The Raconteurs

The Raconteurs © Beggars Group

Die Bandmitglieder der Raconteurs kennt man von verschiedenen anderen Projekten: The Greenhornes und The White Stripes fallen einem bei Namen wie Jack White und Patrick Keeler sofort ein. Auch von Brendan Bensons Soloaktivitäten könnte der geneigte Musikfan schon gehört haben. Für The Raconteurs haben sich die vier Musiker 2006 zusammengetan und nun vor kurzem ihr zweites Album "Consolers of the lonely" veröffentlicht. Damit sind sie auf großer Welttournee und machten auch im Berliner Club Huxleys Neue Welt Halt.

{image}Die Musik der White Stripes um das Bruder-Schwester-Paar Jack White und Meg White hat man in den letzten Wochen überraschend häufig während der Fußball-Europameisterschaft in der Schweiz und Österreich in Form der Stadion-Einlaufmusik vor den Spielen im Fernsehen gehört. Sie selbst sind jedoch nicht auf der Mattscheibe zu sehen gewesen. Dafür geht es Meg White nach ihren Panikanfällen gesundheitlich leider zu schlecht, und auch wenn sie zurzeit auf dem Weg der Besserung ist, hat ihr Bruder kürzlich betont, dass er notfalls das Touren mit diesem Familienprojekt aufgeben würde. Denn Touren kann er da ja auch noch mit seiner Zweitband namens The Raconteurs oder The Saboteurs, wie sie sich wegen einer gleich betitelten Band auf diesem entfernten Kontinent nennen. In Deutschland macht sich die Gruppe allerdings rar. So ist der Gig an diesem Abend in dem Berliner Club Huxleys gleichzeitig auch das bisher exklusiv bestätigte Deutschland-Konzert in diesem Jahr.

The Raconteurs ist allerdings nicht nur Jack White allein, sondern 3 weitere Musiker schließen sich ihm an, die allesamt entweder selber schon in einer eigenen Band spielen oder normalerweise solo unterwegs sind. Bassist Jack Lawrence und Schlagzeuger Patrick Keeler kommen von The Greenhornes. Und der Gitarrist und Sänger Brendan Benson reist seit Jahren allein durch die Clubs der Republiken. Außerdem steht in Berlin noch ein Keyboarder, der gleichzeitig auch Geige spielt, auf der Bühne. 2006 gegründet, haben sie in dieser Formation nun schon zwei Alben namens Broken Boy Soldiers und Consolers of the lonely veröffentlicht. Ersteres Album durfte sich sogar mit 2 Grammy-Nominierungen schmücken.

Der Sound fügt dabei die verschiedenen von den Bandmitgliedern bevorzugten Musikrichtungen zu einem homogenen Ganzen zusammen, welches schlicht als Bluesrock bezeichnet werden kann. Die Musik enthält so, neben Whites Liebe zum Blues der 20er Jahre und dem Rock'n’Roll der 70er Jahre, auch die Vorliebe Brendan Bensons zum gewöhnlichen Indierock. Allerdings spielt besonders das Bluesige hierbei eine wichtige Rolle. Das erkennt man schon an den Klamotten der Roadies, die alle einheitlich fein eingekleidet und in Blues-Manier einen schwarzen Hut, ein schwarzes Hemd mit Schlips und grau-schwarze Hosen tragen. Und so werden dann von der Band während dem genannten Konzert, vor und nach einem gespielten Song, immer mal wieder einige kleinere oder größere Bluesjamsessions eingelegt. Das ist besonders im letzten Song vor der Zugabe Hands zu spüren. Hier geht der zunächst rar instrumentierte Bluessound von einer immer stärker dominierenden Gitarre schließlich übergangslos in denselben Song ein, um am Ende wieder in der tragenden, gitarrenzirpenden Bluesmusik zu enden.

{image}Die Bühne ist von zwei großen, aus Schlössern bekannten, riesigen Vorhängen umrahmt, die seitlich über dem Schlagzeug hängen. In der Mitte und auf der Höhe dieser Vorhänge ist ein Emblem zu erkennen, in welchem groß der Buchstabe R als Initial für die Band The Raconteurs eingraviert ist und dem Konzert eine Würde und Atmosphäre verleiht, die besonders auch von den in unterschiedlichen Farblichtern beschienenen, kahlen Baumästen im Hintergrund erzeugt wird. So gibt das weiß scheinende Licht bei You don’t understand me dem Zuschauer das Gefühl, dass er den Piano-Klängen Whites gerade im Vollmondlicht, unter Baumwipfeln sitzend, lauscht. Und wenn diese später wiederum in orange-rötlichem Schimmer erscheinen, könnte man dies auch gut mit einem  Sonnenuntergang oder Sonnenaufgang assoziieren.

