Southside 2008: Fans, Drumherum, Atmosphäre
Foto: Marcel Benoit

Southside 2008: Fans, Drumherum, Atmosphäre Foto: Marcel Benoit © regioactive.de

Nachdem der Freitag schon einige Top-Bands im Gepäck hatte, sollte der Samstag nicht mit guten Livebands geizen. Trotz Headlinern wie Beatsteaks oder The Chemical Brothers war das restliche Programm nicht zu verachten.

{image}Bei brennender Hitze gab es jedoch nur wenige, die es gleich um 12.00 Uhr auf das Festivalgelände schafften. Viele genossen den Schatten, den die Pavillons spendeten. Der frühe Nachmittag war zeitlich sehr gut geregelt, so dass man ohne Probleme zwischen der Green und der Blue Stage wechseln konnte, ohne viel zu verpassen. Opfer musste man nur bringen, wenn man die Red Stage in der Planung hatte. Los ging es auf der Green Stage mit The Flyer, die Newcomergewinner der Schwäbischen Zeitung, die in 20 Minuten zeigen konnten, was sie drauf haben. Punkrock bei dieser Hitze? Nur wenige sahen das als nötig und dementsprechend wenige kamen zu dem Auftritt der vier Jungs aus Wangen. Danach waren auf der Blue Stage Shy Guy At The Show auf der Bühne. Die fünf Jungs aus dem Raum Karlsruhe, die Werbung für ihr neues Album elliptic machten, spielten anfangs hauptsächlich vor ihren mitgereisten Fans und nur wenige neugierige Besucher waren zu sehen. Nach dem Konzert hatte sich die Band unter die Menge gemischt und plauderte mit ihren Fans und mit denen, die es jetzt bestimmt geworden sind.

Dann ein Wechsel auf die Hauptbühne, bei der Jaguar Love zum Tanzen aufriefen. Das Trio, das als Support von Queens Of The Stone Age auf Tour war, machte mit seinem Indie-Rock die richtige Stimmung, um es bei der Hitze auszuhalten. Nicht zu laut und nicht zu leise, mehr Rock als Indie. Die richtige Mischung, die dem Publikum, das Jaguar Love kaum kannte, gefallen hat.

{image}Jetzt kamen immer mehr vor die Bühnen. Genauer gesagt kamen viele vor die Blue Stage, denn da spielte jetzt Jennifer Rostock aus Berlin. Mit der frechen Göre, durch die die Band auch bekannt wurde, hatten sie plötzlich – wie aus dem Nichts – ein riesen Publikum mit einigen tausend Zuschauern gezaubert. Sehr aufreizende Gesten gab Sängerin Jennifer Weist (nicht Rostock!) zum Besten, die die Frage "und warum Rostock?" nicht mehr beantwortet. Sie machte auch die Jungs verrückt. Nun konnte der Festival-Tag richtig anfangen, denn das Publikum war endich vollzählig da. Das nahmen Shantel & Bucovina Club Orkestra dankend an und machten mit ihrem ungewöhlichen Sound eine irre Stimmung, die nicht mehr zu bremsen war. Bis zu achttausend Menschen waren dort und der Großteil hüpfte im Takt mit. Währendessen machten sich Enter Shikari für ihren Southside-Auftritt bereit, wobei sie sich erst auf der Bühne dehnten und akrobatisch auf Boxen und ähnliches kletterten. Eine Liveband, die auch in das Genre Nintendo-Core einzuordnen ist und sich defenitiv viel bewegt. Zum Beispiel hielt sich der Schlagzeuger Rob nur zu den Zeiten am Schlagzeug auf, bei denen er spielen musste. Sobald er eine Pause von zehn Sekunden hatte rannte er über die Bühne oder war am, im oder auf dem Publikum. Mit dem Song Sorry you're not a winner riefen sie zum größten Circlepit auf, der auch so gut wie das ganze Publikum in der ersten Sperrzone beinhaltete.

{image}Als "Pur für Alkoholiker" seien sie einmal beschimpft worden, plauderte Kettcar-Sänger Marcus Wiebusch aus dem Nähkästchen. Und extrem langweilig seien sie auch, da lege er Wert drauf, das sollen wir allen erzählen. Ein Bitte, der an dieser Stelle leider nicht nachgekommen werden wird: In einer hervorragenden Mischung aus älteren Glanzstücken und neuen Perlen ihres kürzlich erschienenen dritten Albums Sylt jagten sie einen Schauer nach dem anderen über die Rücken ihrer Fans. Auf der Blue Stage trieben im Anschluss Rodrigo y Gabriela eine ganze Generation von ambitionierten Gitarristen in eine tiefe Sinnkrise. Lediglich mit zwei Konzertgitarren bewaffnet, ließ das mexikanische Duo einen melodisch-perkussiven Platzregen auf die Häupter herniederprasseln. Neben typisch lateinamerikanischer Gitarrenmusik waren auch hochkomplexe Interpretationen von Metallica-Stücken und eine atemberaubende Version von Stairway to Heaven zu hören.

