Silbermond (live in Magdeburg, 2009)

Silbermond (live in Magdeburg, 2009) © Julian Reinecke

"Nichts Passiert", so heißt ihr aktuelles Album sowie die aktuelle Tour. Aber anders als der Albumtitel schließen lässt, ist bei Silbermond sehr viel passiert. Auf ihrer bisher größten Tour machten Silbermond auch Halt in Magdeburg und standen regioactive.de dort Rede und Antwort. Die Vier erzählten über ihre Erfahrungen mit den ersten Alben, den Druck beim Aufnehmen ihrer aktuellen Platte, über ihr Konzept, als Tour-Supports regionale Bands spielen zu lassen und ihre Charity-Aktion "Fans Helfen".

{image}Seid ihr gut in Magdeburg angekommen?

Alle: Ja super!

Stefanie: Wir haben gestern noch in Bielefeld gespielt und sind über Nacht mit unseren Bus nach Magdeburg gefahren und sind heute morgen hier quasi aus den Bus gestolpert.

Wie liefen denn die ersten Konzerte dieser Tour?

Stefanie: Super, es ist ja für uns wirklich die größte Tour, die wir bis jetzt gemacht haben. Es sind auch sehr große Hallen dabei. Es sind ja teilweise Hallen dabei, in die bis zu 7000 Menschen passen. Die größte fasst sogar 9000 Menschen! Das ist für uns schon wirklich Wahnsinn. Dementsprechend aufgeregt und nervös ist man, aber man freut sich aber auch total, weil so eine Masse von Menschen sehr beeindruckend sein kann.

{image}Ihr habt auf euren Touren immer ein wechselndes Vorprogramm, immer Bands aus der Region, in der ihr gerade spielt. Wie kam es zu dieser Idee?

Thomas: Das machen wir schon seit 5 Jahren, weil wir es gut finden diese Bands zu unterstützen. Ich behaupte jetzt einfach mal, dass es in jeder Stadt gute Bands und kreative Köpfe gibt. Da die Plattformen rar geworden sind, wo diese Bands ihr Zeug einfach mal präsentieren können, wollen wir ihnen diese Plattform einfach bieten. Da wir selber auch gemerkt haben, dass es schwer ist an Auftritte ran zu kommen. Wir wollen von unseren Erfolg diesen Bands etwas zurück geben und laden dann Bands aus der jeweiligen Stadt ein. Heute ist die Band Dario mit dabei, die wir zufällig schon einmal in Berlin gesehen haben und die sich dann auch bei uns beworben hat. Das war auch die beste Band aus Magdeburg und deswegen sind Dario auch heute dabei.

Wie läuft das Auswahlverfahren? Hört ihr euch jede Band an?

Thomas: Insgesamt haben sich 1088 Bands sich bei uns beworben, und diese haben wir uns dann alle angehört. Wir haben uns die Bands aufgeteilt: Jeder hat bestimmte Städte bekommen wo jeder dann 4 bis 5 Favoriten pro Stadt den anderen vorgestellt hat. Und diese haben wir dann in der Endausscheidung zusammen noch mal angehört und uns dann entschieden.

{image}Das Jahr 2009 ist ja nun bald vorbei. Gibt es für euch schon ein Highlight in diesem Jahr? 

Stefanie: Dass das Album fertig geworden ist, ist für mich schon ein Highlight. Es war wirklich nicht immer einfach aus einigen kreativen Löchern heraus zu kommen. Diese hat man zwar immer, aber diesmal wirklich auf eine ganz andere Art und Weise. Deswegen finde ich das Highlight ist, dass Nichts passiert fertig geworden ist. Damit war dann ja eine eigene Tour, Festivals und eigene Openairs verknüpft und dann auch noch diese Tour – das alles ist für uns jedenfalls ein Highlight.

Viele Bands behaupten euer aktuelles Album sei das beste, das ihr jemals aufgenommen habt. Seht ihr das bei Nichts Passiert auch so?

