welle:erdball

welle:erdball

Welle:Erdball ist eine Formation, die aus 2 Frauen und 2 Männern sowie einem Commodore C64 besteht - der Kultrechner aus den 80ern. Die unter anderem von Kraftwerk stark geprägte Band macht Musik zwischen Elektro, Gothic und Neuer Deutschen Welle. Textlich geht es oft um die Verwahrlosung der Menschheit, die immer digitaler werdende Welt, und viel um alte Technik, vom Kassettenformat bis zum VW-Käfer. Durchdacht und mit Anglizismen durchtränkt, stets nach dem Schema "Monoton und Minimal". Auf der aktuellen Tour "Operation Zeitsturm" wird neben dem Live-Konzert auch der gleichnamige Amateurfilm der Band gezeigt.

{image}Beim Konzert in der Kammgarn in Kaiserlautern war vor der Bühne zu Beginn eine ca. 2 auf 2 Meter große Leinwand aufgebaut, wo der Film "Operation Zeitsturm" laufen sollte, der bisher noch nicht veröffentlicht, sondern nur bei einzelnen Events vorgeführt wurde. Die grobe Handlung: Ende des 2. Weltkrieges erfindet ein Professor eine Zeitmaschine erfunden und soll diese – gezwungenermaßen – für die Nazis bauen. Honey (der Sänger der Band) findet in dem Film des Professors Tagebuch und möchte die Geschichte überprüfen. Mehr wollen wir gar nicht verraten, da der Film wirklich interessant ist, und man ihn sich am besten selbst ansehen sollte. Der Film läuft knapp 80 Minuten und ersetzt damit jegliches Vorband-Programm. Wer auf Trash-Filme steht wird bei der Vorführung grinsen, da er für das Trash-Genre irgendwie beinahe zu ernst erscheint. Der Streifen ist ein wahrer Amateurfilm, zu Beginn sehr verwirrend aber dennoch fesselnd, die schauspielerischen Leistungen sind unterschiedlich gut, teils sehr eigen, aber keinesfalls schlecht. Teils beeindruckt der Streifen durch die sehr authentisch ausgewählten Utensilien, teils führt er durch lächerliche und hoffentlich absichtliche Fehler zu großem Lachen. Auch wenn 80 Minuten Film vor einem Konzert recht lang sind, hat die Vorführung das Publikum durchgehend gefesselt. Wahrscheinlich auch dank der Zwischenszenen, die mit Musik unterlegt sind und allerhand interessantes Bildmaterial enthalten, ebenso wie immer wieder eingeblendete Zitate mit Bezug zur damaligen Zeit. Die Band jedenfalls hat sich mit dem Film wohl einen kleinen Traum erfüllt.

Als der Abspann des Films läuft, wird in sekundenschnelle die Leinwand eingerollt (sie war an der Decke befestigt) – die Musik beginnt. Die vier Musiker standen zu Beginn hinter Schattenwänden und bewegten sich roboterartig. Das besagte fünfte Mitglied war an diesem Abend leider nicht anwesend, da Honey ihn – wie man später erfuhr – vergessen hatte. Auftritte von Welle:Erdball werden als eine Art Radioshow inszeniert, und so kommt es, dass die Shows immer mit den Worten "Hallo, hier spricht Welle:Erdball, Symphonie der Zeit. Aus dem Äther schwingt und schwillt sie in die Ewigkeit!" beginnen. So auch diese.

{image}Ebenfalls typisch für eine Radioshow: Sänger Honey spricht das Publikum mit "Meine Damen und Herren" an. Trotz diesem eher gehobenen Ton entwickelt sich schnell eine große Publikumsnähe. Es wird auf fast jeden Zwischenruf der Menge reagiert, es werden Unklarheiten beseitigt und zu Schweben, Fliegen und Fallen riesige Luftballons ins Publikum geworfen. Beim Song Starfighter F-104G wird das Publikum nach einer kurzen Erklärung und Einleitung mit Papierfliegern "beworfen". Dank dieser Interaktion mit dem Publikum ist kein Auftritt von Welle:Erdball wie der andere. Die Herren Honey und A.L.F präsentierten sich durch ihre Anzüge an diesem Abend stilistisch etwas steif, und nur die Damen Plastique und Frl. Venus wechselten einmal ihr Outfit (ausgezogen haben sie sich übrigens hinter der Schattenwand unter lautem Geraune). Als sich der Abend dem Ende neigt erklärt der Sänger der Band, dass nun der Moment gekommen sei, an dem sie normalerweise die Bühne verlassen und die Zuschauer sie mit Zugabe-Rufen wieder zurückholen würden. Doch darauf habe er keine Lust – und so spielten sie einfach weiter. Zwei Stücke später ging die Band aber tatsächlich von der Bühne, nur um doch noch zweimal für weitere Zugaben auf selbige zurückzukehren.

Wer auf Elektro steht, oder zumindest etwas damit anfangen kann, jeder der Kraftwerk mag und sich gern an "früher" erinnert – wenn auch auf futuristische Art und Weise – sollte einmal ein Welle:Erdball-Konzert erleben. Wieder zuhause angekommen hören sich die CDs dann jedoch ein wenig lasch an, im Vergleich zum positiven Eindruck, den man live gewinnt.

Alles zum Thema:

welle:erdball