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Gregor Meyle (live in Mannheim, 2008) © Sylviane Elfner

"Ach, der Stefan Raab-Typ?" lautet die Frage, die einem fast jedes Mal gestellt wird, wenn man erwähnt, dass man Gregor Meyle hört und die Absicht hat, eines seiner Konzerte zu besuchen. "Ja, der Stefan Raab-Typ". Genauer: Der Vize der Raab'schen Castingshow SSDSDSSWEMUGABRTLAD. Gregor Meyle war jener Kandidat, der von seinem allerersten Auftritt in der Castingbox bis zum großen Finale mit seinen eigenen gefühlvollen Songs begeistern konnte.

Warum Gregor Meyle nur Zweiter wurde ist bis heute unklar, so knapp war das Finale. Macht aber eigentlich nichts: Die eigene Platte ist draußen, der Erfolg unübersehbar und auf seiner allerersten Tour machte der Schwabe auch nicht vor der Kurpfalz-Metropole Mannheim Halt. Ein leider nicht ausverkauftes, aber doch sehr gut gefülltes, klassisch bestuhltes Capitol erwartete den 29-Jährigen an jenem schwülen Sonntag Abend.

Als Gregor Meyle und seine fünfköpfige Band die Bühne betraten, wurden sie von einem Publikum erwartet, das außer sich vor Freude war. Man spürte völlig, wie gespannt jeder Gast war, nun endlich einmal live und hautnah erleben zu dürfen, was das neu entdeckte Talent auf der Bühne wirklich zu bieten hat. Was dieser Mann zu leisten vermochte, war tatsächlich enorm.

Eine unglaubliche Professionalität und Spielfreude waren vom ersten Takt an zu spüren. War man vorher noch angespannt, ob der "schüchterne Bub" sich beweisen könne, so wusste man spätestens nach dem ersten Song, dass dieser Mann für die Bühne geboren ist und derzeit zu Recht den verdienten Erfolg einheimst. Stille Wasser sind eben doch weitaus tiefer, als man oft zu glauben vermag.

Gregor Meyle schaffte an jenem Abend, was sogar manchen Weltstars schwer fällt: bereits beim zweiten Song Irgendwann (Album: So soll es sein, 2008) war auch der Letzte aus seinem Stuhl gesprungen und tanzte, was die Beine hergaben, was sich im Verlauf des weiteren Konzertes auch höchstens bei gefühlvollen Balladen wie So soll es sein oder Kannst du mich verstehn änderte. Viele Zuhörer mussten sich an diesen Stellen einen Moment setzen und es schien, als versuchten sie, die Tränen der Rührung zurückzuhalten. Gregor Meyle schafft es beinahe wie kein Zweiter, seine Songs so authentisch rüberzubringen, dass man als Zuhörer vom Herzschmerz förmlich angesteckt wird.

Dafür, dass die Tränen nicht im Übermaß flossen, sorgte aber eine wunderbar ausgearbeitete Setlist, die eine grandiose Abwechslung zwischen ruhigen und tanzbaren Songs bot. Das möglicherweise größte Talent, das Deutschland seit Beginn des Castingwahns zu bieten hat, spielte an jenem Abend nicht nur alle Songs seines komplett selbst geschriebenen Albums, darunter der Finaltitel Niemand, sondern begeisterte auch mit sehr vielversprechenden neuen Nummern, die sehnsüchtig auf ein zweites Album hoffen lassen.

Alles in Allem war dieses Konzert eines der besten, dem die Autorin in den letzten paar Jahren beiwohnen durfte, und steht damit sicher nicht alleine. Es war eine Show, in der Rock’n’Roll, Gefühl und auch Humor ganz großgeschrieben wurden. Schwäbische Mundart oder auch ein spontaner Bühnenbesuch des lustigen Inders aus Meyles engstem Freundeskreis sowie amüsante Überbrückungsversuche peinlich langer Gitarrenstimmpausen, sorgten für eine angenehm heitere Stimmung im Saal.

Nach einem solchen Abend kann man nur die Städte bemitleiden, in denen Gregor Meyle im Vorfeld zwei Konzerte aufgrund zu wenig verkaufter Karten absagte: Ihr habt ordentlich was verpasst!

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