FOTOS
Foto: Nils Rodekamp

FOTOS Foto: Nils Rodekamp © EMI Music Germany

Lest hier den zweiten Teil unseres Interviews mit den FOTOS über den veränderten Musikkonsum, die kommenden Auftritte in China und mit einem Ausblick auf die Zukunft. Dazu gibt es noch Tipps für die regioactive.de-Bandcommunity.

--> hier entlang zum ersten Teil des Interviews!

{image}Ok, dann möchte ich jetzt zu den Musiktauschbörsen kommen: Im Moment leiden die ganzen Plattenfirmen, aber eben auch die Musiker immer noch an den vielen illegalen Musiktauschbörsen. Wie kämpft ihr dagegen an? Zum Beispiel habe ich jetzt gehört, dass ihr auf eurer derzeitigen Tour all jenen Fans freien Eintritt schenkt, die euer neues Album gekauft haben.

Deniz: Genau, das ist bei drei Konzerten jetzt so der Fall.

Frieder: Allerdings ist auch das beschränkt.

Deniz: Wir haben einfach festgestellt, und man hört dies auch von allen Seiten, dass die CD-Verkäufe zurückgehen, die Bereitschaft Geld für Konzerte auszugeben aber gleich geblieben oder sogar noch gestiegen ist.

Konzerte zu besuchen, ist ja auch ein Erlebnis.

Deniz: Genau, das kommt auch noch dazu und wir haben dann einfach gedacht, dass wir für einen Preis den Leuten mal beide Sachen anbieten, was ja auch total lohnenswert ist. Man kauft die CD und kommt dafür umsonst auf ein Konzert. Der Eintritt auf einem Konzert ist ja ungefähr identisch mit dem Preis bei einem Kauf der CD. Zumindest bei uns ist das so. Und dies ist deswegen auch ein Test, weil wir einfach gerne wissen wollen, wie viele Leute und wer davon Gebrauch macht.

{image}Frieder: Und ich fand daran auch einen weiteren interessanten Aspekt, dass wir ja auch viele Fans haben, die zwischen 16 und 26 Jahre alt sind und das ist ja eine Generation… Also, zum Thema Tauschbörsen z.B.: Ich bin 32, viele von meinen Freunden laden sich Musik runter, aber wenn sie was wirklich gut finden, kaufen sie sich die Sachen auch. Und ich glaube, dies ist bei den jetzigen 16-jährigen nicht so, dass die überhaupt kein Bezug mehr zur CD haben, sondern sie kaufen sich lieber ein MP3-Player. Und das hat auch nichts mit Geld zu tun, das hatten wir damals auch nicht. Zwar hatten wir auch kein Handy, aber das Argument hinkt total. Wenn die Leute irgendetwas kaufen wollen, dann kaufen sie es auch. Und es ist ja nicht so, dass die Leute sich sagen: "Mmh, wohin mit dem Geld?", sondern dass es nicht richtig sei, eine CD zu kaufen. Man sagt sich: "Ich habe ja ein MP3-Player, da habe ich meine Musiksammlung drauf!" Früher war es ein CD-Regal oder ein Kassettenrekorder. Das waren irgendwelche Gegenstände, die da rumstanden und die man in die Hand nehmen konnte und auf dem die Musik war und die hatten eine Bedeutung. Also, so gesehen war das ein Erlebnis. Wenn ich eine CD gekauft habe – und ich habe nicht besonders viele CDs gekauft –, aber wenn ich mir welche gekauft habe, dann habe ich diese CD eingelegt, mir das Booklet durchgeschaut, durchgelesen, die Musik gehört und das war auch ein Erlebnis. Aber der Bezug fehlt heute einfach total, dass der Kauf und das Bekommen von Musik einen bestimmten Wert hat.

