Senore Matze Rossi (live im Sinkkasten Frankfurt, 2008)
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Senore Matze Rossi (live im Sinkkasten Frankfurt, 2008) Foto: Sylviane Elfner © regioactive.de

Eine traumhafte Location, eine Bühne überschaubarer Größe und ein grandioser Sänger, der nicht mehr benötigte als seine Stimme, seine Gitarre und seine Mundharmonika. Rocky Votolato braucht keine große Bühnenshow, keine aufwändige Bühnenausleuchtung, um sein Publikum in den Bann zu ziehen. Er begeisterte sein Frankfurter Publikum am letzten Sonntag mit einer grandiosen Einmannperformance, die trotz sehr angeschlagener Stimme selbst den männlichsten Zuschauer stellenweise zu Tränen rührte.

{image}Der ehemalige Waxwing-Sänger kam natürlich nicht ohne Unterstützung nach Deutschland. Als Support-Act wählte er den deutschen Singer-Songwriter Senore Matze Rossi. Der Schweinfurter ließ für diese Tour ebenfalls seine Band zu Hause und tat es dem Hauptact gleich: nur mit Gitarre und Mundharmonika bewaffnet, wusste er das Publikum mit gefühlvollen Balladen und temporeichen Pop-Songs zu begeistern. 45 Minuten lang gab Matze eine Bunte Mischung aus Songs seines neuen Albums (Und wie geht es deinen Dämonen, 2008), und seiner beiden vorhergehenden Platten zum Besten. Senore Matze Rossi versteht es, Liebeslieder zu schreiben, die einem unter die Haut gehen und noch an die wahre Liebe glauben lassen, ohne dass es kitschig oder realitätsfremd anmutet.

Der Mann mit über einem Jahrzehnt Bühnenerfahrung wirkt auf der Bühne wie ein verliebter Teenager, der mit Texten wie "weißt du noch, als ich so betrunken war und ich stotternd versuchte, zu erklär’n warum du Gold für mich bist" seiner ersten Liebe zaghaft beizubringen versucht, wie verliebt er doch ist. In Senore Matze Rossis Texten kann sich ein jeder Zuhörer wiedererkennen, der nicht komplett gefühlskalt ist. Und das macht ihn auch so sympathisch. Matze hielt vor, während und nach der Show den stetigen Kontakt zu seinem Publikum, scheute sich vor keiner Unterhaltung. Diese Nahbarkeit, gekoppelt mit seinem Talent, wird sicher einen Großteil des Publikums davon überzeugt haben, dass es sich durchaus lohnt, Senore Matze Rossi nicht nur im Auge zu behalten, sondern ihm einen festen Platz im Plattenregal sowie im Konzertkalender einzuräumen.

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Keine 10 Minuten später betrat ein kleiner Mann, ganz unscheinbar mit schwarzem Shirt und Jeans bekleidet, stillschweigend die leere Bühne. Wüsste man es nicht besser, hielte man ihn für einen Roadie, der mal eben noch die Gitarre stimmt und die Wasserflasche für den Hauptact drapiert. Kein Hallo, kein Schnickschnack. Schaut man jedoch genauer hin, stellt man fest, dass es Rocky Votolato selbst ist, der sich auf der Bühne häuslich einrichtet. Nachdem er seine Gitarre fertig gestimmt hatte, legte er seinen kleinen Notizblock, auf den er eben noch schnell die Setlist kritzelte, auf den Boden, begrüßte nun endlich knapp das Publikum mit einem freundlichen Lächeln und begann zu spielen. Sofort war das vorangegangene Tuscheln, Taschengeraschel und Gläserklirren im Saal erloschen.

Gebannt lauschten die Zuhörer dem hörbar angeschlagenen Männlein, wie er wunderschöne Songs wie Alabaster (Suicide Medicine, 2003) oder The city is calling zum Besten gab. Rocky Votolato begeisterte das wie gefesselt auf dem Boden sitzende Publikum circa eine Stunde lang mit vielen alten, und auch einem Haufen neuer Songs aus seinem 2007 erschienenen Album The Brag and Cuss. Während des gesamten Konzertes taute der zu Beginn eher verschwiegene Amerikaner immer mehr auf, und versuchte sich im Dialog mit dem Frankfurter Publikum. Er begeisterte durch unglaubliche Natürlichkeit und vermittelte deutlich seine Freude an der Musik. Ähnlich wie bei Senore Matze Rossi merkt man ihm seine jahrelange Erfahrung im Musikbusiness kaum an. Er wirkt sympathisch unvorbereitet, hat keinerlei Starallüren, ist ein Künstler zum Anfassen.

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Rocky Votolato überzeugt speziell bei den Zugaben. Er hatte sich in keinster Weise auf eine Zugabe vorbereitet, als ginge er davon aus, dass ohnehin keiner darum bitten würde. Als Zeichen seiner Dankbarkeit, so scheint es, ließ er das Publikum wählen, was es hören wollte. Nicht nur einmal, nein, nach jedem Lied spielte er das, was erneut am lautesten in den Saal gerufen wurde. Einzig und allein sehr laute Songs wie das grandiose Every Red Cent (Suicide Medicine) musste er aus gesundheitlichen Gründen ausschlagen. Er könne nicht allzu sehr schreien, da seine Stimme sonst komplett verloren ginge. Das Publikum verstand und verzieh, getröstet mit unglaublichen Stücken wie Montana, Suicide Medicine und Automatic Rifle, bei denen aufgrund herzzerreißender Texte kaum ein Auge trocken blieb.

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Im Anschluss an den Gig war Rocky bereit auf einen kleinen Plausch mit allen, die ihn ansprachen, Autogrammwünsche zu erfüllen oder Erinnerungsfotos zu machen. Der bodenständige gebürtige Texaner ist freundlich und offen, erklärt seinen Stimmverlust ehrlich und gleichzeitig erfrischend bubenhaft mit seinem erhöhten Zigaretten- und Bierkonsum während der Tour. Auch wenn in seinen Augen die Frankfurter außerordentlich "shy" waren, und er es eigentlich bevorzugt, wenn das Publikum weniger passiv auf dem Boden sitzt und "nur" lauscht: Rocky Votolato hat die sehr intensive und intime Show genauso genossen wie sein Publikum und freut sich mindestens genauso sehr wie alle Gäste im Sinkkasten auf seine nächste Deutschlandtour, auf die er hoffentlich nicht allzu lange warten lässt!

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