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Beck

Beck gilt als einer der innovativsten Musiker der 90er Jahre. Ob Folk, Soul, Funk, HipHop, Elektronik oder Rock: In seiner Musik verbindet er alle Musikrichtungen zu einem neuen, seinem Stil. Sein neues Album "Modern Guilt" konzentriert sich aber wieder mehr aufs Wesentliche: zehn Tracks mit allerfeinsten Retro-Beats und einem britischen Vibe. Angesichts neuer Songs und seiner Vielseitigkeit durfte man gespannt sein, wie sich Beck bei seiner exklusiven Deutschlandshow in der Columbiahalle präsentieren würde.

{image}Im Laufe seiner Karriere hat Beck schon eine Vielzahl von Alben veröffentlicht, die sich in einer ganz bestimmten Weise ähneln. Im Gegensatz zu vielen anderen Künstlern, die ihren Sound während ihres langen Musikschaffens kaum verändern und von den Musikkritikern immer in dasgleiche Genre verortet werden können, ist dies bei Beck nämlich anders. Er erfindet sich praktisch von Album zu Album immer wieder neu. Man könnte auch sagen: Er möchte sich immer weiterentwickeln. Jeder Longplayer hört sich anders an. Ob Folk, HipHop, Rock, Country, Soul, Funk oder elektronische Beatmusik, jedes Album ist von einer dieser Stile mehr oder weniger beeinflusst. Diese Vielseitigkeit und die Neugier auf all diese Musiksparten konnte man schon in seiner Jugendzeit miterleben. So verschlang Beck schon im zarten Alter von 14 Jahren Unmengen von Büchern und bildete sich musikalisch mit alten Blues-, Folk- und Countryplatten weiter, die er sich auf Flohmärkten kaufte. Künstler wie Woody Guthrie, der schon Bob Dylans Vorbild gewesen war, Leadbelly oder John Hurt beeinflussten ihn. Aber auch der HipHop und die lateinamerikanische Musik in seiner Heimatstadt Los Angeles, in der er am 8. Juli 1970 als Sohn des Dirigenten Bibbie Hansen und der Künstlerin Bibbe Hansen geboren wurde, inspirierten ihn und seine später entwickelte Musik ebenso, wie seine Treffen mit seinem in Köln lebenden Großvater und Fluxus-Künstler Al Hansen. Schließlich lebte er seine Musikleidenschaft als Straßenmusiker sowie in der seit kürzlich auch in Deutschland aufkeimenden Poetry-Slam-Szene aus. 1989 zog er nach New York, um sich der Anti-Folk-Szene anzuschließen, was aber misslang. So kehrte er ein Jahr später wieder nach Los Angeles zurück, wo er sich seine intensiven Musikstudien durch eine Vielzahl von Gelegenheitsjobs finanzierte.

{image}1993 schafft er den Durchbruch mit der Single Loser, die schließlich auch auf dem Album Mellow Gold veröffentlicht wurde. Ein eingängiger Song, der sich in HipHop-Rhythmen und Sprechgesang versinkend, ganz zum Unwillen Becks, zu einer Hymne der damaligen Slacker-Bewegung machte. 1995 folgte dann das weniger erfolgreiche Album One foot on the grave, bevor sich mit dem elektronischen Sound vom vielfach ausgezeichneten Longplayer Odelay wieder der Erfolg einstellte. Mit dem von Blues und Folk inspirierten Album Mutations vollzog Beck 1998 dann einen Stilwechsel. Das von Soul und Funk beeinflusste Album Midnight Vultures folgte, bevor 2002 mit dem von Streicherarrangements durchsetzten Sea Change ein Album in den Startlöchern stand, welches eher dem Country ein Ständchen spielte. Mit dem 2005 erscheinenden Guero kehrte er zu der elektronischen Beatmusik zurück. Ein halbes Jahr später folgte der Remix Guerolito. Auch das im Jahr 2006 erschienene Album The information setzte auf Samples. Aufmerksamkeit bekam er hier auch durch seine Ankündigung, zu allen auf diesem Longplayer vorhandenen Songs ein Video zu drehen. Mit dem am 7. Juli 2008 neu erscheinenden Album Modern Guilt wird er nun schon wieder einen neuen Weg einschlagen. Diesmal den der psychedelischen Sixties-Musik.

