Nicolas Kuri (Gitarre & Gesang bei WIR)

Nicolas Kuri (Gitarre & Gesang bei WIR) © WIR

Viel Selbstmitleid und Ironie, eingepackt in nachdenkliche Texte. So begeistern die drei 18-jährigen aus Freiburg nun schon seit 2005 auf über 140 deutschlandweiten Konzerten. Sie überfluten die Bühnen mit frischer Energie und teilten sich schon mit Künstlern wie Revolverheld und Peilomat die Bühne. Nicolas Kuri, Gitarrist und Sänger bei WIR, stand uns kurz vor der Release-Party von "Einsichtartig" für ein Interview zur Verfügung.

{image}Hallo Nicolas. Es gibt ja derzeit reichlich Gelegenheiten, euch bei einem Live-Konzert kennenzulernen. Aber falls jemand eure Musik noch nicht kennt: Wie beschreibt ihr eure Band und eure Musik?

Es gibt ganz verschiedene Meinungen zu unserer Musik. Wie jede Band werden wir von Konzert zu Konzert und von CD zu CD mit den unterschiedlichsten deutschen Künstlern verglichen. Es ist alles dabei. Wir selbst können sagen, wie wir klingen wollen, und das geht definitiv in den Bereich Indie-Rock und "Hamburg". Wir legen viel Wert auf unsere Texte, die Probleme in der Gesellschaft – gepaart mit Liebeszenen – zum Thema haben und sich auf die eingängige Musik legen. Und das Ganze natürlich immer auf einem Weg, den eigenen Stil zu erkennen und zu (er)finden.

Was denkt ihr, unterscheidet euch von anderen Bands, die Indie-Rock mit deutschen Texten spielen?

Wir haben eine eigene Art Texte und Melodien zu schreiben. Das ist das, was uns am meisten unterscheidet. Ansonsten mache ich mir keinen großen Kopf darüber, wie wir klingen sollen oder nicht sollen oder benutze dies als Kriterien fürs Songwriting. Ich bin vielmehr der Meinung, dass man einen Song so schreiben soll, wie er kommt. Und wenn er dann mal wie eine andere Band klingt, war das Pech und man muss sich entscheiden: nimmt man ihn oder nicht?! Es bringt eher nichts, krampfhaft zu versuchen, einen eigenen Stil zu entwickeln. Das kommt mit der Zeit. Ich sehe bei uns die Entwicklung seit der ersten CD und merke, dass wir auch mit Sounds unseren eigenen Weg gehen. Außerdem ist ein ganz großes Merkmal unser junges Alter von durchschnittlich 17 Jahren. Es gibt nicht viele so junge Bands, die Indie-Rock mit intelligenten deutschen Texten machen. Das Alter wird uns aber auch sehr oft zum Verhängnis.

Jetzt habt ihr eine neue CD am Start, die sicher widerspiegeln wird, was WIR derzeit ausmacht. Was könnt ihr uns denn über den Entstehungsprozess und das Album selbst sagen? Und seid ihr mit dem Ergebnis zufrieden?

{image}Zuerst einmal sind wir richtig zufrieden mit der neuen EP, die Einsichtartig getauft wurde und am 11.04. in Endingen in der Lederfabrik veröffentlicht wird. Es hat sich sehr viel zur Letzten verändert, denn wir wollten noch mehr aus unserer Musik rausholen, mit einem besseren Studio, einem besseren Produzenten und mehr finanziellen Mitteln. Wir haben auch mehr an dem Gesamtkonzept gefeilt und darüber entschieden. Davor war es uns immer etwas egal, welches Cover benutzt wird. Aber jetzt haben wir mit dem Cover die Geschichte der Musik fortgeführt, oder besser gesagt: ergänzt. Die EP hat einige Mühen mit sich gebracht und zum Schluss war alles sehr knapp. Wir konnten die CD leider nicht in vollständiger Bandbesetzung aufnehmen, da wir im letzten ¾ Jahr ziemlich viele Schlagzeugerprobleme hatten und dann einen Studiomusiker nehmen mussten, mit dem wir aber mehr als zufrieden waren. Die Songs standen schon länger in unserem Repertoire, genauer gesagt seit einem guten Jahr.

An dieser Stelle auch ein großes Dankeschön an André Horstmann vom Neuwerk13 Studio und Raphael Rinkenauer, die uns den ganzen Weg der CD begleitet haben und natürlich danke an unsere Aushilfe am Schlagzeug, Jeremy Dhome (Jackie Cola). Ich hoffe sehr, dass wir mit der neuen CD noch mehr Leute ansprechen können, da es noch einmal eine ganz neue professionelle Seite von uns zeigt, und dass wir die CD ordentlich unter Deutschlands Dächer bekommen. Eventuell reagiert auch das eine oder andere Label. Das wäre natürlich der Wahnsinn für alle.

Am 11.4. ist, wie du sagst, die Release-Party. Habt ihr euch für diesen Abend etwas besonderes vorgenommen?

Wir haben uns vorgenommen so zu sein, wie wir immer sind: Nahe bei unseren Fans und so normal, als wären wir nicht in einer Band. Das ist unser Motto. Ich würde behaupten, dass wir es geschafft haben, noch nicht abzuheben und wollen das auf gar keinen Fall. Aber ansonsten wollen wir natürlich, dass die Fabrik ordentlich wackelt und wir haben vier unserer bestbefreundeten Bands eingeladen, uns an diesem Abend musikalische Unterstützung zu bieten. Das wären [die Leute], Auf und Davon (Kenzingen), Polly Lain (Hecklingen) und The Spoilt (Köln).

