Beispielwelt (live beim Rock im Quadrat, 2008)
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Beispielwelt (live beim Rock im Quadrat, 2008) Foto: Michael Kies © regioactive.de

Eine feste Instanz bildet seit 1998 das "Rock im Quadrat" im Mannheimer Capitol. Es bietet Newcomern eine Möglichkeit, endlich mal nicht mehr Newcomer zu sein. Schon viele mittlerweile zu echten Größen avancierte Künstler, genannt seien nur Wallis Bird oder Get Well Soon, konnten hier zeigen, was uns später noch blühen sollte. Das zehnjährige Jubiläum ging man mit "business as usual" an, konnte aber trotzdem - oder gerade deswegen - überzeugen.

{image}Einen Tag zuvor passte Deutschland aber kurz nicht auf und ließ den Winter rein. Da Mannheim bekanntlich irgendwo in Deutschland liegt, ist es auch hier an diesem Abend etwas kalt, womit sich aber die perfekte Kulisse für großartige Musik bietet, schließlich soll es im Capitol ja heiß hergehen. Schnörkellos legt dann auch pünktlich um acht Uhr die Mannheimer Band Beispielwelt los. Ist das Land der Dichter und Denker, die man heute vielleicht etwas vergebens sucht, nicht gerade für seinen Humor bekannt, zeigte sich bei dem Quartett dann doch ein Lichtblick. Hier werden witzige Texte mit viel hintergründiger Sprachkunst eindrucksvoll in großartige Melodien verpackt, die man sonst bei Bands mit (Achtung, deutsches Sprachungetüm!) humoristischem Hintergrund nicht oft erlebt. Alleine dafür müsste es schon einen Preis geben, aber man kann nicht alles im Leben haben. So kann man nur den kurzen Auftritt der Band sehen, den aber schon viele Zuschauer trotz der vermeintlich frühen Uhrzeit miterleben.

{image}Dann folgt eine kurze Pause, um das bisher gehörte zu verarbeiten und sich auszutauschen, und der Musik-Marathon geht mit Laura Kloos aus Kaiserslautern weiter. Auch sie stampft das typische Pop-Klischee der stumpfen Texte ein und singt über Gott, die Welt und noch mehr. Ihren Liedern merkt man aber an, dass sie bis vor Kurzem noch als reine Akustik-Versionen über die Bühne gingen, denn die musikalische Untermalung ihrer neuen Band ist recht einfallslos und etwas altbacken. Musik und Text wollen sich nicht recht verbinden und nehmen ihrem Auftritt damit die Klasse, die wohl ohne Anhang dagewesen wäre. Das Publikum überhört das aber großzügig und verlangt in weiser Voraussicht noch eine Zugabe. Hier kann Kloos dann großartig beweist, was sie wirklich kann. Ohne Band, nur mit Gitarre und Stimme bewaffnet steht sie da und zeigt ihr wahres Gesicht als tolle Singer/Songwriterin. Manchmal ist weniger eben doch mehr.

{image}Ganz anders ist die folgende Stephanie Neigel, deren Klänge zwar auch etwas leiser sind, dann aber hier und da wieder ausbrechen und andere Facetten zeigen. War die Band zuvor überflüssig, geht es bei ihr gar nicht ohne: Klassischer Mainstream-Pop sieht ganz anders aus. Mal bitterernst und melancholisch, mal wieder laut und fröhlich, überzeugt sie auf ganzer Linie. Die Studentin an der Mannheimer Musikhochschule muss man wohl in nächster Zeit auf dem Radar behalten. Allein schon deswegen kann der Autor allen Interessierten nur den 14. Dezember in der Mannheimer Feuerwache empfehlen, an dem Neigel neben ihrer Band noch vom Streichquartett "Infinitum" begleitet wird und einen ganzen Abend für sich hat. Ganz großes Kino, das sich nicht in Schubladen stecken lässt.

{image}Als Stephanie Neigel dann aber die Bühne verlässt, geht der Abend erst richtig los. Gäbe es beim "Rock im Quadrat" einen Publikumspreis, wären die folgenden K-Rings Brothers aus dem tiefen Odenwald wohl der Abräumer des Abends. Gleich nachdem sie die Bühne stürmen, tobt jedenfalls der Saal und kann nicht genug bekommen von ihrem Mix aus Rap, Soul, Ska, Punk und allen anderen undankbaren Kindern der Musik. Hier zeigt sich mal wieder, warum die Musikindustrie gerade in der Klemme steckt – während Seed und Culcha Candela, deren Musik mit der von den K-Rings Brothers etwa vergleichbar ist, trotz gähnender Langeweile weiter veröffentlichen dürfen, sind diese Jungs, obwohl sie beachtliche Erfolge vorzuweisen haben, noch nicht das nächste große Ding. Sehr Seltsam, aber auch hier gilt der Befehl: Unbedingt mal selbst ansehen!

{image}"Man kann nicht immer gewinnen!" müsste man dann schließlich den Gewinnern der Online-Abstimmung für einen Slot des Festivals, Jacky, entgegenschmettern, die trotz fulminatem Sieg im Internet den etwas undankbaren letzten Auftrittsplatz innehaben. Bis sie nämlich auf der Bühne stehen, hat sich die Halle größtenteils geleert. Scheinbar können nur noch wenige Zuschauer dem sauberen Hardrock aus Viernheim etwas abgewinnen. Schade, denn nach einer gewissen Aufwärmphase hat Jacky wirklich einiges zu bieten. Musikalisch irgendwo bei AC/DC auf Deutsch zu verorten, glänzen sie durch eine klassische Rockshow mit gekonnten Posen, Explosionen und der unvermeindlichen Rocker-Einstellung. Extrapunkte gibt es außerdem für den kleinen Wettstreit der beiden Gitarristen am Ende, und für die Einblicke in das Leben des Sängers, die er zwischen den Songs preisgibt. Leider kann die Band nicht ihre ganze Setlist spielen und so endet das kleine Festival dann wie es begonnen hat: pünktlich.

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BEISPIELWELT * LAURA KLOOS * STEPHANIE NEIGEL * K-RINGS BROTHERS * JACKY