Gisbert zu Knyphausen

Gisbert zu Knyphausen

Alljährlich findet das Fest van Cleef in 3 verschiedenen Städten statt. Mit 6 Bands im Gepäck ging das Grand Hotel van Cleef auch 2009 auf Reisen und machte in Northeim, Freiburg und Essen halt. Einer durfte dabei natürlich nicht fehlen: Gisbert zu Knyphausen.

{image}Zusammen mit seiner Band eröffnete Gisbert zu Knyphausen das Fest van Cleef in Northeim. Letztes Jahr erschien sein Debütalbum, das er schlicht nach sich selbst benannte. Ein sympatischer Typ, der mit seinen melancholischen Liedern zu überzeugen weiß. Für regioactive.de nahm er sich in Northeim die Zeit, um unter anderem darüber zu reden, warum er neuerdings auch Wein auf seinen Konzerten verkauft.
RA: Gisbert, dein Auftritt liegt bereits hinter dir. Wie hat es dir gefallen?

Gisbert zu Knyphausen: Es war schön, aber auch etwas unbefriedigend, weil es zu kurz war. Da hat man sich gerade warmgespielt und dann muss man schon wieder von der Bühne. Nur eine halbe Stunde ist schon seltsam.

RA: Wie war das Publikum?

Gisbert zu Knyphausen: Nett! Dafür, dass so ein mieses Wetter ist, haben sich viele vor die Bühne gequetscht.

Wie war es für dich, als die Anfrage für das Fest van Cleef kam?

Ich habe mich sehr gefreut. Vor allem als ich gehört habe, dass Element of Crime auch dabei sein werden. Das sind so ein wenig meine alten Helden.

Gibt es für dich einen Unterschied zwischen dem Fest van Cleef und einem anderen Festival?

Ja, schon. Beim Fest van Cleef sind es 3 Tage hintereinander, in 3 verschiedenen Städten. Du reist quasi mit einer großen Gruppe durch die Gegend. Die Leute vom Grand Hotel van Cleef, die ganze Crew und das ganze Drumherum, die sind alle so nett und respektvoll. Auch den Leuten gegenüber, die als erstes spielen. Es ist eine sehr nette Atmosphäre. Das ist bei manchen Festivals unpersönlicher.

Die nächste Frage wurde eigentlich schon beantwortet: Auf welche Band freust du dich am meisten?

Auf dem Festival? Natürlich Element of Crime und Why?. Die finde ich auch fantastisch.

Ab September wird es eine Konzertpause geben, an der du vermutlich am zweiten Album arbeiten wirst?!

Ja, genau. Ich werde weniger Konzerte spielen und mehr an den Liedern arbeiten. Damit das mal was mit dem zweiten Album wird!

{image}Welche Ziele setzt du dir dafür?

Für die Platte? Schwer zu sagen. Also ich möchte, dass sie natürlich sehr gut wird. Das will wahrscheinlich jeder Musiker. Und dass wir als Band noch besser zusammen spielen. Aber ich habe keine Karriereziele in der Form, dass ich mit meiner Platte Gold erreichen möchte oder sowas. Ich will wieder schöne neue Lieder machen, eine neue Platte rausbringen und damit auf Tour gehen. Das ist mein Ziel.

Dein erstes Album wurde sehr positiv bewertet. Setzt man sich dadurch selbst unter Druck?

Ja, das geht irgendwie automatisch. Dieses Klischee von der schwierigen zweiten Platte, weil die erste recht erfolgreich war, stimmt schon. Und den meisten Druck macht man sich dann selbst. Weil man noch einen draufsetzen möchte und beweisen will, dass es das tatsächlich Wert ist, dass so viele Leute es gut finden.

Hat deine Band denn Mitspracherecht bei den neuen Songs?

Was die Musik angeht auf jeden Fall. Was die Texte angeht nicht.

Da lässt du dir nicht reinreden?

Nein, da lasse ich mir nicht reinreden. Es ist bis jetzt noch nicht vorgekommen, dass ich einen Text hatte, bei dem meine Band dachte, dass er total mies wäre. Oder dass sie irgendeine Zeile doof fanden. Deswegen war es bis jetzt noch kein Thema. Wenn sie mir glaubhaft erklären könnten, wieso ich etwas nicht so singen sollte, würde ich es vielleicht annehmen. Bei Texten bin ich aber wirklich eigen. Es würde auch darauf ankommen, wer Kritik äußert. Wenn es jemand wäre, den ich sehr gut kenne, der einen Blick auf mich als Person und auf meine Texte hat, dann könnte ich das schon annehmen. Aber vom Publikum her gibt es so viele Geschmäcker wie es Menschen gibt. Da muss man das nicht unbedingt annehmen, finde ich. Es sei denn, ich fange irgendwann an faschistischen Müll zu singen. Aber wenn ich das dann nicht mehr merke, ist es eh zu spät!

