Plemo & Rampue

Plemo & Rampue

Beim diesjährigen "Boot Boo Hook"-Festival in Hannover wurde das Label Audiolith sehr gut vertreten: Plemo & Rampue verausgabten sich am zweiten Festivaltag auf der Green Stage. Seit 1999 geistert Henning Schmidt nun schon als Plemo durch die Gegend. Bei seinen Autritten wird er dabei meistens von Rampue unterstützt. Am späten Nachmittag beantworteten beide einige Fragen für regioactive.de und sprachen dabei unter anderem darüber, wie sie mit negativen Plattenkritiken umgehen.

{image}Schön euch hier in Hannover zu treffen. Was gefällt euch an solchen Festivals denn besonders?
Plemo: Festivals sind schön! Aber für mich persönlich nicht deshalb, weil ich wegen der ganzen Bands dorthin gehe. Sondern wegen der vielen Freunde, mit denen ich früher oft auf Festivals gegangen bin. Inzwischen sind sie selbst Musiker und spielen dort! Da trifft man sich dann wieder und freut sich, dass man Backstage umsonst Getränke haben kann. Da kommt zum Beispiel gerade einer: Erik Langer von der Band Kettcar!

Gibt es auch etwas, das ihr an Festivals nicht so mögt?

Rampue: Wir haben schon rausgefunden, dass wir gar nicht so die Festivalgänger sind. Es sind einfach zu viele Konzerte und Eindrücke, die man gar nicht verarbeiten kann.

Plemo: Richtig. Es gibt einfach viel zu viele davon. Aus dem Grunde haben einige wenige Festivals, die sehr schön sind, mit viel zu wenig Besuchern zu kämpfen. Und die anderen Festivals sind überlaufen, total eng und durcheinander.

{image}Was ist das Besondere an euren Auftritten?

Plemo: Unser Mix aus der DJing-Sache und der gleichzeitigen Liveperformance. Wir kombinieren verschiedene Stile miteinander, die nicht jeder kombinieren würde. Wir haben beide eine Vorliebe für teilweise echt schmalzige deutschsprachige Popmusik, wie z.B. Münchner Freiheit. Gleichzeitig mögen wir auch Punk, besser gesagt ich mag Punk und Rampue ist jetzt eher der Raver von uns beiden, sozusagen. Diese Kombination gibt es nicht oft, glaube ich.

Rampue: Es sind auch viele Trance-Einflüsse dabei, wobei man heutzutage eigentlich nicht zeigen dürfte, dass man das Genre mag. Mut zum schlechten Geschmack!

Plemo: Es ist halt Musik, die gefällt. Die meisten Leute, die mal auf Trance-Parties gegangen sind und es zuvor nicht gut fanden, die waren hinterher gut drauf. Mir ging es auf jeden Fall so. Es sind einfach die Harmonien, die einen ansprechen. Viele Leute, denen Trance nicht zusagt, sind von Szeneidealen geprägt. Wenn alles zu gerade, glatt, poppig, schön, schmalzig, zu C-Dur ist und was-weiß-ich, dann sei es einfach nicht abgefräggelt genug, um damit cool zu sein. Aber ich habe schon wieder viel zu viel gesagt...

Was gefällt euch am Musikerleben?

Rampue: Das geilste am Musikerleben ist, dass man Musik machen kann, die einem absolut 100%ig gefällt. Man kann kostenlos auf Parties gehen, seine eigene Musik spielen und in guten Fällen bekommt man dafür noch Geld.

Plemo: Das stimmt. Um das mal zu unterstützen, was du gesagt hast: Als Knarf Rellöm mal nach einer Show von uns aufgelegt hat, meinte jemand zu mir: "Das gibt es ja nicht! Der legt seine eigenen Songs auf, das ist doch total uncool!" Darauf meinte ich: "Ich würde auch sofort meine eigenen Songs auflegen!" Denn die Lieder findet man gut, sonst hätte man die ja nicht aufnehmen müssen. Da kann man die doch auflegen. Was ist denn dagegen einzuwenden? Musiker zu sein macht Spaß. Man kann sich darüber freuen, dass man laut hören kann, was man da gemacht hat.

Rampue: Es ist cool den gesamten Entstehungsprozess komplett mitzuerleben: Alles allein zu machen und am Ende ein eigenes Produkt zu haben. Dann kommt die Aufführung und man freut sich total.

