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The Prodigy (live in Köln, 2009) © Marc Pfitzenreuter

Die Guten sterben jung, doch die Besten sterben nie. Drei Herren Ende 30 zeigen der Welt, dass die 90er mehr waren als Marusha, Dancefloor und alles andere, das uns in Panelshows des Grauens weiß gemacht werden soll. Sie konnten auch tatsächlich cool sein! Um diesen kulturwissenschaftlichen Auftrag zu erfüllen, befinden sich The Prodigy samt neuem Album momentan auf Tournee und lassen einen regioactive-Redakteur endlich das erleben, wovon er als Teenager stets geträumt hat.

{image}Es gibt nur wenige Bands, die mit ihrer Musik so einzigartig sind wie The Prodigy. Sie haben es in den 90ern geschafft den Techno hart zu machen, ohne dabei in die peinlichen Gefilde von Terrordome oder Rotterdam Records abzudriften. The Prodigy geben den Adrenalinsüchtigen aller Musikgenres genau das, was sie suchen. Sie mit Phrasen wie "drückende Bässe" oder "brachiale Beats" beschreiben zu wollen, wird ihnen nicht gerecht – nicht einmal "block rockin beats" trifft den Kern dessen, was die Jungs aus England auch nach fast 20 Jahren noch machen. Jeder, der jemals Videos wie Smack My Bitch Up oder Poison gesehen hat, auf einem Konzert von The Prodigy war, oder einfach nur Keith Flint beim Tanzen zugesehen hat, der weiß: bei dieser Band findet alles am Limit des Möglichen statt.

Mit Inavders Must Die melden sie sich nun nach längerer Pause als vollständige Band zurück, wenn auch ohne den ausgestiegenen Leeroy Thornhill. Sie zeigen der Musikwelt, dass es The Prodigy eben nur einmal gibt und unnachahmlich war, ist und bleibt.

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Natürlich sind die Synthies, die Liam Howlett benutzt, nicht mehr so ganz der letzte Shit und könnten gerade auf jüngere Semester durchaus verstörend wirken. Doch bei denen, die der Band schon länger hörig sind, wird dies nie aus der Mode kommen, zumindest nicht, wenn die Band The Prodigy heißt. Ebenso könnte das neue Video auf viele Zuseher klischeeüberladen wirken. Aber diese Band hat das alles quasi erfunden und besitzt das Copyright darauf. Und deshalb belebt sie eben keine Stereotypen, sondern nichts anderes als sich selbst und ihre ganz eigene Identität, in musikalischer und gesamtkünstlerischer Hinsicht.

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Eine passendere Location als das Kölner E-Werk konnte für Keith, Liam und Maxim nicht gewählt werden. Altbau, Hinterhof, eine angenehm abgefuckte Location mit schön hohen Decken und einem noch viel angenehmeren, nicht zu jungen Publikum, bereit zu pogen und crowdsurfen bis die Securities kommen, die auch sehr schnell kamen, und dazu Prodigy live – was will man mehr? Vielleicht preiswertere Merchandiseartikel, aber man kann im Leben eben nicht alles bekommen. Dafür fühlte man sich schon bei Beginn des Konzerts fern der Realität mitten in einem der berüchtigten Videos der Band. Es folgten fast zwei Stunden unter tranceartiger Hochspannung.

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Zusammen mit ihrer Live-Band zeigten die Briten genau das, was man von ihnen erwartet hatte: Einen dämonischen Maxim, einen Keith Flint, neben dem selbst Mick Jagger auf Speed in seinen besten Jahren wie ein Patient im Wachkoma wirkt, und den genialen Liam Howlett als Fädenzieher im Hintergrund. Sie spielten Songs des neuen Albums und der alten Klassiker. Allerdings vernachlässigten sie leider das erste Werk, von dem nicht einmal Out Of Space gespielt wurde, wie auch der damalige Überhit No Good vom Nachfolgeralbum. Mit ihrer Ansammlung der restlichen Hits wie Voodoo People, Breathe oder Break & Enter gab es aber auch so genug Material, um das Kölner Publikum zum Ablegen aller Hemmungen zu bringen, was wohl allen – bis auf den Securities – gefallen haben dürfte.

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Egal wie hoch die Erwartungen des Einzelnen im Vorfeld waren, nach dieser Leistung und dieser Show, die The Prodigy in Köln ablieferten, dürfte wohl niemand enttäuscht nach Hause gegangen sein. Es war einfach alles dabei, was man sich idealerweise für ein Konzert der Drei vorstellt.

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Die einzige Enttäuschung des Abends war das – gefühlt – viel zu frühe Ende des Konzerts. Für unseren, und sicherlich auch für den Geschmack des restlichen Publikums, hätte alles noch problemlos bis zum nächsten Morgen dauern können. Aber bei aller Grenzgängerei ist selbst für The Prodigy diese irgendwann erreicht, man wird schließlich nicht jünger.

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