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"Wir möchten eine Community sein, die Wissen und Know-How teilt"

Fabian Burstein über das Green Talents Festival im Rahmen der BUGA 2023

Interview von Daniel Nagel
veröffentlicht am 07.02.2023

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Fabian Burstein über das Green Talents Festival im Rahmen der BUGA 2023

Fabian Burstein leitet das Kulturprogramm der BUGA 2023 in Mannheim. © BUGA 2023

Fabian Burstein ist Leiter des Kulturprogramms der BUGA 2023 in Mannheim. Im Interview spricht er über das Konzept des Green Talents Festival, für das bei Backstage PRO 48 Slots ausgeschrieben sind.

Backstage PRO: Hallo Fabian, du bist seit vielen Jahren als Kulturmanager in der Rhein-Neckar-Region tätig. Kannst du deinen bisherigen Werdegang kurz zusammenfassen?

Fabian Burstein: Mein Einstieg in das Kulturmanagement der Region war die Leitung des Jugendkulturzentrums Forum in Mannheim. Ich bin dann über den Rhein gewechselt, um das Kulturbüro Ludwigshafen zu leiten. Danach bin ich wieder nach Mannheim zurückgekehrt, um die Leitung des Kunst- und Kultur-Veranstaltungsprogramms der BUGA 2023 zu übernehmen. Das ist natürlich eine "Once-in-a-Lifetime"-Aufgabe, weil 2,1 Millionen Besucher erwartet werden und 3000 Veranstaltungen aus allen Genres und Sparten geplant sind.

Backstage PRO: Was unterscheidet denn den BUGA-Job von deinen früheren Tätigkeiten?

Fabian Burstein: Der große Unterschied ist, dass ich bisher Häuser geleitet habe, die quasi eine unbegrenzte Lebensdauer hatten. Jetzt habe ich ein Festival, das – zumindest in den nächsten Jahrzehnten – nur einmal in Mannheim stattfinden wird und dementsprechend mit gigantischen Erwartungen und Anforderungen verbunden ist. Außerdem handelt es sich um eine große interdisziplinäre Aufgabe. Die BUGA ist ja nicht nur ein Kulturfestival, sondern auch eine Gartenschau, ein architektonisches Event und in vielerlei Hinsicht auch eine Leistungsschau rund um Stadtentwicklungsprozesse. Eine unserer wichtigsten Säulen ist das Kulturfestival und in diesem Zusammenhang ist meine Aufgabe, eine Art Kultur-BUGA zu organisieren. Dafür können wir nicht auf Erfahrungswerte früherer BUGAs bauen, sondern müssen einen eigenen Mannheimer Weg entwickeln. Das ist schon eine große Herausforderung.

Backstage PRO: Welche Rolle spielt Live-Musik im Rahmen der BUGA?

Fabian Burstein: Die Livemusik in all ihren Facetten ist eine tragende Säule unseres Veranstaltungsprogramms. Wir verfügen über eine große Klassikschiene mit dem Kurpfälzischen Kammerorchester, mit der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz, mit dem Haifa Symphonic Orchestra und im Ausbildungsbereich mit der Musikhochschule Mannheim. Darüber hinaus werden zahlreiche Veranstaltungen mit Chören stattfinden. Aufgrund der wichtigen Rolle der Popmusik in Mannheim sind auch zahlreiche Konzerte von Rock- und Pop-Acts geplant. Und schließlich wollen wir das Thema Nachwuchs prominent in das Live-Segment reinholen. Livemusik spielt also eine ganz große Rolle.

"Wir wollen jungen Bands eine Auftrittsmöglichkeit bieten"

Backstage PRO: Apropos Nachwuchs: Die BUGA sucht aktuell bei Backstage PRO Bands für das Green Talents Festival, das im September 2023 stattfinden soll. Was hat es mit dem Festival denn auf sich?