Spielst du fertige Lieder Familie oder Freunden vor, um dir Meinungen einzuholen?

Familie nicht, Freunden schon. Aber wenn ich finde, dass ein Lied fertig ist, dann spiele ich es auch auf Konzerten. Es gibt einen Freund von mir, Wolfgang, dem spiele ich immer unfertige Sachen vor. Um eine Bestätigung zu bekommen, ob ich auf dem richtigen Weg bin oder einfach mal zu hören wie er es findet.

Holst du dir bei den Single-Auskopplungen auch Meinungen ein oder entscheidest du das alleine?

Die Auskopplungen die es zur ersten Platte gab, habe ich dem Label überlassen. Da werde ich in Zukunft wohl mehr mitreden. Aber in dem Moment dachte ich "macht ihr mal". Ihr wisst bestimmt besser Bescheid.

Möchtest du diesesmal etwas anders machen, als bei der ersten Platte?

Ja, obwohl ich das nicht richtig benennen kann. Ich bin auf jeden Fall ein Mensch der keine Lust hat, eine Platte nochmal exakt genauso zu machen. Nur weil die erfolgreich war. Ich habe schon den Anspruch an mich selbst, dass es sich in irgendeine Richtung weiterentwickelt oder ein bisschen anders ist. Natürlich wird das jetzt kein Techno-Album oder dergleichen. Es wird eher eine kleine Weiterentwicklung für mich persönlich, denke ich mal. Wer weiß!

Am 1. Mai gab es ein Konzert auf dem Weingut deiner Familie. Wie entstand die Idee, gerade dort zu spielen?

Das haben wir letztes Jahr schon einmal gemacht, im Rahmen einer kleinen Tour. Ich fand das ziemlich schön und da dachte ich, dass wir es jedes Jahr machen könnten, wenn wir es organisiert bekommen. Natürlich ist auch der Platz begrenzt, aber auf dem Hof könnte man schon ein kleines Festival veranstalten. Ich finde es ganz interessant, dass da sehr unterschiedliche Leute hinkommen. Zum einen Gisbert-Fans und dann die Weinkunden von meinem Papa, sowie Freunde und Verwandte meiner Familie. Es ist ein sehr gemischtes Publikum, das finde ich lustig. Es ist auch etwas seltsam, zu Hause zu spielen. Aber dadurch, dass ich es letztes Jahr schon gemacht hatte, wusste ich ja, wie es wird. Zumindest vom Gefühl her. Natürlich ist es komisch, wenn mein Papa sich meine melancholischen Lieder anhören muss. Aber ich glaube, er findet das auch gut.

{image}Und wie kam es zu der Idee mit dem "Gisbert zu Knyphausen"-Wein?

Da habe ich irgendwann mal mit meinem Bruder darüber geredet, es war eigentlich als Witz gedacht. Und als wir das Weingutkonzert planten, haben wir das einfach in die Hand genommen und gesagt "das machen wir jetzt". So ist die Idee entstanden. Mal gucken, ob wir das weiter machen.

Läuft es denn gut mit dem Wein?

An dem Konzertabend selbst ist es natürlich sehr gut gelaufen. Jetzt habe ich manchmal bei Konzerten paar Flaschen dabei und verkaufe auch ab und zu. Der Weinverkauf soll aber auch nicht ernsthaft als Geldquelle betrachtet werden. Ich fand es einfach lustig und möchte auch etwas Werbung für das Weingut von meinem Papa machen. Im Prinzip soll das Projekt Leute auf den Wein stoßen, die ihn sonst vielleicht nicht kennengelernt hätten.

Du hast dieses Jahr schon einige Konzerte gespielt. Was waren deine Highlights?

Dieses Jahr war es die Tour, die wir Ende März/Anfang April hatten. Die Tour haben wir zusammen mit der Schweizer Band Schöftland gemacht. Das war sehr toll, sehr entspannt. Ich mag die Band einfach gerne. Mit Lichter war ich auch noch auf Tour, das war auch sehr toll. Ich hatte eigentlich sehr viele Highlights.

Gab es auch etwas, was du nicht so gut fandest?

Die Konzerte an sich machen mir immer Spaß. Aber es gab auch so einen Moment, wo ich dachte: Jetzt muss ich mal langsamer machen. Eineinhalb Jahre bin ich jetzt immer mit denselben Liedern durch die Gegend getourt, habe mir keine Pause gegönnt. Da habe ich gemerkt, dass ich etwas kürzer treten sollte, damit ich nicht den Spaß daran verliere. Ich kann das nicht so wie die Rolling Stones: Für immer dieselben Lieder spielen, ihre ganzen Hits.

Wie sehen bei dir die letzten Minuten vor einem Auftritt aus? Gibt es vielleicht ein Ritual?