Andreas: Wir würden sagen mit dem aktuellen Werk ist man immer am meisten zufrieden, weil die anderen Werke liegen ja auch einige Zeit zurück und man ändert sich auch. Das aktuelle Album entspricht halt mehr dem aktuellen Geisteszustand.  Deswegen sagt man auch immer, dass das aktuelle Album das beste Album sei. Vielleicht wenn man sieben Alben gemacht hat, kann man dann rückwirkend sagen: "Das 3. war das Beste". Aber nach drei Alben finden wir Nichts passiert am besten.

{image}Gab es Fehler, die ihr bei euren vorherigen Alben gemacht habt, die ihr bei euren aktuellen nicht machen wolltet?

Thomas: Fehler vielleicht nicht, aber es gab einige Wissenslücken. Unsere Erfahrungen waren einfach noch nicht so weit wie sie jetzt sind. Wir sind jetzt auch noch lange nicht ausgelernt, es gibt noch so viele Sachen, so viele Gebiete zu erforschen. Da sind wir total offen für neues. Wir haben einfach Bock gehabt einen neuen Sound dazu zu holen, den Silbermond-Sound einfach zu erweitern bzw. teilweise neu zu entdecken. Es hat uns geholfen die Platte zu machen, denn die Flucht nach vorne ist – glaube ich – einfach das Beste, was man machen kann, wenn man Musik macht und das werden wir uns auch weiter auf die Fahnen schreiben. Wir haben immer Bock neue Wege zu gehen, etwas erfrischendes zu finden. Auch wenn es Mut braucht und auch nicht immer der einfachste Weg ist. Aber es mach trotzdem am meisten Spaß.

Hattet ihr Druck beim Aufnehmen? Dass es vielleicht nicht so erfolgreich sein würde?

Stefanie: Ja. Druck war auf jeden Fall da. Wir hatten ja die besagten kreativen Löcher und irgendwann macht dich dieser Druck auf eine gewisse Art so fertig, dass du im Kopf gar nicht mehr so richtig frei bist. Wir haben auch den Druck von außen gemerkt, weil alle gefragt haben "Und was ist mit dem neuen Album? Das wird doch sicherlich wieder so toll wie die anderen beiden davor". Wir hatten nicht einmal einen Song geschrieben und sie fragen schon so krass nach. Dann macht man sich als Musiker natürlich Druck im Kopf, weil man sich weiterentwickelt, sich neu erfinden und einen Schritt nach vorn machen will. Das hemmt natürlich auch. Wir haben es über Monate echt nicht geschafft, neue Songs fertig zu schreiben, weil wir nichts gut genug fanden – wir haben dann alles verworfen. Das war schon ein krasser Druck, wobei wir uns als Band auch selbst neu finden mussten. Wir hatten uns auch so ein kleines bisschen voneinander entfernt und jeder ist mit dem Druck anders umgegangen. Wir mussten uns wieder zusammenraufen. Wir durften einfach nicht mehr an jene Leuten denken, die etwas ganz bestimmtes erwarteten, mussten uns einfach frei machen uns so tun, als hätte es die zwei Alben zuvor nicht gegeben. So als wäre nichts passiert! Das war dann unser Motto und von den Augenblick an hat es dann auch wieder funktioniert.

{image}Würde es euch reizen englische Songs oder ein englisches Album aufzunehmen?

Johannes: Wenn man es genau nimmt haben wir ja schon einmal englischsprachige Songs gemacht. Als wir vor elf Jahren anfingen war das so. Damals haben wir dann festgestellt, dass das nichts für uns war. Wir würden nicht sagen, dass wir das nie machen, aber wir haben in absehbarer Zeit nicht geplant englische Songs zu schreiben oder zu texten. Vielleicht wenn sich die Möglichkeit mal ergibt mit einen internationalen Künstler zu arbeiten, dann wären wir natürlich nicht abgeneigt. Wir wollen uns aber in erster Linie auf unsere Muttersprache konzentrieren und dann werden wir mal sehen, was die Zukunft bringt.

Ihr seid ja groß raus gekommen, als die sogenannte "Deutschwelle" en vogue war: Glaubt ihr, dass diese jetzt langsam vorbei ist?

