Max Raabe & Das Palastorchester (live 2008 in Mannheim)
Fotograf: Laura Schmitt

Max Raabe & Das Palastorchester (live 2008 in Mannheim) Fotograf: Laura Schmitt © regioactive.de

Er hat es geschafft: Max Raabe hat zusammen mit seinem Palastorchester einen ganzen Musikstil zurück in das Gedächtnis und auf die Bühnen gezaubert. Die alten Klassiker, etwa der Comedian Harmonists, hat er wiederbelebt und selbst in der legendären New Yorker Carnegie Hall durfte er schon aufspielen. Vor einem überwiegend älterem Publikum war es nun soweit: der Sound der 20er und 30er Jahre erklang im Mozartsaal des Rosengarten in Mannheim.

{image}In stilechtem Ambiente erschien Max Raabe nach 20 Uhr auf der Bühne, gekleidet im Frack mit Fliege und sich vor einem 20er-Jahre Mikrofon postierend. Sofort stand er im Spotlight. Aber natürlich kam er nicht alleine, denn das 12-köpfige Palastorchester, dessen Leiter und Mitbegründer er ist, stand ihm zur Seite. Doch diese Big Band ist alles andere als schlichtes Beiwerk: die 3 Bläser, 4 Saxophonisten, der Percussionist, der Tuba-/Kontrabassspieler, der Gitarrist, der Pianist und die Violinistin sind vom Fach, jeder dazu fähig, auch ein anderes Instrument oder seine Stimme angemessen vorzustellen, was in den zahlreichen Instrumentalsoli, die in jedem Lied Verwendung fanden, zum Ausdruck kommt. Die gesamte Aufstellung ist dabei das Kunstwerk. Max Raabe stellt sich nicht völlig in den Vordergrund. Bei jedem Solo verschwindet er im Schattenbereich der Bühne, aufgestützt auf den Flügel, und jeder einzelne Musiker des Palastorchesters wird im Laufe des Abends namentlich vorgestellt. Trotz dieser ausgezeichneten musikalischen Qualitäten, die es an diesem Abend zu erwarten galt, blieben im Publikum auf der Empore ein paar wenige Plätze frei.

{image}Eröffnet wurde das Konzert mit dem sinngebenden Motto des Abends: heute Nacht oder nie. Mit seiner hohen Bariton-Stimme lässt er jedes einzelne Lied in seinem typischen 20er-/30er-Jahre-Gewand erscheinen, und das tiefe rollende "R" gibt dem ganzen Auftritt die Authentizität. Ein weiteres wichtiges Showelement sind die Anekdoten des studierten Opernsängers, die er in dem ihm eigenen trockenen und sarkastischen Humor vor jedem Lied erzählt. Diese Art kommt bei den Zuschauern sehr gut an. Sie amüsieren sich und scheinen ihm jedes einzelne Wort von den Lippen aufzusaugen.

Der erste "echte" Hit-Klassiker des Abends wird mit Singin' in The Rain angestimmt, womit der Ausnahmekünstler seinen sowohl deutschen als auch englischen Texten gerecht wird. Auch im Weiteren sind die Themen der Lieder wie damals: unbeschwerte Songs über alltägliche Themen, meist über die Liebe – und wie man die Angebetete für sich gewinnt. Diese wird in den Texten sehr gerne namentlich erwähnt, ganz nach den romantischen Vorstellungen der Schreiber, und hat dann solche Namen wie Rosa oder etwa Veronika, wenn den "der Lenz" da ist, ein Original aus dem Jahre 1930.

{image}Selbst das Pfeifen beherrscht Raabe perfekt, hier bleibt kein Ton dem Zufall überlassen und auch die obligatorische Verbeugung nach jedem Lied ist eingeübt und stilecht vorgebracht. Mit fortschreitender Dauer wird die Intonierung ab und an lauter, etwa bei dem fast schon geschmetterten Wenn die Elizabeth, in dem die schönen Beine eben jener besungen werden. Ein anderes dieser belebenden Lieder, das mit hastigem Swing vorgetragene Wer weint heut’ aus Liebe Tränen?, bei dem neben Max Raabe noch drei seiner Mitmusikanten ans Mikrophon schreiten. Das volle Repertoire wird aufgefahren, wenn eher sinnfreie Stücke wie Du du dudl du von 1930 oder romantisches, unterstützt durch gleich 9 Streicher, mit Du bist nicht die Erste erklingt. Um 21.05 Uhr gab es für die begeisterten Zuhörer dann eine kleine Verschnaufpause von 20 Minuten, bevor es in neuem Outfit weiterging.

{image}Die Herren des Orchesters, vormals ganz in weiß, waren plötzlich in schwarz gehüllt, die Dame in ein rotes Abendkleid. Zu diesem Zeitpunkt machte sich der Orchesterleiter auf der Bühne rar. Zuerst erklang ein rein instrumentales Stück. Danach betrat der Meister wieder die oberste Bühnenstufe. Von oben singt er das nächste Lied und kommt dann langsamen Schrittes wieder nach unten. Auch während dieser ganzen Zeit bleibt der Humor nicht außen vor: Als der Perkussionist gleich zweimal am Glockenspiel ansetzt und ihm jedes Mal – im Takt der Musik – die Klangstäbe "versehentlich" zu Boden fallen (siehe Foto), johlt das Publikum. Selbst modernste Technik hält Einzug: wie aus dem Nichts schwebt plötzlich ein ferngesteuerter Zeppelin durch den Saal, ganz als wollte man an die "Hindenburg" erinnern.

{image}Schließlich beweist Max Raabe sogar, dass er auch anderen Fremdsprachen nicht abgeneigt ist, so z.B., indem er das spanische Duerme wiedergibt oder mit schmetterndem Swing Over My Shoulder singt. Die letzte komödiantische Einlage des Abends gab es, als bei Dort tanzt Lu-Lu ein Glockenspiel losbrach, zu dem jeder der 12 Musiker eine Glocke mit eigenem Ton zum Klingen brachte. Das Finale jedoch läutete – wie könnte es anders sein – Mein kleiner grüner Kaktus ein, der all-time-Klassiker von, den Comedian Harmonists, den herausragenden Stars dieser Musikgattung in den 30ern. Hier vergaßen sogar die zurückhaltenderen Gemüter alles und es wurde mitgeklatscht und mitgesungen, etwas, das in solchem Ambiente doch eigentlich eher selten anzutreffen ist. Doch das war noch nicht das engültige Ende des Konzerts, denn gleich mehrmals ging das gesamte Orchester von der Bühne, um nur wenig später unter gleisendem Applaus eine weitere Zugabe zu geben. Kurz vor halb 11 Uhr war es dann aber doch soweit: der Pianist spielte ein letztes Mal auf und alle übrigen Musiker hatten sich um das Mikrophon versammelt, um schmachtend Auf Wiedersehen, Baby zu sagen.

Prädikat: absolut Sehens- und Hörenswert!

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