James Blunt (live in der SAP Arena Mannheim, 2008)
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James Blunt (live in der SAP Arena Mannheim, 2008) Foto: Marco Di Salvo © regioactive.de

Ein Mittdreißiger im grauem Anzug, roter Krawatte, verwuschelten Haaren und Dreitagebart stürmt mit seiner Gitarre auf die Bühne, die Frauen jubeln ihm zu. James Blunt, der diesjährige Echo-Preisträger in der Kategorie "Künstler des Jahres international", verwandelte die riesige SAP Arena mit seinen Balladen in eine kuschelige Liebesgrotte. Mit seiner hauchigen Stimme brachte er Frauen wie Männer aber nicht nur zum Schmachten, er schlug auch kräftigere Töne an und ließ die rund 7000 Fans toben.

{image}James Blunt löst ab der ersten Sekunde seiner Show Begeisterungsstürme aus. Mit seiner langjährigen Tourband zusammen eröffnet er mit einem neuen lebhaften Song, Breathe, den Abend – da wippen schon alle zum Takt. "Guten Abend Mannheim" – nach der kurzen Begrüßung folgt Wisemen. Die Stimmung ist schon so aufgelockert, dass jeder den Refrain where are you now mitsingt. Bevor ein schnulziger Eindruck entstehen könnte, gibt der Gittarist Ben Castle mit seinem Riff dem Ganzen rockigere Züge. Man ahnt, dass James Blunt sich nicht so einfach in die Kitschkiste stecken lässt und seinen Kritikern an diesem Abend noch ordentlich Kontra geben wird. Bei High allerdings erstrahlt die Bühne erst einmal im roten Licht. Blunt haucht die bekannten hohen Töne ins Mikro und wechselt in sekundenschnelle wieder in tiefe, raue Gegenden. Seine Stimme zeichnet sich durch Facettenreichtum aus, ist nicht so perfektionistisch glatt und lässt den Sänger gerade dadurch so menschlich wirken. Trotzdem hätte er eine von seinen vielen Dreioktaven-Sprüngen getrost weglassen können. Frauen wie Männer sind jedenfalls weiterhin im Blunt-Bann. Ein Blunt-Begeisterter, der durch seine tiefe Stimme eindeutig als Mann identifiziert werden kann, nutzt die Pause, um James seine Liebe zu gestehen "I love you James" – James kontert mit: "Oh, that’s my father", und bringt sein Publikum zum Lachen.

Die SAP Arena wird immer kuscheliger. Nach I really want you singt James Blunt noch eine Liebesballade für das Publikum: Carry you home. Es sind die zwei Singelauskloppungen aus seinem aktuellen Album All The Lost Souls. Das rosa Scheinwerferlicht untermauert seine Liebesschwüre und sein leichtes, gefühlvolles Gitarrenspiel. Dann kündigt er einen neuen Song an: Love, Love, Love, welcher vom Publikum mit großem Beifall honoriert wird.

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"That song is from the time when I had a propper job." Damit spielt James auf seinen KFOR-Einsatz im Kosovo an, vor dessen Hintergrund er No Bravery geschrieben hat. Er wird nur vom Keyboard begleitet – Schlagzeuger, Gitarrist und Bassist gehen von der Bühne. Blunts Stimme überschlägt sich fast vor Wut, Zorn und Ärger. Er heult beinahe und sein stets wehmütiger Blick wird noch wehleidiger. Seine tiefe, kratzige Stimme eignet sich besonders für dieses "sadness", was aus seinem tiefsten Innern zu kommen scheint. Auf der Videoleinwand sieht man Originalaufnahmen aus dem Jahr 1999 mit zerbombten Häusern und betroffenen Kindern. Damit hat James auch den obligatorischen sozialkritischen Punkt abgehackt, der mittlerweile in keinem Showprogramm mehr fehlen darf. Bevor es wirklich ernst werden und man vor lauter Sadness den Kopf verlieren könnte, kommt ein neues Element ins Spiel: James tauscht die Gitarre durch ein Klavier. Bei dem Song Cause I love you rockt  er mit seinem Keyboarder Paul Beard vierhändig die Tasten. War James an der Gitarre noch etwas leidenschaftslos und nutze eher den Gesang zum Ausdruck seiner Gefühle, verschmilzt er jetzt förmlich mit dem Tasteninstrument und steigert sich und das Publikum in bisher ungekannte Gefühlswelten. In Fahrt gekommen, stürzt er sich in die Menge, umarmt seine Fans, rennt in die Halle. Die Menge tobt, trampelt und tönt. So viel James Blunt hautnah: er bahnt sich seinen Weg in die Mitte der Konzerthalle. Hier wartet auf einer kleinen Bühne ein schwarzes Klavier auf seinen Bändiger. James lässt sich nicht lange bitten, im Stehen spielt er den Song weiter, die Band hat Spielpause. Der Sänger frönt dem Headbanging, sein graues Jackett hat er schon lange von sich geworfen, die Halle brodelt,. "And then you sing two times", die Fans sind außer sich und singen nicht nur die zwei Male, sondern gleich das ganze Lied mit. Bei I'll take everything ist die Wandlung vom Liebesballadenhaucher zum kraftvollen Sänger abgeschlossen. Seine Stimme ist  kräftiger, die Töne voller. So eine Liebeserklärung wünscht sich jede Frau und so mancher Mann. Dann setzt er sich endlich, um Gooodbye My Lover zu spielen, eine Single aus seinem ersten Album Back to Bedlam. Seine facettenreiche Stimme gepaart mit dieser Kraft wirkt betörend auf das Publikum. Alle starren gebannt in die Mitte auf diesen Mann, der alleine in einer Menge von Leuten an einem schwarzen Klavier sitzt, im Spielen alles um sich herum zu vergessen scheint und die Fans mitreißt. Von da an hört das Klatschen nicht mehr auf.

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Back on the stage, packt sich James Blunt die E-Gitarre und singt einen neuen, ungewohnt rockigen Song: Turn me on. Der frisch gewonnene Eindruck, dass er sich am Klavier am besten macht, gewinnt an Stärke. Im Anschluss wechselt er wieder in ruhigere Gefilde: James Blunt schafft es, den Song You're beautiful, der auf Platz 1 der "Billboard Hot 100" landete und in den Radios rauf und runter gespielt wurde, so rüber zu bringen, dass man meint, den Song zum ersten Mal zu hören. Bei seinem letzten Lied Same mistake singen alle das "aauuuuuh" mit und jeder, der nicht Balladenfetischist ist, würde diese Passage als kitschig empfinden, doch die Fans lieben ihn einfach, den Song, und James. Geschrei und Getrampel befördern den Star nach seinem Abgang wieder auf die Bühne, und unter leuchtendem Sternenhimmel gibt er seine Zugabe: One of the Brightest Stars.

Bei So Long Jimmy stürmt der E-Gitarrist auf den oberen Teil der Bühne, James Blunt folgt ihm und die beiden spielen zusammen, als gäbe es kein Morgen mehr; die Bühne leuchtet in allen Farben. Bei 1973, dem letzten Lied, kommt die zur Jahreszahl passende Diskokugel zum Einsatz und James Blunt sitzt wieder am Klavier. Ein fulminantes Ende, in roten Farben, grünem Laserlicht, mit Diskokugel  und Glitterregen. James Blunt macht noch ein Foto von seinem Publikum – "put your hands in the air and say sausausages" – damit er seine Fans nicht vergisst. Sie werden ihn nach diesem Auftritt bestimmt nicht vergessen.

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