 Hier geht es zur Bewerbung für das Green Talents Festival

Fabian Burstein: Das Green Talents Festival ist in erster Linie eine Antwort auf die Krisen der letzten Jahre. Es sind wahnsinnig viele Festivals weggebrochen, gerade auch im Bereich Bandcontests. Die Auftrittsmöglichkeiten für junge Bands sind weniger geworden, weil sich das Publikum schwer tut in alter Gewohnheit zurückzuströmen. Wir wollten dieses Vakuum wieder mit Leben füllen. Darüber hinaus verbinden wir das Beste von zwei Welten. Zum einen bieten wir mit der Seebühne eine tolle Live-Location in einem schönen Ambiente. Wir statten die Bands auch mit gutem Equipment aus und schaffen ein professionelles Festival-Umfeld. Zum anderen wollen wir das Thema Nachhaltigkeit auf vielen Ebenen in die verschiedenen Kultur-Genres hineintragen.

Backstage PRO: Wie wird das konkret aussehen?

Fabian Burstein: An das Festival wird ein "Green Plan" angeschlossen, bei dem es um Qualifizierung geht, also zum Beispiel um Green Touring oder Fragen wie 'Welche Bedeutung haben die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der UN für den Alltag einer Band?' oder 'Wie kann ich meine kompletten Planungen auch vor dem Hintergrund ökologischer Nachhaltigkeit einordnen?'. Diese zwei Welten vereinen wir und packen sie zusammen in das Green Talents Festival, das sich nur deshalb trägt, weil wir es als großen Schulterschluss ausgestaltet haben. Wir machen das ja nicht einfach autark, etwa über einen eigenen Facebook-Aufruf, sondern haben uns mit einem unserer regionalen Partner zusammengetan, der in diesem Segment sehr stark vertreten ist und gehen damit in die Welt hinaus.

Backstage PRO: Du hast von "jungen Bands" gesprochen. Was versteht ihr denn genau unter "jung"?

Fabian Burstein: Das ist natürlich eine gemeine Frage. Es ist schon so, dass wir erstmal den "klassischen" Nachwuchs meinen, also vom Teenager bis zu jungen Erwachsenen. Man muss aber auch sagen, dass Nachwuchs das "Nachwachsen" einschließt, also dass etwas neu in diese Szene reinkommt. Um in der Pflanzen-Metapher zu bleiben: Da können auch ruhig alte Sorten nachwachsen. Wenn wir spüren, da ist etwas, was jetzt vom Alter her nicht mehr unbedingt jung und jugendlich ist, aber vielleicht in Hinblick auf Zugang, Erfahrung und bezüglich der Rolle in dieser Szene, sind wir durchaus offen, den Nachwuchsbegriff sehr breit zu fassen.

Backstage PRO: Es gibt also keine Altersgrenze?

Fabian Burstein: Nein, dieses Festival ist ja ein Rock'n'Roll-Festival und der Rock'n'Roll sollte nicht zu viele Regeln haben. Wir sind offen was Genres betrifft und wir wollen nichts ausschließen, was potentiell interessant und eine Bereicherung sein könnte. Deshalb ist unser Zugang furchtlos. Also: gerne auf Risiko bewerben, es gibt nichts zu verlieren! Wir sind maximal offen gegenüber allen Bands, wie auch immer sie gestrickt sind.

"Das Green Talents Festival ist mehr als eine Live-Plattform"

Backstage PRO: Was müssen die Bands mitbringen, um von euch ausgewählt zu werden?

Fabian Burstein: Zuallererst müssen sie die Offenheit mitbringen, mit uns das Thema des "Green Tourings" und des nachhaltigen Veranstaltens zu erforschen. Diese Haltung ist uns sehr wichtig. Wir wollen nicht einfach nur eine Live-Plattform, sondern vielmehr eine Community sein, die Wissen und Know-How teilt. Außerdem ist uns wichtig, dass die Künstler Lust darauf haben, das volle Spektrum des Publikums einer BUGA zu begeistern. Die Bewerber müssen den Ehrgeiz haben, mit vielen unterschiedlichen Leuten zusammenzukommen und nicht nur ihr klassisches Stammpublikum oder eine Nische zu bedienen. Als dritten Punkt fordern wir die Bereitschaft, bei den Formaten, die wir vorbereitet haben, etwa den Webinaren und Bildungsangeboten, mitzumachen. Letztendlich sind auch wir eine lernende Organisation und diese Lernbereitschaft macht sich oft daran fest, dass man eben den inneren Antrieb hat, sich in solche Dinge rein zu begeben.

