habt ihr noch ein bisschen Energie übrig? Das ist eure Chance einen guten Eindruck bei uns zu hinterlassen."  Da sprang Bassist Sebastian Wagner auch schon von der Box mitten ins koma. Und die Gäste sprangen mit. Am Ende des Abends erklang another day.

{image}Während des gesamten etwa eineinhalbstündigen Konzertes war es nie still auf der Bühne, aber durch interessante Klangkulissen entstanden doch auch Momente tiefer Ruhe. Das Konzert fühlte sich an wie ein Stückchen musikalische Wahrheit in einer doch oft nichtssagenden materiellen Musikwarenwelt. Ein must-have-seen-concert.

Nicht unerwähnt bleiben soll der letzte gelungene Auftritt: Turtle Brain stellte sich um 1:00 Uhr noch auf die Bühne und rockte ordentlich ab. "Der Endgegner", wie Gitarrist und Sänger Philipp Bölter den späten Auftritt scherzhaft nannte, verbreitete bei den wenig Übriggebliebenen noch mal gute Laune.

The Intersphere Setlist:

wizard and elf on the shelf | smallOnes brainpain | right through me | prodigy composers | ghostwriter | snapshot | early bird | i have a place for you on google earth | interspheres<>atmospheres | state of the divine | the far out astronaut | tear down the walls

Zugabe: trans-late | koma | another day

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