Nein, es gibt kein festes Ritual. Kurz bevor wir auf die Bühne gehen, wünsche ich allen viel Spaß und dann umarmen wir uns. Ansonsten fängt eine Stunde vorher die Nervosität an, dann bin ich nicht mehr richtig zurechnungsfähig. Ich will dann einfach, dass es anfängt - damit dieses komische Lampenfieber-Gefühl weggeht. Sobald ich auf der Bühne stehe, ist es dann auch weg.

Dem Magazin Rolling Stone lag eine CD von deinem Auftritt in Hamburg bei. Wie war das für dich?

Ich fand es krass, dass der Rolling Stone einen noch recht unbekannten Songwriter so featured. Das war schon abgefahren. Ich hätte nie geglaubt, dass die das tatsächlich machen. Mein Label hatte mir vorher von der Idee erzählt, aber da dachte ich nur "jaja, das passiert doch sowieso nicht". Es ist schon toll zu wissen, dass 50.000 CDs davon gepresst und unter das Volk gebracht werden. Irgendwie sind die vom Rolling Stone Fans geworden, zumindest der Stellvertretene Chefredakteur. Ich habe damit wirklich nicht gerechnet. Aber ich habe mit allem nicht gerechnet, was passiert ist – auch im Bezug auf meine erste Platte. Es kam einfach immer eins zum nächsten, nochmal eine Schippe obendrauf. Irgendwann muss ja mal der Punkt erreicht sein, wo es aufhört, aber gerade geht alles noch weiter.

Du hast ja auch gerade erst angefangen.

Ja, das stimmt. Ich habe auf jeden Fall Lust, in 20 Jahren immer noch auf der Bühne zu stehen. Vorausgesetzt ich habe dann noch etwas zu singen!

{image}Gab es einen Grund, warum du bei deinem Support-Auftritt für Kettcar letztes Jahr in Cottbus barfuß gespielt hast?

Es war nur so warm. Wenn es so richtig heiß ist, laufe ich gerne barfuß herum. Besonders dann, wenn ich das Gefühl habe, es klebt alles an den Füßen. Das kommt auf der Bühne vielleicht etwas hippiemäßig rüber, aber mir ist egal was die Leute darüber denken. Mich entspannt es. Ich bin niemand, der den ganzen Sommer über Barfuß durch die Stadt läuft, aber auf der Bühne hat es sich einfach besser angefühlt, als mit den Chucks.

Mal bist du alleine, mal mit Band unterwegs. Gibt es für dich Unterschiede oder Vor- und Nachteile?

Vor- und Nachteile? Nein, es sind einfach zwei unterschiedliche Sachen. So eine lange Tour möchte ich nicht gerne alleine machen, weil es irgendwann langweilt. Ich finde es auch gut, wenn es mal lauter ist. Solokonzerte machen mir auch sehr viel Spaß, die sind einfach intimer. Bei Bandkonzerten versuche ich immer einen kleinen Soloblock mit einzubauen, wo ich dann alleine spiele. Ich möchte das gerne so beibehalten.

Du schreibst deine Texte auf Deutsch. Hast du es denn auch mal in einer anderen Sprache probiert?

Ich habe es mal auf Englisch probiert, aber da ist nichts Vernünftiges bei rumgekommen. Das ist irgendwie nur so ein Bla Bla. Was auch nicht schlecht sein muss, wenn die Musik drumherum stimmt. Wenn man Englisch singt, ist es vielleicht auch nicht so wichtig, was man singt. Ich habe gemerkt, dass es mir leichter fällt, auf Deutsch zu schreiben. Es klingt einfach mehr nach Gisbert. Wenn ich englisch singe, dann ist das sehr klischeebeladen, denke ich mal.

Würdest du es denn generell ausschließen?

Generell ausschließen würde ich es nicht. Aber unter dem Namen Gisbert zu Knyphausen würde ich keine englischsprachige Platte veröffentlichen. Ich kann nicht ausschließen, irgendwann ein anderes Bandprojekt zu haben und dann in einer anderen Sprache zu singen. Da hätte ich keine Probleme mit - wenn das mit der englischen Aussprache einigermaßen funktioniert, ansonsten wird es peinlich. Aber unter meinem Namen sollen das schon deutsche Texte sein. Texte, die mit mir etwas zu tun haben.

Mit wem möchtest du gerne einmal zusammenarbeiten?

Ich würde sehr gerne mal mit Tom Waits zusammenarbeiten, aber das wird wohl nie passieren. Ansonsten hätte ich auch nichts dagegen, etwas mit Sven Regener zu machen. Was wir für irgendwann einmal geplant haben: Mit Nils Koppruch eine kleine EP oder sogar ein ganzes Album zu machen. Mit ihm habe ich schon ein Lied geschrieben. Da haben wir gesagt, dass wir uns irgendwann nochmal zusammensetzen könnten. Das würde mir bestimmt Spaß machen. Er ist ein toller Typ und musikalisch sehr geschmackvoll.

Das war es auch schon. Vielen Dank!

Sehr gerne.