The Casting Out (live in Stuttgart, 2008)
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The Casting Out (live in Stuttgart, 2008) Foto: Marcel Benoit © regioactive.de

The Casting Out übernahmen das Erbe der 2007 aufgelösten Boysetsfire, die sich in Szenekreisen weltweit einen Namen erspielt hatten. "Ex-Boysetsfire" war auch diesmal auf den Plakaten und Flyern zu lesen, und brachte einen zum Grübeln, wann es The Casting Out endlich gelingen wird, den Schatten der scheinbar übermächtigen Vergangenheit hinter sich zu lassen. Wer ein Konzert der aktuellen Tour besucht hat, wird zustimmen und ebenfalls sagen: "Jetzt!"

{image}Sind wir ehrlich: Besonders leicht haben es uns Nathan Gray und seine Musiker bisher auch nicht unbedingt gemacht. Die ersten Hörproben, mit weiblichen Vocals und Piano-Sounds, wirkten auf nicht wenige erst einmal irritierend, um es vorsichtig zu formulieren. Für die größte Aufmerksamkeit sorgten da noch die scheinbar endlosen Querelen um Ausstiege und Umbesetzungen. Hoffnung kam erst wieder nach ihrem ersten Europabesuch Anfang diesen Jahres auf, bei dem die Band auf der Bühne zu überzeugen wusste und weit mehr Zweifel ausräumen konnte, als mit ihren ersten Aufnahmen, die auf der Tour als EP verjubelt wurden. Schon als sich die Türen des Kellerklubs öffneten war erkennbar, was den Reiz dieses Abends ausmachen würde: Der Blick fiel auf die wenig erhöhte Bühne, deren Ausmaße kein Zurückweichen vor den Fans erlaubte, drumherum The Casting Out, die lieber mit ihren Fans rumlümmelten als sich backstage zurückzuziehen. Man kann nicht anders als sich, mit Blick auf die letzte Tour, zu wiederholen: Das wunderbar enge Verhältnis zwischen Band und Fans und die entsprechend familiäre Atmosphäre würden wieder als prägendste Eindrücke des Abends zurückbleiben.

{image}Der begann mit Red Tape Parade, die mit ihrem energiereichen Mix aus Hardcore und Punkelementen gleich so richtig durchstarteten. Für den ein oder anderen war das ein bisschen zu viel des Guten, genau wie auch für die Instrumente der Jungs. Doch offensichtlich sind die, als Stammsupport dieser Tour, mit The Casting Out, die sich den Gig im Publikum gaben, inzwischen richtig dick miteinander. Also half der Headliner des Abend aus, zuerst um die technischen Probleme zu in den Griff zu bekommen und dann auch noch musikalisch, indem Frontmann Nathan Gray den Gastsänger gab. Das scheint er nicht zum ersten Mal getan zu haben, jedenfalls kündigen Red Tape Parade schon stolz ein Nathan-Feature auf dem nächsten Album an.

{image}Nach kurzer Umbaupause ging es dann los. Keyboard stand keines mehr auf der Bühne. Nach Darby DiNatale, inzwischen zum Ehrenmitglied aufgestiegen, hat sich zwischenzeitlich auch deren Nachfolgerin an Tasten und Mikrofon, Dana DiLullo, aus der Band verabschiedet. Seitdem fehlen mit Keyboard und weiblicher Stimme zwei charakteristische Merkmale der EP. Allerdings wird ein Großteil der Hörer damit gut zurecht kommen und insgesamt die Freude über den rauer gewordenen Sound überwiegen. Schließlich kennt man Grays Stimme aus immernoch deutlich härterer Umgebung. Um das Thema Rückblick und Ausstiege zu beenden: Der wohlbekannte Josh Latshaw gehört nun ebenfalls zu den "honorary members". Damit sind auch die personellen Kontinuitäten zwischen Boysetsfire und The Casting Out auf ein Minimalmaß geschrumpft.

{image}Der Opener Liar gehörte zwar nicht zu den zuvor schon bekannten Sachen, die Uptempo-Nummer sorgte aber von Beginn an für gute Stimmung. Daran änderte sich für den Rest des Abends auch nichts mehr, im Gegenteil. Nathan ist zwar eigentlich nicht unbedingt dafür bekannt, zwischen den Stücken lange Reden zu halten, aber allein schon die räumliche Nähe – des Öfteren sang er auch inmitten des Publikums – legte eine rege Interaktion mit den Zuschauern nahe. Schuld daran waren auch Gestalten wie "Hulk Hogan", ein besonders engagierter Zuschauer, der sein T-Shirt gleich an der Garderobe abgegeben hatte und im Laufe des Abends zum Running Gag avancierte. So blieb die Show dann auch: Lustig, unterhaltsam und voll Harmonie zwischen Band und Publikum. Die schon bekannten Stücke, wie Last Novelty oder For Tonight, wurden eifrig gefeiert und die neuen – verdientermaßen – sehr positiv aufgenommen. Zum Abschluss durfte dann zu Alone und dem schon beinahe Klassiker Quixote's Last Ride noch einmal ordentlich mitgesungen werden.

{image}Einer der wenigen Kritikpunkte an diesem Abend war der nur mäßige Sound. Der Präsenz des wuchtigen Pat Cook, Nathans Angaben zu Folge mindestens 500 Pfund schwer, mit seinem Drumset reichte aus, um Großteile des kleinen Clubs zu füllen, sodass es den anderen Bandmitgliedern kaum gelang, dagegen anzukommen. Doch das machte aus gleich zwei Gründen nur wenig aus: Erstens störte es auch vor Ort kaum, perfekter Sound stand sicher nicht im Mittelpunkt des Interesses und ein direkt kommendes Schlagzeug hat schließlich auch seinen Reiz. Zweitens wurde den Konzertbesuchen die exklusive Möglichkeit geboten, sich die Sache noch einmal ganz in Ruhe und ohne derartigen Defizite zu Gemüte zu führen. Sie konnten nämlich schon vor dem eigentlichen Erscheinen das selbstproduzierte Debütalbum mit dem lebensbejahenden Titel Go Crazy! Throw Fireworks! erstehen. Sollte es tatsächlich noch nötig gewesen sein – so wäre das nun endgültig der Grund, die Vergangenheit mal hinter sich zu lassen.

Fotos von Red Tape Parade & The Casting Out

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Setlist The Casting Out, 7.10.08 Kellerklub Stuttgart

Liar (And the Award Goes To...) – For Tonight – Don't Forget To Breathe – Lullaby – I Feel Fine – Awkward As We Came – Walk Away – These Alterations – Your Last Novelty – May I Have This Dance?  – This Bar is a Shooting Gallery – Just Pretending – A Sort of Homecoming – Dial 9-1 ... And Wait – Alone – Quixote's Last Ride

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