The Rifles

The Rifles

Drei Jahre haben sich The Rifles Zeit gelassen, um das ausgereifte zweite Album "Great Escape" zu produzieren. Das klingt schön. Wenn nicht der Beigeschmack der Unlust wäre, den man bei der Band am vergangenen Freitag im Berliner Postbahnhof beobachtete.

{image}Der Ex-Blur-Gitarrist Graham Coxon und der Britpop-Pate Paul Weller sind nur zwei von vielen berühmten Fans, die seit Jahren felsenfest hinter den Mod-Punks The Rifles stehen. Und in der Tat haben sie in ihrer kurzen Karriere mit Hits wie Local Boy, Peace & Quiet oder dem neuen Song Science & Violence schon großartige Ohrwürmer geschrieben. Auch kann die Band mit voller Berechtigung sagen, dass ihr zweites Album Great Escape ausgereifter klingt, als ihr Debüt No Love Lost. Auf der Bühne scheint die Gruppe jedoch noch nicht die nötige Motivation aufbringen zu können, um ein leidenschaftliches Konzert zu geben. Zumindest kam beim Autor dieser Eindruck auf, als er am vergangenen Freitag das Konzert von The Rifles im Berliner Postbahnhof besuchte.

Denn zwar tanzt der wie üblich einen schwarzen Hut und eine große, dicke Brille tragende Leadgitarrist Lucas "Luke" Crowther hier gelegentlich auf der Bühne herum oder rennt auch mal in scheinbarer Spiellust den Bassisten Rob Pyne um, sodass dadurch die ganze Band aus dem Takt kommt, aber durch die gegenseitigen Blicke der Bandmitglieder, den ideenlosen Ansagen, oder durch die zum Ausdruck kommende Gesichtsmimik merkt man schnell, dass diese Spiellust wohl nur alles "reine" Show ist und The Rifles den Gig an diesem Abend nur unter einem möglichst geringen Kraftaufwand bestreiten wollen. Exemplarisch steht dafür der Keyboarder. Er sitzt den größten Teil des Konzerts zwar an seinem Instrument, spielt aber nur in wenigen Songs auch tatsächlich selbst mit. Stattdessen streckt er lieber seine Füße aus, trinkt ein kühles Bier und singt dabei entweder selbst die Songtexte mit oder beobachtet gelangweilt das, trotz dieses Umstands, wild tanzende und jubelnde Publikum im Saal des Postbahnhofs.

{image}Der Autor fragt sich: Merken die Zuschauer die Unlust der Band eigentlich nicht? Die plumpen Ansagen vom The-Rifles-Sänger Joel Stoker, die außer der ein oder anderen Songankündigung oder einem "How are you?" kaum Inhalt aufweisen konnten, sind das Eine, die Performance das Andere. Beinahe scheint es so, als würde sich die Gruppe über den Publikums-Jubel belustigen und denken: "Wie schön, wir brauchen uns absolut keine Mühe zu geben, die Fans feiern uns ja sowieso auch so!" Oder um es weicher auszudrücken: Die Band wirkt arrogant und scheint am Geschehen nur wenig interessiert zu sein.

Schade eigentlich, denn musikalisch ist das Konzert von The Rifles großartig. So wird der Zuschauer vor allem von dem aus dem neuen Album stammenden Song The General und dem oben schon erwähnten, ebenfalls aus dem neusten Werk entnommenen Science In Violence mitgerissen. Aber auch die schon etwas älteren Hits wie Local Boy können einen nach wie vor begeistern.

{image}Und so fragt man sich am Ende des Konzerts ratlos: Soll man sich nun eher freuen, dass man die neuen Songs endlich live erleben durfte und deren Tanzbarkeit bejahen kann? Oder soll man sich lieber darüber ärgern, dass The Rifles an diesem Abend unmotiviert, lustlos, scheinbar desinteressiert und mit dem geringstmöglichen Aufwand aufgetreten sind?

Der Autor tendiert eher zur zweiten Möglichkeit. Vor allem nachdem er erleben durfte, mit was für einer, im Vergleich zum Konzert, regelrecht ausufernden Motivation und Lust The Rifles später bis in die Morgenstunden im Magnet Club bei der offiziellen The-Rifles-Aftershowparty im Rahmen der Reihe "Whip It Good" aufgelegt hatten. Da fragt man sich zurecht: Warum funktioniert dies eigentlich nicht immer so?

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