Backstage PRO: Bands oder Künstler müssen im Rahmen ihrer Bewerbung auch mitteilen, was sie mit den schon angesprochenen 17 Zielen der UN für nachhaltige Entwicklung verbinden. Welche Ziele verfolgt ihr damit?

Fabian Burstein: Es geht darum, einen ersten Denkanstoß zu geben, also eine Motivation zu liefern, sich mit den Nachhaltigkeitszielen grundsätzlich auseinanderzusetzen. Es handelt sich um ein ausgesprochen vielschichtiges Thema, das nicht nur Ökologie, sondern auch Armut und sehr viele politische Themen einschließt. Das führt mich zum zweiten Punkt: Wir haben uns jetzt gerade im Rahmen der Zusammenstellung des Kulturprogramms mit dieser BUGA haben wir uns schon manchmal gefragt: Wo sind denn die großen popkulturellen Strömungen, die für z.B. die letzte Generation oder Fridays for Future stehen. Wo sind die Verbindungen zur Popkultur, zur Musik? Es ist natürlich auch ein Test, ob die Bands und die Leute Lust haben, mit uns diesen Weg zu gehen.

Backstage PRO: Das erinnert mich daran, dass Bob Dylan 1963 beim legendären March on Washington gemeinsam mit Joan Baez auf der Bühne stand. Ich habe mich gerade gefragt, was denn der große Greta Thunberg-Song ist. Welche Musik würde denn bei einer Fridays For Future-Demo gespielt?

Fabian Burstein: Diese Frage haben wir uns eben auch gestellt – und wenn wir bei dem Green Talents Festival der Antwort einen Schritt näherkommen, wäre das für alle sehr bereichernd und spannend.

Backstage PRO: Das Green Talents Festival veranstaltet die BUGA in Kooperation mit Engagement Global. Worum handelt es sich bei Engagement Global?

Fabian Burstein: Engagement Global ist eine ganz besondere Institution, die auch als bundesweiter Think Tank für die 17 Nachhaltigkeitsziele der UN fungiert. Im Rahmen der Zusammenarbeit zwischen BUGA und Engagement Global haben wir gemerkt, dass das Green Talents Festival das Potential bietet, vielschichtig in den kulturellen Bereich hineinzuwirken. Das waren die idealen Voraussetzungen, um eine Kooperation auf den Weg zu bringen.

"Wir möchten Instrumente bieten, um Tourneen nachhaltiger zu machen"

Backstage PRO: Was genau erwartet die Bands in den Workshops?

Fabian Burstein: Man kann die Workshops in zwei Bereiche unterteilen. Es gibt zum einen Workshops, die mit den 17 Nachhaltigkeitszielen der UN im Zusammenhang stehen und diese Workshops werden von den Kollegen von Engagement Global veranstaltet. In diesem Rahmen wollen wir einen Blick auf den gesamten Nachhaltigkeitskomplex werfen. Dabei geht es ja auch um Frauenrechte, Diversity und viele weitere Themen. Wir wollen die Themen aber nicht auf einer philosophischen Ebene diskutieren, sondern Fakten und Instrumente bieten. Daher haben wir Fine Stammnitz an Bord geholt, die das Green Touring Network gegründet hat; ein Start-up, das aus der Popakademie hervorgangen ist. Sie wird ganz konkret zeigen, wie man den scheinbaren Widerspruch "Touring" und "Nachhaltigkeit" möglichst auflöst. Wie organisiere ich die Ausstattung on location, damit nicht jede Band ihr eigenes Zeug mitbringen muss? Wie kann man Festivals nachhaltiger gestalten? Dazu kommen noch viele weitere Aspekte.

