Mark Medlock (live im Capitol in Mannheim, 2008)
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Mark Medlock (live im Capitol in Mannheim, 2008) Foto: Manuela Hall © regioactive.de

Der Mensch braucht immer mal wieder eine gewisse Portion anspruchslosere Unterhaltung. So schaltet der typische Arte-Zuschauer auch ab und zu RTL ein, der Zeit-Leser schlägt hier und da die "Bild" auf und der Tori-Amos-Verehrer will ab und zu einfach auch mal Balladen mit schlichtem Gesang genießen. Zu dieser Kategorie zählt sich auch der Autor, der dann aber bei Mark Medlock auf positive Weise überrascht wurde.

{image}Soviel also gleich vorweg: Medlock ist live nicht so schlecht wie der Ruf, der ihm vorauseilt. Aber alles der Reihe nach. Um kurz nach halb acht erreichte der Schreiberling also die ausverkaufte Halle und war damit wohl einer der Letzten, denn schon seit 16 Uhr warteten geduldige Fans vor dem Eingang des Capitols. Bis zum Konzertbeginn um 20 Uhr hieß es dann Zeit totschlagen und sich umschauen: Das Publikum ist relativ gemischt. Trotzdem waren Frauen und insgesamt Gäste der Generation Ü30 in der Überzahl. Einen bemitleidenswerten Eindruck machten jedoch die männlichen Begleiter, die größtenteils scheinbar etwas widerwillig mitgeschleppt wurden und das Gefühl einer "guten Miene zum bösen Spiel" vermittelten: Die wenigsten von ihnen bewegen sich im Laufe des folgenden Abends zum Rhythmus der Musik. Den musikalischen Anfang des Abends machten Ben & Kate. Einige werden sich vielleicht noch an das Lied Engel aus 2002 erinnern, mit dem Ben damals die Charts eroberte. Heute trat er mit seiner dänischen Verlobten Kate Hall auf und beide schickten reichlich belanglosen 90er Jahre Eurodance-Pop durch die Boxen auf das Publikum los, das Programm war durchmischt mit schmalzigen Balladen. Unterstützt durch drei Mitglieder aus Medlocks Begleitband kam bei den Uptempo-Nummern dann leider endgültig das "richtig wohlige" Dorfdisko-Feeling auf, vor allem verursacht durch treibende Techno-Bässe.

Bei den Balladen stellte sich hingegen Gänsehaut ein – aber nicht vor Rührung. Das Publikum reagierte dennoch eher wohlwollend, aber erst als Mark Medlock dann für einen Song auf die Bühne kam und mitsang, tobte die Halle. Ganz seltsam war die Zurschaustellung der Verliebtheit von Ben & Kate, die damit leicht an Paare aus den Volksmusiksendungen auf ARD und ZDF erinnerten. Mit gutgemeintem Applaus verabschiedet, waren die Beiden nach knappen 30 Minuten wieder verschwunden.

{image}Beinahe unheimlich waren die ständigen "Bobbelsche"-Rufe, die vor dem Auftritt von Mark Medlock immer wieder durch die Halle gingen. Sie erinnerten irgendwie an die Anrufung eines uralten Bösen in einem alten Horrofilm: H.P. Lovecraft hätte sich wohl gefreut. Der Bereich vor der Bühne war mit Leuchtstäbchen in der passenden Farbe rosa durchsetzt, teilweise sogar blinkend. Die selbstgemachten Plakate mit Zuneigungsbekundungen durften auch nicht fehlen. Wie auf jedem seiner Konzerte war auch die "Bobbelsche Armee" da, Medlocks Fanclub. Vorstellen kann man sich das Ganze so ungefähr wie die "Kiss Army", nur in rosa T-Shirts, aber genauso verrückt nach ihrem Idol.

Nach einer sehr kurzen Umbauphase – schließlich teilten sich die Acts die Hintergrundband – ging es los. Hervorzuheben ist der von Beginn an gute Sound im Capitol, der Medlocks Stimme unterstreichen konnte. Überhaupt, seine Stimme! Man mag ja von dieser ganzen Superstar-Sache halten, was man will, aber Mark Medlock ist wohl von den bisherigen Superstars der Herausragendste. Weder sieht er aus wie Schwiegermutters Liebling Alexander Klaws, noch spielt er den Möchtegernfreak wie dessen Nachfolgerin Ellie oder ist ein unauthentischer Rocker wie Tobias Regner. Medlocks Problem dagegen hat einen ganzen anderen Namen: Dieter Bohlen.

{image}Denn die Songs seiner beiden Alben Mr. Lonely und Dreamcatcher waren leider nicht die Höhepunkte des Abends, obwohl seine musikalisch versierte Band viel zu retten vermochte. Doch diese Mischung aus Schmalz und Langeweile, gepaart mit einfallslosen Melodien und gehaltlosen englischen Texten auf Schulniveau, waren teilweise kaum zu ertragen. Kompositorischer Tiefpunkt live: Medlocks letzte Single Unbelievable, die so schlecht geschrieben ist, dass wohl selbst Barry White nichts mehr daraus machen könnte. Traurig ist das natürlich dadurch, dass Medlock mit einem anderen Produzenten und Songschreiber ein wirklich herausragender Künstler sein könnte, denn das gesangliche Talent dazu hat er mehr als genug. Leider macht Bohlens zwanghaft weichgespülter und auf den Mainstream getrimmter Kindergarten-Pop alles kaputt.

{image}Sein Können zeigte Medlock hingegen bei den vielen Cover-Songs, die er dankenswerterweise in seine Setliste aufgenommen hatte. Von Ain't No Sunshine bis Wonderful World, welches er seine Mutter widmete: hier war Medlock in seinem Element. Mit Easy, im Original von Lionel Ritchie und Jahre später noch einmal großartig von Faith No More gecovert, zog er alle Register und machte aus dem Lied das Highlight des Abends. Schade nur, dass sich Medlock sehr streng an die Originale hielt und damit teilweise wie ein bloßer Cover-Sänger wirkte. Hier sollte er sich mehr trauen und die Songs auf eine Weise interpretieren, die seiner eigenen Persönlichkeit mehr entspricht.

Das Publikum erfreute er durch seine gewohnt lockere Art immer wieder mit netten Einlagen zwischen den Songs. Die Frauen freuten sich besonders über benutzte Handtücher, die er ins Publikum warf. Klappt wahrscheinlich bei George Michael und Elton John genauso. Überhaupt hing das Publikum an seinen Lippen, hörte aber sofort auf mitzumachen, wenn sich Medlock kurz zurückzog. Eindrucksvoller als beim Percussion-Solo während You can get it konnte man es nicht erleben, als das ganze Publikum auf einmal stehenblieb und nur noch einzelne Tanzende unter den ganzen Leuten auszumachen waren.

Schließlich nahte das Ende des Konzerts und die Hälfte des Publikums verließ die Halle schon, bevor Mark Medlock zum zweiten Mal für eine Zugabe auf die Bühne kam. Wahrscheinlich hatten viele nicht mit seiner erneuten Rückkehr auf die Capitol-Bühne gerechnet. Sie verpassten damit noch zwei Songs, von denen Love is Beautiful gar als sehr nette Ska-Nummer durchging. Alles in allem hatte das Konzert durchaus seine guten Momente und der Eindruck bleibt, dass an Mark Medlock im Moment ein größeres Talent verloren geht. Denn wenn er weiter an Bohlen hängt, wird er früher oder später genau wie seine Vorgänger wieder von der Bildfläche verschwinden. Verdient hat er das aber nicht.

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