Knorkator (live in Mannheim, 2008)
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Knorkator (live in Mannheim, 2008) Foto: Michael Kies © regioactive.de

Sie nennen sich selbst die "meiste" Band Deutschlands oder der Welt, und seit September rollt ihre allerletze Tour durch die Lande: Knorkator verabschiedet sich von der Bühne und feiert das mit den Fans auf der allerletzten Tournee. Unser Autor war in Mannheim mit von der Partie und hat dabei nicht nur neue Wörter kennengelernt, sondern auch sinnlose Gewalt gegen Musikinstrumente miterlebt. Hier lest ihr seinen Erlebnisbericht und seht Fotos der Show.

{image}Das Kritikerleben ist hart und ungerecht, besonders im Musikgewerbe. Hat eine Band, um das Ganze etwas zu erklären, einen schlechten Auftritt hingelegt, schreibt sich der Verriss in wenigen Minuten. Meckern geht meistens schnell von der Hand. Lebt die Band hingegen auf der Bühne auf, umgeht dabei alle technischen Schwierigkeiten, die sich ihr in den Weg stellen und hat sichtlich Spaß an der ganzen Sache, sitzt der arme kleine Kritiker dumm da. In seiner spärlichen 20-Zimmer-Villa rennt er dann von Zimmerchen zu Zimmerchen und rauft sich die Haare, worüber er eigentlich schreiben soll. "Knorkator spielte das beste Konzert des Jahrhunderts" reicht als Aussage in der Kneipe nebenan vollkommen, hingeschrieben fehlt dann aber doch noch etwas. Warum das ganze Katzengejammer? Knorkator live auf der Bühne ist ein Erlebnis und ein gutes noch dazu. Man weiß eigentlich nicht wirklich, wo man mit dem Erzählen anfangen soll. Ob es nun die seltsamen Kostüme sind, mit denen Alf Ator und Stumpen die Bühne betreten und die wie King Kongs Duschschwamm aussehen oder der Brot-Angriff aufs Publikum, das sich am Ende des Konzerts mit einer schmerzhaften Retourkutsche bedankt – es ist immer irgendwas los. Nebenbei wird selbstverständlich noch Musik gespielt, und das nicht zu knapp.

{image}Zäumen wir das Pferd aber nicht gleich von hinten auf. Neben Alf Ator und Stumpen kommt zu Beginn natürlich noch der Rest der Band auf die Bühne. Buzz Dee, Nick Aragua und Tim Buktu halten sich dann aber die meiste Zeit geschickt im Hintergrund und fallen höchstens durch ihr Rauchen auf. Später heißt es dann: raus aus den alten Klamotten, und Stumpen erstrahlt im rosa Badeanzug, der vor allem die Intimregion stark betont. Dazu trägt er jetzt neuerdings eine Haarpracht, die er nach dem letzten Konzert wieder abschneiden und auf Ebay verkaufen möchte. Der Autor gratuliert schon jetzt dem zukünftigen Besitzer für den Kauf dieses großartigen Zeitzeugnisses. Alf hingegen bleibt lieber in seinem Riesentutu, entledigt sich aber des Oberteils.

Musikalisch ist alles im Reinen, Knorkator bedient ihre ganze Schaffensperiode und klingt dabei sehr gut, auch wenn es ab und zu kleine technische Probleme zu geben scheint. Ma Baker, Der ultimative Mann, Wir werden alle sterben oder Böse sind nur einige Titel, die gespielt werden. Dabei greift die Band ab und zu auf Musik aus der Konserve zurück, denn alles was nicht von Gitarre, Bass oder Schlagzeug abgedeckt wird, kommt vom Band. Das ist aber kein Nachteil, denn so hat Alf Ator zum Beispiel mehr Zeit, um mit Klobürsten auf Trommeln zu schlagen, die nicht vom Mikrofon abgenommen werden. Hauptsache Spaß!

{image}Wie auch schon bei den letzten Konzerten wird eine leicht altersschwache Orgel auf die Bühne gefahren, gespendet von einem Fan, um an Ort und Stelle während den Liedern von Alf Ator langsam zu Kleinholz verarbeitet zu werden. Die Menschen vor der Bühne bekommen aber auch Aufmerksamkeit geschenkt und werden, wie oben angedeutet, von Stumpen mit Backwaren beworfen. Ein Glücklicher darf sich später freuen, durch die halbe Halle hin und wieder zurück rennen zu "dürfen", weil er sich auf die Monitorbox gelehnt hat.

Dass die Leute dafür extra einen Korridor bilden sollen und dabei immer wieder den Platz versperren, und dass der arme Kerl die ganze Sache viermal hintereinander machen muss, sei hier nur am Rande erwähnt. Wenn Stumpen etwas durchzieht, dann eben auch richtig. Für Spaß sorgt auch der Huckepack-Pogo oder der Schuh-Weitwurf, der schließlich darin endete, dass sich der Besitzer des Schuhs in aller Ruhe diesen auf der Bühne zubinden kann. Wahrscheinlich gibt es keine bessere Situation für so etwas und das Publikum freut sich auch noch. Als dann schließlich noch verschiedene Bezeichnungen für weibliche Geschlechtsteile von den Fans gesungen werden sollen, lernt sogar der Autor ein neues Wort, das er hier aber nicht wiedergeben möchte.

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Eine Zugabe ist am Ende noch drinnen, muss von den Zuschauern aber erst mit Kleingeldspenden hart erkauft werden. Jetzt bietet sich die Gelegenheit, die Brot-Aktion vom Anfang heimzuzahlen, denn das Geld wird auf die Bühne geworfen und nicht wenige Münzen treffen Stumpen an Kopf und anderen, schmerzhafteren Körperregionen. Dann ist nach gefühlten weiteren 25 Minuten und insgesamt zwei erlebten Stunden endgültig Schluss, der Spot geht aus und das große Licht wieder an. Was vom Abend im Kopf hängen bleibt, ist ein gelungener Abschied, gepaart mit dem Bild von zwei Männern in den besten Jahren in riesigen rosa Duschschwämmen. Viele Musiker hatten da einen weitaus schlechteren Abgang gewählt, man erinnere sich nur an den dicken Mann aus Tupelo, Mississippi. Fan-Herz, was verlangst du denn noch mehr von Knorkator?

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