Foals - "Antidotes" Album Cover

Foals - "Antidotes" Album Cover © Warner Music Group

Foals klingen nicht wie jede andere Band. Es gibt Bezüge hierhin und dorthin, aber im Kern sind sie durchaus originär und eindeutig. Ihre Melodielinien sind schneidend klar, so wie Formstücke für Präzisionswerkzeug. Und ihre Gitarren klingen anders.

{image}Im März 2005 erschien mit Silent Alarm das erste Bloc Party Album und die deutschen popkulturellen Medien waren sich damals schnell einig: hier hat man es mit einer ganz besonderen Platte zu tun. Schon beim ersten Hören konnte man sich den eingängigen Songstrukturen kaum entziehen, aber ein akustisches Meisterwerk wie dieses Debüt entfaltet sich eben erst nach mehreren Durchläufen. Und so entdeckte man im Laufe des Jahres immer wieder neue Seiten an Bloc Party, die unfassbaren Beats von Schlagzeuger und Diplom Philosoph Matt Tong, der immer wieder treibende aber auch mit Dub-Elementen geschickt kombinierte Bass von Gordon Moakes, und immer wieder diese sägend-präzisen Gitarrenlinien, die sich mit schlagbohrartiger Leichtigkeit tiefer in Gehörgänge und Gehirn frästen, bis die Platte am Ende des Jahres auf soviel Hitlisten ganz oben stand und unweigerlich klar wurde, einen wahren Klassiker entdeckt zu haben. Genau 3 Jahre später erscheint in diesen Tagen wieder ein Album einer englischen Band, die es irgendwie schafft, Eingängigkeit mit unendlich anmutender Experimentierfreude zu verbinden, bis daraus etwas völlig Neues entsteht. Und wieder sind es Bloc Party, denen wir eine erste Kontaktaufnahme zu verdanken haben, denn sie ermöglichten es uns, die Foals bereits im letzten Herbst in ihrem Vorprogramm zu entdecken. Und schon damals war klar, dass hier etwas Großes bevor steht, denn im Gegensatz zu Bloc Party waren Foals auf der Bühne frisch, unverbraucht, energetisch und spannend – ganz anders als der Headliner, leider.

Antidotes, zu deutsch "Gegenmittel", ist der Titel des Foals-Debüts. Treffender hätte man es kaum beschreiben können, denn die 11 Songs sind in der Tat als Gegenmittel zur allgemeinen Lustlosigkeit vieler aktueller Veröffentlichung zu verstehen. Allein das bewusste ausschalten sämtlicher Gitarren-Akkorde wirkt wie ein Befreiungsschlag von allen nur durch dick produzierte Gitarrenwände am Leben erhaltenen Indie-Bands. Single-Note-Guitar-Picking is the new Powerchord, sozusagen. Math-Rock ist so eine Vokabel, die in der Geschichte der Foals immer wieder fällt, und ja, da mögen ihre Wurzeln liegen: im verkopften Mitte-Neunziger Chicago Style, bei Bands wie Shellac, Rapeman und der ganzen "Touch and Go"-Familie.

{image}Dennoch fallen die durchaus komplexen Foals-Gitarren auf ein tanzbares und geradliniges Schlagzeugspiel, das sich fast immer an klassischen elektronischen Grooves orientiert und dort auch mit Sicherheit seinen Ursprung fand. Insbesondere dadurch verliert sich die vielschichtige Gitarrenarbeit immer wieder gerne in einer lässigen Dancefloor-Pose, die den bewegungssüchtigen "four-to-the-floor"-Fan genauso verwöhnt, wie sie den durstigen Gitarren-Liebhaber zum Tanzen bewegt. Es wird bei dieser Platte so deutlich wie bei kaum einer anderen, dass sich immer mehr Bands in der klassischen Rockbesetzung nicht mehr an genreähnlichen Vorbildern orientieren, sondern nun werden die letzten 20 Jahre elektronischer Prägung zurückverarbeitet. Antidotes beweist, dass bei dieser Regression durchaus spannendes Neues entstehen kann. Wenn Bands und Künstler wie Radiohead und Trent Reznor nun versuchen, durch geschickte Marketing- und (Nicht-)Verkaufskonzepte die klassischen Vertriebswege aufzubrechen und zu umgehen, sind es letzten Endes doch Innovationen und Veränderungen, die für die auseinanderbrechende Musikindustrie einen Rettungsanker darstellen. Und in diesem Fall sind es Warner Music, die in der englischen Heimat von Foals – Transgressive Records – eine Art Unternehmungsberatung gefunden haben, von der sie pro Jahr eine Band international vermarkten dürfen.

Ich bin gespannt, wie sich Antidotes in den nächsten 7 Monaten entwickeln wird und welche Band uns in 3 Jahren durch eine Headliner-Tour der Foals auffallen wird. Bis dahin wünsche ich mir ausgedehnte Kleinst-Club-Touren (im besten Fall mit unseren Jungs von Robocop Kraus) und ausufernde Hauspartys, durch die sich die Band in England schon seit Jahren einen respektablen Namen erspielte. Foals sind am 3. April in München, am 4. April in Mannheim, zusammen mit Deichkind und Stereo Total, bei Intro Intim zu sehen und zu erleben und einen Tag später in Köln in der Werkstatt, im wesentlich intimerem Rahmen auf der Visions-Party, am 6.4. in Hamburg und am 7.4. in Berlin.

Tourdaten:

03.04. München, 59:1
04.04. Mannheim Time Warp Fesitval (Intro Intim)
05.04. Cologne, Visions Party
06.04. Hamburg Molotov
07.04. Berlin Postbhf

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