Backstage PRO: Das Green Talents Festivals will da ja mit gutem Beispiel vorangehen.

Fabian Burstein: Wir wollen dazu beitragen, dass die Leute mit leichtem Gepäck reisen können. Wenn das der Fall ist, wird der Tourbus nur zur zweitattraktivsten Option, weil ich mich beispielsweise mit meiner Gitarre einfach in den Zug setzen kann. Es ist uns wichtig, diese scheinbar banalen Stellschrauben aufzuzeigen, die dazu beitragen können, das Touren nachhaltiger zu gestalten.

Backstage PRO: Bands und Künstler, die ausgewählt werden, erhalten 400 Euro Festgage. Wie erklärt sich dieser Betrag?

Fabian Burstein: Wir wollten durch das Zahlen einer Gage auf jeden Fall ein Zeichen setzen. Junge Musiker sollen nicht dankbar sei, dass sie überhaupt auftreten dürfen, sondern auch eine Vergütung erhalten. Wir haben daher einen Betrag festgelegt, der spürbar ist und der Unkosten deckt. Wir bieten aber natürlich auch Catering vor Ort und eine professionelle Betreuung inklusive Festivaldokumentation. Wer bei uns auftritt, erhält das Rundum-Sorglos-Paket.

"Das Kommunikationspaket ist einzigartig"

Backstage PRO: Wie wird die BUGA das Festival bewerben?

Fabian Burstein: Wir werfen unsere enorme kommunikative Kraft in die Wagschale, um für die beteiligten Bands und Musiker das Maximale herauzuholen. Dazu gehört, dass wir Engagement Global im Boot haben, die ja eine sehr junge Plattform sind und uns in der Social-Media-Kommunikation unterstützen werden. Insofern sind sie ein ganz besonders wichtiger Baustein, um Aufmerksamkeit für das Festival und die Künstler zu erzeugen. Ich glaube, das Kommunikationspaket wird für ein solches Format einzigartig werden.

Backstage PRO: Das Festival findet ja auf einer besonders schönen Location statt. Kannst du etwas zur Seebühne im Luisenpark sagen?

Fabian Burstein: Die Seebühne hat eine große Geschichte, weil sie auf die letzte BUGA in Mannheim im Jahr 1975 zurückgeht. Der Luisenpark war ja damals ebenfalls Teil des BUGA-Geländes und damals traten auf der Seebühne auch große Stars auf. Sie ist innerhalb des Areals des Luisenparks ein Fixpunkt für Konzerte geblieben. Wir werden der Seebühne große Bedeutung einräumen: Im Rahmen der BUGA 2023 werden dort neben Konzerten auch Theateraufführungen und die Schillertage stattfinden. Wir geben dieser tollen Spielstätte einen Bedeutungsschub, der über das Jahr 2023 hinauswirkt.

Backstage PRO: Die Live-Branche leidet ja unter einem Personal- und Materialmangel sowie steigenden Kosten. Wie macht sich das bei euch bemerkbar?

Fabian Burstein: Wir haben alles an Krisen mitgenommen, was es in den letzten Jahren an Krisen gab: die Coronakrise, die Teuerungskrise im Zuge des Ukraine-Krieges mitsamt ihrer Auswirkungen auf das Verhalten der Menschen. Mit Unterstützung vieler bekannter Persönlichkeiten aus der lokalen Szene haben wir einen ganz tollen Pool zusammengestellt, mit dessen Hilfe wir die Herausforderungen stemmen können. Wir mussten sehr viel mehr Energie ins Management stecken, aber haben für die Probleme allesamt gute Lösungen gefunden.

Backstage PRO: Herzlichen Dank für das Gespräch und viel Erfolg!

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Neckarpromenade 46, 68167 Mannheim

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