Deniz: Das finde ich auch. Neben dem wirtschaftlichen Desaster finde ich auch erschreckend, dass sich die Hörgewohnheiten und der Musikkonsum so unglaublich verändert haben, dass alles einfach so beliebig geworden ist. Es geht überhaupt nicht mehr darum, dass man eine Plattensammlung in seinem Schrank hat, die mehr oder weniger gut sortiert ist. Gut sortiert heißt, dass die Hörgewohnheiten dem eigenem Geschmack entsprechen, weil man über die Jahre Sachen angesammelt hat. Man verbindet bestimmte Erinnerungen an eine CD. Man weiß genau, was man da hat. Man weiß, welches Stück auf welcher CD ist. Und mittlerweile ist es einfach durch diesen maßlosen Konsum so, dass du durch einen Mausklick plötzlich die Veröffentlichung eines Monats auf deinem beschissenen iPod hast. Und genauso wird das dann auch konsumiert, sei es in der Bahn auf den blauen, komischen Handys, wo es total schlecht klingt oder anderswo. Das ist einfach nur ein maßloser Konsum. Auch wenn ich mal von jemanden, der sich regelmäßig viele Platten kauft, gebrannte CDs bekomme: Da sind dann irgendwie fünf Alben drauf und irgendwelche Sachen, die ich mir "unbedingt anhören muss". Die Besten kaufe ich mir dann vielleicht auch für meine Sammlung. Ich merke dann aber trotzdem schon, dass ich durch die gebrannte CD einfach den kompletten Überblick verliere und so hat man dann einfach überhaupt keinen persönlichen Bezug mehr zu dieser Musik. Was ich manchmal auch merke, ist einfach die Tatsache, dass viele Leute auch nicht mehr die Alben, sondern nur noch die Singles hören.

Frieder: Das ist ja die logische Folge, wenn du so eine Masse hast, die auch nicht mehr irgendwie als zusammenhängende Einheit wahrgenommen wird. Du hast dann eine Festplatte mit ungefähr 5.000 Stücken drauf und dabei ist völlig egal, auf welchem Album welches Stück ist, abgesehen vielleicht von der Ordnerstruktur. Du kannst dir eine lange Playlist ziehen und dann ist das ein Stück. Das führt natürlich automatisch dazu, dass die "lautesten Stücke", die Singles, einen viel höheren Stellenwert bekommen als eine Platte in sich. Ich meine, irgendwelche sphärischen, fünf Minuten langen, letzten Stücke auf Alben gehen da einfach auch viel schneller unter, weil du hast sehr viel und fragst dich, was dich jetzt anspricht und was nicht, aber vielleicht entwickelt sich das auch, wenn man es zehn Mal gehört hat. Wenn man es aber überhaupt nicht zehnmal hört, weil es dementsprechend nicht sofort bei dir anspringt, dann fällt es hinten durch.

Ein Freund hat eine interessante These aufgestellt, die für euch eventuell positiv ist, denn er hat gesagt: "Fotos" sei eigentlich ein guter Name, da man diese Band auf der Suche in Musiktauschbörsen nur sehr schwer findet, weil zunächst erstmal nur Urlaubsfotos als Ergebnisanzeige erscheinen und nicht die Musik der Band selbst.

{image}Frieder: Jaa... Aber auf der anderen Seite: Ich kenne mich damit zwar überhaupt nicht aus, aber meine Mitbewohnerin ist ein ziemlicher Internetfreak und hat am Tag der CD-Veröffentlichung eine kleine Google-Recherche gemacht, eine Seite gefunden und mir sofort mittags um 13 Uhr ein Link zum Download unseres Albums geschickt. Was auch ganz interessant war, dass ich diesen Typen also angemailt und auch einen Kommentar hinterlassen habe, so in der Weise: "Wow, paar Stunden nach Veröffentlichung schon online!". Ich habe mit dem dann noch so hin und her geschrieben und das fand ich ganz interessant, weil er Bands offensichtlich nicht zerstören wollte. Ich bekomme den Satz nicht mehr zusammen, aber er hat so etwas Ähnliches gesagt wie: "Wir gehören nicht zu denen, die Bands zerstören wollen." Und dann habe ich mir so gedacht: "Hä?". Und dann ging es noch weiter etwas Hin und Her. Ich gewann den Eindruck, dass er offensichtlich kapitalismuskritisch ist. Das darf man ja auch sein, aber was die Leute einfach nicht sehen, ist, dass die Fans den Bands schaden, aber naja. Aber um nun wieder zum Namen zurückzukommen. Ich denke, es hilft sehr wenig.