Plemo: Irgendwie erinnert es mich gerade ans Kochen. Wenn man vorher die Zutaten kauft, sich Mühe gibt und es danach probiert, dann schmeckt es auch. Wenn man dann noch mit mehreren Leuten zusammen isst, dann schmeckt es noch viel geiler. Im Prinzip trifft es das ungefähr.

Holt ihr euch für neue Songs Rat ein?

Plemo: Ich schon. Zu der Exzess Express-Platte war meine damalige Freundin ziemlich stark in den Prozess eingebunden. Das kam aber eher unbewusst, weil sie die ganze Zeit alles mit anhören musste – ich arbeitete im Heimstudio. Durch die Türen zwischen den Räumen konnte man alles hören. Sie hat das ein Jahr lang mitbekommen und mir immer gesagt, wenn sie etwas gut oder nicht so gut findet. Das Schöne ist, dass sie auf ehrliche Art und Weise kritisiert. Denn sie weiß, dass sie mich damit nicht verletzt. Sie kennt mich gut genug. Ihr Rat ist zuverlässig, weil sie keine Musikerin ist. Derzeit lebe ich vorübergehend bei meiner Familie. Meine Mutter hat ihr Büro neben dem Raum, in dem ich musiziere. Wenn sie die Tür aufmacht und mitwippt, dann weiß ich, dass ich da dranbleiben sollte. Meine Mutter tanzt nicht bei jedem Mist, also kann es nicht ganz verkehrt sein.

{image}Wie geht ihr mit Plattenkritiken um? Lest ihr euch die durch?

Rampue: Ja, die lesen wir uns durch. Wir freuen uns über positive und negative Plattenkritiken.

Plemo: Ich nicht! Ich nehme mir das immer total zu Herzen. Das sage ich auch auf das Risiko hin, dass jetzt alle absichtlich schlechte Kritiken schreiben werden (lacht). Insbesondere bei der letzten Platte habe ich viel Emotion reingesteckt, vielleicht für viele Leute nicht hörbar. Aber in dem Moment dachte ich, dass man genau das eigentlich hören muss. Doch dann kam negative Kritik von jemandem, der eine befreundete Band richtig gut rezensiert hatte und von dem ich deshalb dachte, dass er genau diese Emotionen heraushört und erkennt. Das Gegenteil war der Fall – da war ich schon etwas enttäuscht. Ich nehme mir sehr zu Herzen, wenn meine Arbeit meiner Ansicht nach missgedeutet wird. Oft merkt man auch, dass die kritisierte Platte einfach nicht richtig angehört wurde. Ich habe zum Beispiel irgendwann mal einen Song namens Wir raven geschrieben. Das Lied wurde missverstanden. Es ist eigentlich ein Song der ausssagt, dass Raven geil, aber eben auch gefährlich ist. Es war so gemeint, der Szene den Spiegel vorzuhalten, ohne sich dabei selber auszuklammern. Der Track wurde jedoch komplett als Partyhymne und als Ansporn zum Drogenkonsum gedeutet. Das hängt mir immer noch hinterher. Oft verstehe ich nicht, warum Musikkritiker so wenig Einfühlungsvermögen haben, dass sie wesentliche Dinge nicht raushören können. Bei dem Text könnte man doch auch mal zwischen den Zeilen lesen. Vielleicht erwarte ich auch zu viel. Wenn ein Redakteur etwas nicht genau weiß, dann könnte man doch mal bei dem Künstler nachfragen. Oder derjenige meint es nicht ernst und schreibt das, weil er es muss. Du merkst schon, dass mich das nervt. Ich wünschte mir da manchmal mehr Tiefgang.

Rampue: Ich halte nicht viel von Kritiken, weil es am Ende doch meist eher Geschmackssache ist. Wenn es einem Kritiker nicht gefällt und er es so meint, dann soll er so denken. Es ist egal, solange es mir gefällt. Ich bin jetzt kein Popproduzent, der angewiesen ist, dass jeder Song ein Hit werden muss. Wenn es mal keiner wird, dann ist es eben so. Aber mir gefällt es und das ist die Hauptsache!

