Cold War Kids (live auf dem MELT! Festival-Sonntag 2011)

Cold War Kids (live auf dem MELT! Festival-Sonntag 2011) © René Peschel

Cold War Kids sind vier Kalifornier, die 2007 ihr Debütalbum "Cowards & Robbers" veröffentlichten und besonders mit ihrem Hit "Hang Me Up To Dry" Aufmerksamkeit in der musikinteressierten Öffentlichkeit auf sich zogen. Die Musik der Band ist irgendwo zwischen American Blues und New Wave einzuordnen. Nun haben sie vor kurzem ihr neues Werk "Loyalty To Loyalty" herausgebracht, und sie waren damit vor wenigen Tagen auch im Berliner Lido zu Gast.

{image}Oft sagt man, dass geschichtsträchtige Ereignisse aus den Erinnerungen der Menschen nicht verschwinden dürften. Dies gilt sicher auch für die Erinnerung an den Kalten Krieg, als sich Ost und West zwischen 1945 bis 1990 politische, ökonomische wie auch militärische Auseinandersetzungen lieferten. Eine Band, die mit ihrem Namen bewusst oder unbewusst darauf aufmerksam macht, heißt Cold War Kids und stammt aus dem kalifornischen Universitätsstädtchen Fullerton. Früh lernen sich die vier Mitglieder kennen, doch ans Musikmachen denken sie bis dahin noch nicht. Lieber kümmern sie sich um andere Dinge. Wie zum Beispiel der Bassist Matt Maust, der sich der Fotografie und dem Design widmet. Hierfür reist er nach Osteuropa und schnappt dort erstmals den Begriff "Cold War Kids" auf. Zunächst verwendet er diesen Namen nur für seine Homepage. Doch als die vier Freunde sich dazu entschließen, eine Band zu gründen, wird dieser Begriff schlagartig auch zum Bandnamen umfunktioniert. Zuerst wollen Sänger Nathan Willett, Bassist Matt Maust, Gitarrist Jonnie Russell und Schlagzeuger Matt Aveiro eigentlich "nur" Musik machen, doch wenig später befinden sie sich schon auf Tour und veröffentlichen drei EPs. 2007 erscheint ihr Debütalbum Robbers & Cowards, und durch den Song Hang Me Up To Dry wird schließlich auch die Presse auf die Truppe aufmerksam. Vor kurzem ist nun ihr zweiter Longplayer Loyalty To Loyalty in den Plattenläden erschienen. Mit diesem sind die Cold War Kids auf Tour und besuchten nun den Berliner Club Lido.

{image}Dort überzeugen die vier Musiker mit einer starken Bühnenpräsenz. Die Cold War Kids bewegen sich zu ihrem von Klavierklängen durchzogenen, teilweise bluesigen und unrhythmischen Sound, ständig und voller Unruhe über die Bühne. Neben Sänger Willett, der sich mit seiner verzweifelnd und hysterisch klingenden Stimme oft entweder am Keyboard oder Piano rumtreibt, dort mit ausschweifenden Handbewegungen ins Mikro jault und Geschichten über gesellschaftliche Außenseiter, Hilfsbedürftige, Alkoholabhängige und schwerkranke Greise erzählt, tanzt sich besonders Bassist Matt Maust stetig und kraftvoll über die Bretter. Er versucht dabei auch immer wieder seine Kollegen anzuheizen, um mit ihnen zusammen seine nicht nachlassende Energie zu teilen. Er pirscht sich dann ganz nahe an seine Mitmusiker heran, als würde er sie am liebsten mitsamt seiner Gitarre umarmen. Besonders Sänger Nathan Willett ist immer wieder sein Objekt der Begierde. Diesem wuschelt er dann auch mal über das Haar, um kurze Zeit später schon längst an einer anderen Stelle der Bühne angelangt zu sein, wo er abermals für Unruhe sorgt. Sein träumerischer Blick verrät, dass er scheinbar in eine andere Sphäre eintaucht, in der es nur innerhalb dieser antreibenden Musik ein Leben gibt, und in der er mit allen Mitteln Klänge erzeugen will. Zum Beispiel mit einer Flasche Rotwein, die er kurzzeitig als Instrument verwendet.

{image}Musikalisch können in der Livepräsentation der Cold War Kids vor allem die alten Songs überzeugen. So zum Beispiel der träumerische Song Robbers, der alleine dadurch schon eine magische Atmosphäre erzeugt, dass die Musiker Taschenlampen-Strahlen durch den völlig abgedunkelten Saal schweben lassen. Die Lichtkegel lassen sie mehrmals für einige Momente auf den Gesichtern einzelner Besucher ruhen, um dann wenig später die Taschenlampen auf andere Gesichter zu richten. Und das einerseits lässige, aber gleichzeitig auch herausfordernde Hang Me Up To Dry erzeugt bei allen Beteiligten, ob Musiker oder Publikum, das Bedürfnis, den Refrain lautstark und kraftvoll mitzusingen. Das Konzert endet schließlich nach gut 90 Minuten mit dem wie über einer Welle schwappenden und scheppernden Todesstrafen-Lied Saint John.

Es war ein Abend, der zeigte, welche Livequalitäten in den vier Kaliforniern stecken, und der auch die Erkenntnis brachte, dass die musikalische Qualität ihres Debütalbums nur schwer zu toppen sein wird. Loyalty To Loyalty schafft es jedenfalls nur bei einigen Songs, die magischen Momente des ersten Albums einzufangen. Zum Beispiel durch den gehetzten Song Something Is Not Right With Me, oder mit dem typisch hysterischen Mexican Dog, und durch den todtraurigen Song Every Man I Fall For.

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