Die stetige und agile Präsenz der beiden Sänger, die mit dem immer wiederkehrenden Wechsel zwischen der etwas gequält-verzweifelt klingenden Stimme Jack Whites und dem eher lässigen Gesang Brendan Bensons Abwechslung in den Verlauf der Songs bringen, bannt den Blick des Besuchers auf die Bühne. Wenn Benson singt oder melodische Gitarrenriffs erzeugt, schaut White immer wieder mit entschlossenem Blick seinem Gesangskollegen auf die Finger, als ob er dies nochmal toppen möchte. Ähnlich verläuft es umgekehrt. So schlägt die Inspiration des einen Sängers in Kreativität des anderen Musikers um. Besonders wenn sie sich während eines Songs mit ihren Gitarrenriffs zu ergänzen versuchen, spürt man ihre freundschaftliche Verbundenheit und die gemeinsame Freude an der Musik. Sie stehen dann Körper an Körper gedrängt, blicken auf die Finger des Anderen und geben sich gegenseitig enthusiastisch Anweisungen wie sein Gegenüber nun am besten seine Gitarrenmelodie spielen soll. Wenn das Gitarrenriff dann gut klingt, rempeln sie sich neckisch an und aus Whites Gesicht kann man dann eine schelmische, in die Musik versunkene, Fröhlichkeit herauslesen, die man in dieser Natürlichkeit besonders bei Kleinkindern beobachten kann. Aber auch gestisch vermag er seiner ganzen Emotion und seiner Leidenschaft zur Musik Ausdruck zu verleihen. So steht er dort teilweise mit geschlossenen Augen vor dem Mikrofon, lässt seine willensstark erklingende Stimme ertönen und unterlegt diesen akustischen Höreindruck mit Bewegungen, die seine Aussagen noch einmal betonen sollen. So singt er zum Beispiel in dem Song Rich Kid Blues teilweise mit erhobenem Zeigefinger, wie es bekanntlich auch der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki in seiner ganzen Emotionalität bei Lesungen oder Moderationen gelegentlich tut. Beim Hit Steady as she goes bezieht er schließlich auch das Publikum in die Show ein, die schon davor vom Hüpfen, Springen und Tanzen nicht genug bekommen hatten. So sollen die Zuschauer auf den Refrain mit den Worten "Are you steady now?" antworten und kurze Zeit später ist der ganze Saal von der Melodie dieser Frage erfüllt, der Boden unter den Füßen der Zuschauer wippt noch stärker als zuvor.

Diese Sportart mit Namen Musiktanzen zehrt natürlich an den Kräften und so sind viele Besucher froh, dass Brendan Benson des Öfteren seine Wasserflasche öffnet, um den Inhalt mit einer schwingenden Bewegung über den Köpfen der Zuschauer zu entleeren. Und wenn er gerade beschäftigt ist, dann gibt es auch noch die Securities, die den Fans in den ersten Reihen immer mal wieder Wasserbecher reichen. Diese sind darüber natürlich sehr erfreut und danken dies der Band mit schunkelnden Armbewegungen und dem Hochhalten einzelner Feuerzeuge beim atmosphärischen und melodischen Song Many shades of black, welcher zugleich auch die erste von drei Zugaben darstellt. So folgt dann noch die mit Gitarrenriffs reichlich versehrte, vorantreibende, neue Single Salute your solution, bevor die Band mit Carolina Drama das Konzert beendet und damit gleichermaßen nochmal einen emotional ergreifenden Moment schafft. Denn hier tritt Jack White von seinem Mikrofon weg, macht einen Schritt zum Bühnenrand und singt ohne jegliche Hilfsmittel die letzen Textzeilen nur noch mit der Kraft seiner Stimmbänder. Dies verleitet dann auch die Zuschauer dazu, ihre Stimmen zu erheben, so dass sich aus der Masse der Leute innerhalb weniger Sekunden ein riesiger Chor bildet, der mit einem "Lalala" in den Gesang Jack Whites einstimmt und mit den Zeilen "If you must know the truth about the tale, go and ask the milkman" schließlich verstummt.

Die Gruppe ist über das Gesangspotential sichtlich entzückt, verbeugt sich mehrmals und bevor sie allesamt die Bühne verlassen, sucht Brendan Benson dann noch lieber kurz die Nähe zu den begeisterten und jubelnden Fans. Er will anscheinend noch ein bisschen länger an diesem Ort verweilen. Schließlich war dies das einzige Deutschland-Konzert von The Raconteurs in diesem Jahr. Das wird sich aber hoffentlich bald ändern. Am besten doch noch in diesem Jahr. Wünschenswert wäre es auf jeden Fall.

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