Ihr seid ja auch in den neuen Bandpool der Popakademie Baden-Württemberg aufgenommen worden. Was sind eure Erwartungen, was versprecht ihr euch davon?

Erwartungen an den Bandpool gibt es viele, doch wollen wir uns nicht voll und ganz darauf stützen und trotzdem unsere Gigliste fortführen, um so zu versuchen, zusammen mit der Popakademie, uns einen größeren Bekanntheitsgrad zu schaffen. Wir sind sehr gespannt, was uns die Wochenenden mit den Seminaren so alles an neuen Erfahrungen bringen werden. Es ist glaube ich ein sehr guter Ausblick zu sehen, wer schon alles im Bandpool war, und dass man jede Band davon irgendwoher kennt. Manche sogar aus den Charts. Das klingt sehr vielversprechend, aber wie schon gesagt wissen wir, dass jetzt noch mehr Eigeninitiative gefordert ist, alles dafür zu tun am Ball zu bleiben.

Wie arbeitet ihr bisher an euch, ohne die Coachings von außen? Nehmt ihr Unterricht? Was sind eure Tricks im Proberaum, um musikalisch weiter zu kommen?

{image}Wir arbeiten viel mit Meinungen anderer. Egal ob Leute aus dem Publikum, Freunde oder auch Musikerkollegen. Das ist sehr hilfreich und oft sind wirklich gute Vorschläge dabei. Mein Cousin Ralf Busch z.B. steht mir und der Band seit Anfang November 2004 zur Seite und berät mich immer, wenn ich Fragen habe. Das hat sehr viel geholfen. Auch Motivation von außen gehört da dazu, z.B. durch die Eltern. Manchmal aber versuchen wir auch an uns selbst zu arbeiten mit Videoanalysen oder sonstigen Selbsterkenntissen bei Konzerten. Ja, Live-Konzerte und viel Spielen erledigt das von selbst, haben wir gemerkt. Man bekommt Timing und Bewegungen und kann viel ausprobieren. Auch die Tour und die vielen Gigs Schlag auf Schlag haben das gezeigt. Wir weisen uns aber auch gegenseitig darauf hin, wenn uns etwas am andern auffällt. Wir nehmen alle kein Unterricht. Weder Bandunterricht – davon halten wir nicht soviel, weil man selbst viel mehr von sich lernt – noch jeder Unterricht für sich. Tricks im Proberaum sind oft, eine Stelle und ein Lied zu üben, bis es passt und tight gespielt wird. Und nicht unnötig an Proberaumsound basteln. Beim nächsten Proben und beim nächsten Konzert ist wieder alles anders. Wichtig ist, dass man zusammen spielt.

Bei eurer langen Liste von bisherigen Live-Terminen ist mir einer ins Auge gefallen: Ihr wart beim ZDF-Fernsehgarten. Da war euer Fragesteller vor wenigen Jahren mit The Flames nämlich auch schon mal. Wie kam es dazu? Und ging es euch nach dieser Playback-Show genauso, dass man Live-Musik dann noch umso mehr schätzt?

Ja, der Fernsehgarten. Ich glaube, dass wir seit letztem Jahr an den am meisten erinnert werden. Das witzige war, dass wir gar nicht Playback gespielt haben, sondern in einem Schülerbandwettbewerb hineingerutscht sind, in dem die Bands eine Minute Livespielzeit bekamen. Aber es war schön mit anzusehen, wie man sich danach wieder nach richtigen Livebands gesehnt hat.

Für euer Alter habt ihr verhältnismäßig schon sehr viel erreicht. Könnt ihr euch eigentlich vorstellen, dass ihr auch in 5 bis 10 Jahren noch gemeinsam Musik macht? Ihr seht euch selbst wohl kaum als Teenie-Phänomen, aber was genau würdet ihr sagen, hält WIR im Kern zusammen und lässt euch auch – hoffentlich nie ernsthaft eintretende – Krisen gemeinsam überstehen?

Ich könnte mir gut vorstellen mit dem Projekt WIR noch ein paar Jahre mehr durchzuhalten, denn das ist der Punkt, der für viele Bands das Scheitern verursacht: Das Durchhaltevermögen von Bands. Ich hoffe, dass wir immer weiter machen können, auch wenn noch einmal ein Wechsel in der Besetzung bei uns eintrifft, was ich nicht hoffe. Als Teenie-Phänomen würde ich uns auch gar nicht bezeichnen. Ich glaube, dafür haben wir zu sehr den Bandweg eingeschlagen. Und ich glaube wir sind dafür schon zu sehr gereift, als das aus uns ein weiterer Abklatsch von Tokio Hotel gemacht wird.

Aber so viel Gedanken darf man sich darüber nicht machen. Morgen kann alles anders sein. Entweder es kommt wie wir's wollen oder wir machen es uns, wie wir's wollen ;-).

Wir wünschen euch weiterhin viel Erfolg und danken dir für das Interview!

WIR – Livetermine

Alles zu den Themen:

wir bandpool popakademie