Stefanie: Fakt ist ja erstmal, dass diese neue "neue deutsche Welle" eine Erfindung der Medienist. Das war ja eh so etwas, worüber man streiten kann, ob es diese gab oder nicht. Ich glaube, deutsche Bands gab es schon immer, sowie gute deutsche Texte. Man muss sich nur die Toten Hosen, Grönemeyer oder die Ärzte anschauen. Natürlich gab es immer Phasen, in denen mehr diese oder jene andere Musikrichtung gehört wurde. Warum gerade in der Zeit, als wir unser erstes Album veröffentlicht haben, so vielen deutschen Bands die Möglichkeit gegeben wurde einen Plattenvertrag zu bekommen, weiß ich auch nicht. Vielleicht war es so eine Art "Zeitgeist", dass Bands wie Wir sind Helden oder Juli zu diesem Zeitpunkt halt soweit waren einen Plattenvertrag zu bekommen und eine Platte zu machen. Es wird auch jetzt noch viel deutsche Musik gehört, das hat sich gefestigt.

Heutzutage gibt es ja etliche Plattformen im Netz, auf denen junge Bands ihre Musik der breiten Öffentlichkeit zur Verfügung stellen können. Glaubt ihr das ist ein Fluch oder ein Segen?

Thomas: Wenn man es richtig nutzt, ist das Internet schon ein Medium, um Musik zu den Leuten zu bringen. Ich glaube aber, manche Bands bewerten dies auch ganz schön über. Auf jeder Plattform gibt es auch ganz, ganz viele andere Bands. Man muss als User halt erst einmal auf eine bestimmte und gute Band aufmerksam werden. Wir sind nutzen z.B. myspace, denn es ist gut, um mit unseren Fans zu kommunizieren. Dort stellen wir auch unsere Podcasts und Videos rein. Man sollte bei alledem aber nicht das Wesentliche aus den Augen verlieren, und das sind die Songs. Ein guter Song mit einem guten Text wird sich in Regel immer durchsetzen, ob das jetzt nun übers Netz, Radio oder über irgendeine Zeitung ist. Das wichtigste ist auch immer das Live spielen. So haben wir es kennengelernt und das ist uns sehr wichtig. Die beste Werbung sind halt Live-Konzerte. Diese kann man nicht einfach kopieren oder brennen. Die erlebt man ganz einfach und im optimalen Falle bleibt es unvergessen.

{image}Ihr hattet bei euren Album ja auch Künstler wie Jan Delay oder Xavier Naidoo dabei. Mit welchen weiteren Musikern würdet ihr gern mal was zusammen was machen? 

Stefanie: Ich mag Die Fantastischen Vier und Thomas D sehr gern, gerade die Art wie er textet. Mit denen könnten wir uns vorstellen, was mit ihnen zu machen. Clueso wäre auch ein super Typ. Es gibt aber viele Bands und Künstler die gut sind, da kann man sich schlecht festlegen.

Im Dezember gebt ihr ja ein Charity-Konzert in der Nähe euer Heimatstadt. Erzählt unseren Lesern doch was darüber.

Johannes: Es ist ein Konzert, das wir im Rahmen unsere Benefiz-Aktion "Fans Helfen" machen. Das machen wir dieses Jahr zum achten Mal. Dort sammeln wir Geld für Kinder und Jugendliche in Litauen und Guatemala. Besonders erfreulich ist, dass der Ansturm auf die Karten sehr groß war und es schon nach neun Minuten ausverkauft war. Da sind wahrscheinlich einige leer ausgegangen, die da gerne hin wollten. Der Raum ist begrenzt, da es ein Unplugged-Konzert in einem sehr kleinen Rahmen ist. Die nächsten Jahre werden wir mit dieser Aktion weitermachen und wir hoffen, dass möglichst viel Geld für die Aktion zusammenkommt.

Das war dann auch schon die letzte Frage. Danke schön für eure Zeit!

Silbermond: Wir haben zu danken. 

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