iLiKETRAiNS (Brotfabrik, Frankfurt, 2008).
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iLiKETRAiNS (Brotfabrik, Frankfurt, 2008). Foto: Anne-Laure Fontaine-Kuhn © regioactive.de

Zwei Bands, zwei Headliner. Das war das angekündigte Programm in der Frankfurter Brotfabrik. Die beiden Bands nutzten ihre Sets ganz unterschiedlich, doch sie konnten das Publikum jeweils auf ihre Art begeistern: iLIKETRAINS huldigen live einer durchgängig federleichten Melancholie und notieren ihre Setlist auf ziemlich ausgefallenen Utensilien. Get Well Soon variieren vom Rocker bis zum Schwermut und brillieren im Kampf mit der Technik.

{image}Erinnert sich noch wer an den Film "Happiness" (1998, IMDB) von Todd Solondz? Diese kaputte, einerseits todtraurig gestimmte Geschichte, die andererseits aber immer mit einem seltsamen, schwarzen und teils kranken Humor für kleine Momente in das Gegenteil verkehrt wird, ohne jemals die bedrückende Grundstimmung zu verlassen? Ebenso wirken iLIKETRAINS aus Leeds live durch ihre Musik. Da ist zum einen der Sänger, dessen stimmliche Tiefe sich – wenn auch nicht unbedingt vollkommen vergleichbar – zwischen Andrew Eldritch (Sisters of Mercy) und Carl McCoy (Fields of the Nephilim) bewegt und sich eindringlich brummend mitten in die Songs legt. Da sind zum anderen die Texte, die von tragischen Ereignissen, gescheiterten Menschen und schlimmen Zeiten erzählen (z.B. dem "Großen Feuer von London" u.v.m.). Sie werden durch entsprechende Leinwandprojektionen passend illustriert (Feuer, Namen, Gesichter). Und dann ist da auch noch die Musik: Ein wummernd tiefer Bass wabert in tiefsten Frequenzen neben dem dezent spartanischen, aber sehr kraftvollen Schlagzeug, die Rhythmus-Gitarre bäumt sich zur Wand auf, die Lead-Gitarre klirrt darüber hinweg und ab und an durchschallt eine trötende Trompete diese Dichte, die sich immer wieder in ruhige, eindringliche Momente auflöst.

iLIKETRAINS, die auf der Bühne in weiße Hemden mit schwarzen Krawatten und schwarze Hosen gekleidet sind, tragen zudem alle einen Trauerflor an ihrem linken Oberarm.

{image}Doch wie "Happiness" durchbricht auch diese Band das tiefe Tal der Traurigkeit. Musikalisch vor allem durch die hohen Einwürfe der Gitarren und Trompete, welche die Songs wie ein Sog ein wenig nach oben ziehen, was die melancholisch traurige Grundtimmung betrifft. Aber die Musiker schaffen den Bruch auch durch ihre Persönlichkeit, die – möglicherweise manchmal auch unfreiwillig – anhand einiger kleiner Pannen an diesem Abend offensichtlich wird: Den Verstärker-Ausfall und Neubeginn des Sets gleich beim ersten Song überspielen sie mit Lässigkeit und Charme, sind beim zweiten Anlauf gleich wieder voll da. Und als der Gitarrist und Sänger David Martin mitten im Set plötzlich den falschen Song anschlägt, weiß er sich überzeugend zu entschuldigen: "I have to explain this one. My setlist is written on a piece of bread and I started the wrong song". In der Tat steht die Setlist des Abends auf einem trockenen Brötchen (wohlgemerkt: in der Brotfabrik), das er zum Beweis noch in die Luft hält. Als iLIKETRAINS nach einer Stunde ihr Programm beenden, werden sie zu Recht mit tosendem Applaus verabschiedet. Wer hätte gedacht, dass Post-Gothic, Post Dark Wave, oder wie immer man das Genre der Band bezeichnen will, soviel Spaß machen kann?

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Get Well Soon haben an diesem Konzertabend nicht nur wegen des direkten Vergleiches mit dem Superset der ersten Band einen etwas schwereren Stand: "Ich dachte immer, wir wären eine melancholische Band. Aber jetzt komme ich mir wie eine Mallorca-Band vor", lautet das Lob des Sängers für iLIKETRAINS. Auch die Technik spielt der Band um den Kopf Konstantin Gropper heute nicht in die Hände. Feedback auf und Ausfälle des Monitors irritieren die Band. Das scheint wirklich etwas auf Kosten der Spielfreude zu gehen, denn obwohl Get Well Soon sauber spielen und singen, kommt heute nicht der letzte kräftige Impuls rüber, den wir bei dieser derzeit hochgelobten Band auch schon ausmachen konnten. Die Stärken bleiben die Arrangements und Melodien der Songs, die auch die Gäste in Frankfurt zu fesseln vermögen. Die Zeile "Rest now weary Head, you will get soon" scheint bewusst so geschrieben, dass sie auch die nächsten drei bis vier Songs hindurch noch nicht wieder aus den Gehörgängen verschwunden ist. Doch ein Manko der Songs von Konstantin Gropper ist, dass sie oft zu offensichtlich an eine Vorlage erinnern (Calexico, Radiohead, Cure...) und sich harmonisch nur sehr schleppend entwickeln. Die exzellenten Arrangements, der hervorragende Gesang (auch im Doppel mit der Schwester des Sängers), die vielen instrumentalen Ideen durch Geige und Trompeten, und das sichere Auftreten der Band – dem Kampf mit der Technik zum Trotz – können aber dennoch nicht das Quentchen liefern, das heute durch die scheinbar getrübte Spielfreude zu einem hundertprozentig perfekten Gig fehlt. Dennoch begeistern auch Get Well Soon die ausverkaufte Brotfabrik und werden gefeiert.

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