Zu einem anderen Thema: Jetzt spielt ihr demnächst ja vier China-Konzerte.

Deniz: Das ist vom Goethe-Institut.

Ach ok, das wusste ich nicht. Was erwartet ihr euch vom Auftritt oder beeinflusst euch dabei jetzt die Tibet-Krise in China?

Frieder: Das hat auf jeden Fall dazu geführt, dass die Diskussion, die wir eh schon geführt haben, natürlich wieder aufgeflammt ist, wie es ist in China zu spielen. Wir reden auf jeden Fall viel darüber.

Deniz: Wir haben uns auch überlegt, ob wir diese Veranstaltung vielleicht wieder absagen, aber es ist uns klar geworden, in wessen Auftrag wir dahin fahren, für wen wir das machen. Wir spielen nicht auf einer Propagandaveranstaltung der Regierung, sondern für die Kultur und für ein Fest, dessen Intention der Kulturenaustausch zwischen verschiedenen Völkern ist. Wir fahren da also nur als Musiker und nicht als Politiker hin und wollen dort vielleicht unsere Kultur anderen näher bringen und eventuell auch rüberbringen. Das ist also erstmal nichts Schlechtes. Egal, wie die politische Situation dort im Moment ist.

Das Goethe-Institut ist ja auch seriös.

Frieder. Ja, aber das ändert das Grundproblem nicht wirklich. Das bleibt.

Um nun noch ein wenig vorauszublicken. Wie seht ihr eure Zukunft oder habt ihr schon einen Plan, in welche Richtung sich das neue Album entwickeln wird? Kommt diesmal vielleicht Jazz hinzu?

Frieder: Nein, es wird auf jeden Fall nicht so klingen wie das zweite Album…

Deniz: Aber auch nicht wie das Erste…

Frieder: Genau, wir können das also noch nicht sagen.

Dann habe ich noch eine letzte Frage: Und zwar haben sich auf unserem Musikportal regioactive.de bis heute fast schon 8.000 Artists angemeldet und ein Profil erstellt. Meine Frage an euch wäre: Könnt ihr diesen Bands einen Tipp geben, wie sie sich einen Plattenvertrag angeln können?

{image}Deniz: Ich glaube, es gibt keine schlechtere Situation oder Zeitpunkt für einen Plattenvertrag als im Moment, weil da eben diese Leute sind, die sich die CDs brennen und den augenscheinlichsten Schaden nehmen dabei die Plattenfirmen. Die Großen genauso wie die Kleinen. Und im Umkehrschluss heißt das natürlich auch, dass ständig Läden zumachen. Dabei machen die kleineren Läden natürlich zuerst zu, sodass die Großen auch keine neuen Bands aufnehmen, wenn sie nicht gerade hohe Gewinne abwerfen. Deshalb ist das im Moment sehr schwierig.

Frieder: Und ich glaube, was auf jeden Fall wichtiger ist, als im ersten Gedanken die Idee zu haben, eine Demo für einen Plattenvertrag zu schicken, ist zu schauen, dass man sich verbreitet. Und dann gibt es auf der anderen Seite auch wenigstens auf myspace oder eben bei euch die Möglichkeit, sich Gehör zu verschaffen. Das sollte man auf jeden Fall nutzen, um eine große Fangemeinde über solche Dinge zu gewinnen, bevor man daran denkt, einen Plattenvertrag zu unterschreiben. Mit einem Plattenvertrag verdient man überhaupt kein Geld mehr. Zum Beispiel bekommen wir für die Fotos eine Produktion, womit wir zwar produzieren und vielleicht im Zeitraum der CD-Aufnahme unsere Miete zahlen können, aber weiter reicht das nicht. Erst wenn du bei Majors unterschreibst, dann hast du es geschafft. Das ist einfach so: Schau, dass du irgendwie Fans findest und dass du Konzerte spielst. Und wenn du das regional geschafft hast, dann kannst du über einen Plattenvertrag nachdenken. Aber dann werden auch irgendwelche Leute auf dich aufmerksam.

Dann danke ich euch für das Interview, wünsche euch ein gutes Konzert und auch noch eine erfolgreiche Tour!

Alles zum Thema:

fotos