Plemo: So würde ich damit auch gerne umgehen können. Ich war aber als Kind schon so: Ich wollte meinen Freunden immer gefallen. Wenn ich jetzt Musik mache, dann möchte ich, dass es meinen Freunden auch gefällt. Ich möchte sogar, dass es allen gefällt. Das ist der Antrieb. Inzwischen habe ich mich daran gewöhnt, dass dieser Wunsch nicht erfüllt werden kann, außer man heißt Michael Jackson. Es ist halt ein kindliches Ideal, nach dem ich strebe.

Wie sehen eure weiteren Pläne aus?

Plemo: Wir haben keine konkreten Pläne geschmiedet. Wir sind aber an einem Punkt angekommen, an dem wir wissen, wohin die Reise gehen könnte. Wir machen uns vorher kein wirkliches Konzept, obwohl ich sonst immer ein Konzeptfreak bin. Aber wenn wir anfangen sagt Rampue, dass wir "jetzt einfach Musik machen". Das finde ich super. Ein grundlegendes Schema haben wir ja, und vielleicht wird daraus mal eine Platte. Das wissen wir noch nicht. Aber wir gehen davon aus, dass es irgendwann passieren wird.

Rampue: Ich hoffe doch!

Was möchtet ihr gerne noch erreichen?

Rampue: Dass die Musik mal ausreichend gut ankommen wird, um davon leben und die Musik weitermachen zu können. Das ist so das Hauptziel.

Plemo: Mir fällt gerade spontan ein, weil Erik hier gerade vorbeikam: Ich habe letztens ein Interview gehört in dem er davon erzählte, dass es der Hammer gewesen sei, dass ihr Album Sylt mal bei den Tagesthemen vorgestellt wurde. Das finde ich geil! Wenn einem sowas nicht passiert, dann ist es auch egal. Es wäre aber schon witzig.

Plemo, über myspace hattest du mal eine Freundin gesucht. Hat sich denn darauf auch jemand ernsthaft gemeldet?

Plemo: Natürlich hat sich darauf niemand ernsthaft gemeldet, das ist auch klar. Obwohl ich sogar tatsächlich ernsthaft gesucht habe! Mir war von vornherein klar, dass es nicht das richtige Forum ist, wo sowas klappen kann. Ich habe es ernst gemeint, aber war felsenfest davon überzeugt, dass dabei nichts rumkommen wird.

Berufswunsch in der Kindheit?

Rampue: Ich bin mir nicht sicher, ob ich einen richtigen Berufswunsch hatte. Ich wollte schon früh DJ werden. Ich dachte damals auch, dass die DJs die Musik machen, bis mich mein Bruder aufgeklärt hat: DJs machen keine Musik, die müssen Platten kaufen!

Plemo: So hast du dir deinen Kindheitstraum erfüllt, perfekt! Ich wollte entweder Bauer oder Förster werden. Dazwischen gab es nichts. Mit 12 war mir dann schon klar, dass Musik und Skateboard wesentliche Bestandteile sind. Aber im Grunde genommen Förster oder Bauer. Das kommt bestimmt auch noch!

Wovon habt ihr überhaupt keine Ahnung?

Rampue: Sport! Ich habe davon überhaupt keine Ahnung und interessiere mich auch nicht dafür.

Plemo: Ich bin eins von diesen Arschlöchern, die sich einbilden, von alles eine Ahnung zu haben. Ich weiß einfach alles!

Eure Macke?

Plemo: Weil ich alles weiß, höre ich nie auf zu reden! Das nervt viele. Und besoffen wird's noch schlimmer.

Rampue: Launisch und introvertiert! Das ist meine Macke.

Plemo: Da werde ich jetzt mal darauf achten.

Schlechteste Angewohnheit?

Rampue: An den Findernägeln knabbern.

Plemo: Bei jeder kleinsten Gelegenheit zu sagen: Okay, Party! Volle Pulle!

Womit kann man euch glücklich machen?

Plemo: Ich finde es immer schön, wenn ich merke, dass Menschen sich an spezielle Sachen erinnern. Man hat sich irgendwann mal getroffen und trifft denjenigen irgendwann mal wieder. Aus dem kleinen Minigespräch weiß diese Person jetzt noch Details, wo du gedacht hättest, dass man das nicht kann. Das finde ich super, wenn sich Leute etwas Besonderes gemerkt haben.

Danke euch beiden für das Interview!

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