{image}Passend dazu hat sich Beck an diesem Abend in Berlin seine Haare länger wachsen lassen. Der Jeansträger steht da mit seinen schulterlangen Haaren, ein schwarz-weißes Hemd und eine rote Sonnenbrille tragend, sehr lässig und ein wenig auf Coolness getrimmt, auf der Bühne. Erst bei der Zugabe wird er diese Sonnenbrille abnehmen und mit seichtem Lächeln ins Publikum blicken. Ein kleines Zeichen der Kommunikation mit dem Publikum ist das, welches bei dieser Veranstaltung jedoch leider eine Seltenheit bleiben wird. Dementsprechend verdeckt die Sonnenbrille wenig später auch wieder seine Augen. So kommuniziert der schlaksige Künstler mit dem Publikum höchstens, wenn er sich artig für den Applaus bedankt. Und auch von seinen, durch andere Berichte bekannte, anscheinend oft energiegeladenen Auftritten ist an diesem Abend eher wenig zu spüren. Stattdessen bleibt er lieber steif wie eine Marionette an seinem Mikrofon stehen und tut nur das Nötigste, was man für die Performance der eigenen Musik braucht: Den Mund zum Singen und die Finger zum Zupfen der Gitarrensaiten zu bewegen. Er wirkt etwas unmotiviert und spielt seine Songs aus seinem reihhaltigen Repertoire schnell herunter. Zwischendurch läuft er etwas zerstreut über die Bühne, redet kurz mit seinen Roadies. Als diese ihm an der Gitarre behilflich sein wollen, winkt er mit einer Geste ab, als wären ihm Veränderungen an seiner Gitarre doch egal. Der Zuschauer merkt, dass heute irgendetwas nicht stimmt. Schon die Umbaupause zwischen der Vorband und seinem Auftritt hatte ungewöhnlich lange gedauert. Fast eine Stunde mussten Zuschauer und Fotografen auf den Musiker warten. Die Roadies versuchten mit tausendmaligen Stimmen der Gitarren keine Unruhe aufkommen zu lassen. Und als er dann auf der Bühne steht, hat man größtenteils den Eindruck, dass er nur gezwungenermaßen gekommen ist. Später wird das Gerücht umgehen, dass er sich im Vorfeld verletzt hatte oder krank ist und sich darum nicht bewegt. Oder möchte er gerade lieber bei seiner Familie sein, die offenbar mit ihm den Tourbus nach Europa bestiegen hat. Zumindest stehen während des Auftritts zwei junge Frauen fast ununterbrochen mit zwei Kleinkindern, die riesige Ohrschützer tragen, im Fotograben und lenken den Blick der durch die vielen Zuschauern sichtlich etwas überwältig dreinschauenden Kinder immer wieder zu dem Sänger. Es sind wohl seine Kinder. Vielleicht ist das aber auch einfach nur eine moralische Unterstützung für einen Beck, der einfach einen etwas schwächeren Tag erwischt hat.

{image}Musikalisch bleibt Beck den Zuschauern aber dennoch nichts schuldig. Dabei überzeugen besonders die Klassiker, aber auch neue Songs wie Orphans und Gamma Rey sind in der Setlist vertreten. So beginnt Beck seinen Auftritt mit dem tanzbaren Stück Devils haircut von Odelay, um wenig später die Zuschauer mit dem von Sprechgesang und HipHop-Rhythmen durchsetzten Loser in Stimmung zu bringen. Applaus bekommen auch immer wieder die kleinen Sample-Einlagen des DJs zwischen und innerhalb der Songs. Hier kann man dann, bei dem sonst eher steifen Auftreten Becks und seiner Mitmusiker, ein wenig Freude am Spielen erkennen. Schließlich bringt dann der zum Klatschen verleitende und funkige Song Where it's at sowie das mit Samples unterlegte E-Pro die Massen zum Tanzen. Vor allem beim Schlusssong E-Pro kommt nochmal Stimmung auf und ein melodisches "Na Na Na" dringt aus den Kehlen vieler Zuschauer. Das verleitet Beck dann doch einmal dazu, sein während des Konzerts ansonsten eher ernstes Gesicht zu einem leichten Lächeln zu bringen, um sich dann mit einem Dank an die Zuschauer nach gut 90 Minuten von der Bühne zu verabschieden.

So bleibt festzuhalten, dass Beck weiterhin der großartige und innovative Musiker mit tollen Songs ist, dessen Innovation bei diesem Konzert jedoch eher im Dunkeln verborgen blieb. Die Gründe für seine Lustlosigkeit kann man nur vermuten, auch ob er wirklich verletzt oder krank war. Auf jeden Fall hatte er einen etwas schlechteren Tag erwischt. Das traf nun leider auf das einzige Deutschlandkonzert in diesem Jahr zu. Er kann es besser. Das hat er schon oft bewiesen. Hoffen wir deshalb, dass Beck bald wieder nach Deutschland zurückkehren und die Zuschauer von seinen schon so oft bewiesenen Live-Qualitäten überzeugen wird.

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