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{image}Nebenan gaben sich Tocotronic die Ehre, vielleicht nicht mehr ganz so wild wie "damals" in den 90ern, aber durchaus nicht eingerostet und immer noch mit einer gehörigen Portion Frische im Gepäck. Dann war Patrice auf der Blue Stage an der Reihe. Neben seinen sozial und politisch kritischen aber auch sommerlichen Songs beeindruckte er auch durch improvisierte Zwischenspiele der Band. Auch er machte Werbung für sein neues Album Free Patri-Ation und für die Aktion "Viva Con Agua", bei der die Pfandbecher für ein Wasserhilfsprojekt gespendet werden konnten. Zeitgleich zu Patrice gaben The Notwist eines ihrer wenigen Konzerte in diesem Jahr auf der Red Stage im Zelt, welches sich einmal mehr als viel zu winzig erwies. Bei zusehends dickflüssiger werdender Luft mussten sie auch noch gegen den von der Hauptbühne heranbrandenen Lärm anspielen. Trotz aller Widrigkeiten ein hervorragender Auftritt, der nicht nur den eingefleischteren Bewunderern das Herz aufgehen ließ.

{image}Auf der Green Stage war derweil erstmal Schluß mit lustig: Als wahres Schwergewicht traten Monster Magnet auf die Bühne. Ein inzwischen recht gut im Futter stehender Dave Wyndorf grub sich mit seiner ausdrucksstarken Brachialstimme tief in die Gehörgänge und die schweren Riffs legten sich wohltuend in die Magengruben. Und spätestens bei Space Lord wurde auch der letzte Bewegungsmuffel aus der Reserve gelockt. Jetzt ging es auf der Blue Stage richtig ab. Deichkind war zum Rocken da. Verrückter Auftritt mit Müllsack-Outfit, zwei Trampolinen und Schnaps für einige, die es in die erste Reihe geschafft hatten. Extrem viele Zuschauer waren zugegen und man hörte beim dritten gespielten Lied kaum etwas von der Band. Lauthals wurde der Text zu Remmidemmi von der Menge gegröhlt und betanzt. Die Stimmung kochte, so dass sie den Song als letzte Zugabe vom Publikum nochmal singen ließen.

{image}Auf der Haupbühne war zeitgleich NOFX in bekannter lustiger Manier. Zuerst wurde der Sänger der Beatsteaks aufgezogen, welcher just zu dieser Zeit Bungee sprang, bekam sein Fett weg und einer der mitten im Publikum stand und bei kompletter Dunkelheit seine Sonnenbrille trug, wurde als "fuckin' poser" dargestellt. Zudem gab es natürlich auch Punkrock vom Feinsten, unter anderem auch Songs, die die Band eigentlich gar nicht mag, das deutsche Publikum jedoch liebt. Zum Beispiel könne die Band den Song Don't call me white überhaupt nicht mehr leiden, die Southside-Fans aber liebten dieses Lied. Die Beatsteaks durften sich bequem als Headliner des Abends fühlen, was sie auch sichtlich genossen. Wie immer bester Laune, fuhr Sänger Arnim Teutoburg-Weiß gemeinsam mit seiner Band das altbewährte Partykonzept. Zwischen ihren zahlreichen Hits ließ er sich zu allerlei Blödeleien hinreißen. Der Versuch, gemeinsam mit dem Publikum Kontakt zu Jan Delay aufzunehmen, der gerade nebenan auf der Blue Stage zugange war, scheiterte allerdings. "Auf diese Hip-Hopper ist einfach kein Verlaß!" lautete der Kommentar dazu. Ein paar angerissene Coverversionen trugen weiter zum Spaßprogramm bei, wobei natürlich alle eigenen Hitsingles auf keinen Fall fehlen durften.

Als Abschluss eines langen Samstags pressten schließlich die Chemical Brothers noch den letzten Saft aus der geschundenen Meute. Mit einer bemerkenswerten Lightshow ließen sie noch einmal für gute eineinhalb Stunden ihre Tiefbässe auf das Volk einwirken. Während zunächst vor allem neuere Tunes zu hören waren, wurden die Fans der ersten Stunde zumindest ganz zum Schluß noch mit ein paar Samples aus Exit Planet Dust und schließlich den Block Rockin Beats bedacht.

 

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