The Australian Pink Floyd Show (Mannheim, SAP-Arena 2008)
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The Australian Pink Floyd Show (Mannheim, SAP-Arena 2008) Foto: Rudi Brand © regioactive.de

Pink-Floyd-Urgestein David Gilmour war von ihnen begeistert, nachdem er sie live in der Londoner Royal Albert Hall gesehen hatte. Die Rede ist von The Australian Pink Floyd Show. Mit einer Mischung aus landestypischen Humor, einer Bühnentechnik, die zwar nicht die Liga des Originals hatte, aber die übliche Tribute-Show um Klassen überragt, und perfektem Sound konnte The Australian Pink Floyd Show ca. 3000 Floyd-Fans in der SAP-Arena begeistern.

{image}Pink Floyd-Shows waren spätestens seit Mitte der siebziger Jahre Shows von gigantischem Ausmaß, Materialschlachten, Definition des State-of-the-arts in Bezug auf Bühnentechnik und Soundsystemen. Die Musiker traten dabei immer mehr in den Hintergrund. Bei den The Wall-Shows 1980/81 spielten sie gar Großteile des Sets hinter einer Mauer bzw. ließen Doubles mit Gesichtsmasken der Bandmitglieder auf der Bühne agieren. Wer Pink Floyd auf den großen Touren der Nach-Waters-Ära live sah, wurde dort Zeuge einer Show, die nicht das war, was man normalerweise als ein Rockkonzert bezeichnen würde, aber trotzdem begeistert hat. Besser könnte die Vorgabe für eine Tribute-Show, die an Aufwand wohl weltweit einzigartig ist, eigentlich nicht sein.

Die Illusion ist dabei enorm. Klar – wer einmal Pink Floyd im Original erlebt hat, der weiß, dass bei ihnen alles noch ein paar Nummern größer und gigantischer abläuft. The Australian Pink Floyd Show ist sich jedoch bewusst, dass bei dem Versuch dem Original nahe zu kommen vor allem eine Maxime zählt: Size DOES matter! Und so spielen sie in der nur zum Viertel gefüllten SAP-Arena vor allemal respektablen 3.000 Zuschauern, einfach weil sie die großen Bühnen und Arenen brauchen, um in diesem Spiel mithalten zu können. Einen 360° Raumsound wie beim Vorbild zu erzeugen schaffen sie allerdings nicht, der Hubschrauber fliegt nur von links nach rechts anstatt das Publikum zu umrunden – für Fans, die selbst zu Hause einen 5.1.-Surroundsound als Standard haben, natürlich enttäuschend. Nichtsdestotrotz ist der Stereo-Sound vom Feinsten und sorgt dafür, dass eigentlich alle an diesem Abend auf ihre Kosten kommen.

{image}Der Abend wird wie erwartet von den ersten 5 Songs von The Wall eröffnet, ganz eng am Original und selbst das lange Fade-out-solo am Ende von Another Brick in the Wall (Part II) kann der mit der Liveversion vertraute Fan quasi auf der Luftgitarre Note für Note begleiten. Eine reale Mauer, so wie seinerzeit 80/81, wird zwar leider nicht aufgebaut, jedoch werden Trickfilmpassagen aus dem Spielfilm The Wall über den gesamten Bühnenhintergrund projiziert, so dass die beklemmenden Bilder ihre mächtige Wirkung mit dem Livesound erzeugen. Nach diesen ersten 5 The Wall-Tracks wird das Konzept dann gelockert und Hits aus allen Schaffensphasen – unter ärgerlicher aber zu erwartender Auslassung der frühen Großtaten, dafür aber Einbindung der Waters-losen-Endphase – bilden eine unzusammenhängende Folge. Dort wo keine den Floyd-Videos original zu entnehmenden Filmsequenzen zur Untermalung der Songs zur Verfügung standen, werden computeranimierte Filme gezeigt, die allerdings mehr an PC-Spiele als an das anspruchsvoll gefilmte oder erzeugte Floyd-Bildmaterial erinnern.

{image}Das zweite Set wird mit den sphärischen Klängen von Shine on you crazy diamond eröffnet, dazu läuft wieder einer dieser pixelgraphics-Videos: Zuerst mit dem Mann im schwarzen Anzug ohne Haut von dem Wish you were here-Cover, dann mit einem Kind, das einen Luftballon fliegen lässt, der dann nicht nach oben, sondern den Weg entlang fliegt, auf dem dann ein rosa Känguru wartet, das dem Jungen eine Gitarre in die Hand drückt. Und der Junge übt dann im seinem Kämmerlein und wird, ja wer? Dave Gilmour, der in der Australian Pink Floyd Show gleich von zwei Gitarristen und Sängern impersoniert wird? Nein, es ist Syd Barret, dessen Antlitz zum Ende des Lieds erscheint! Aber noch mal zurück zu Gilmour, den die beiden Gitarristen absolut respektabel versuchen zu imitieren – das Problem bleibt, dass sie es auch mit dem Quäntchen Mehr an Verzerrung nicht schaffen die smoothness, den einzigartigen Ton des Floydgitarristen zu reproduzieren. It’s the guitarplayer, not the song! Und trotzdem, der Parforceritt, das Solo von Comfortalby Numb – der Traum eines jeden Rockgitarristen, dieses Solo spielen zu dürfen gerät famos.

Was der ganzen Angelegenheit einen angenehm entspannten Touch gibt, ist die Tatsache, dass die Australier einen guten Sinn für Humor beweisen und z.B. in die bekannten Pink Floyd-Symbole und Bilder – wo immer es möglich ist – entweder Kängurus oder die Form des Kontinents "down under" einbauen. Höhepunkt des Ganzen ist dann ein rosa Känguru, das während des phantastisch rockenden One of these days etwa 8 Meter groß aufgeblasen wird und dann im Takt mithüpft. Es muss nicht immer Schwein sein! Im Anschluss daran hört man einen Frequenzenritt durch australische Radiosender, die dann (you guessed it) in Wish you were here überleiten.

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Als Zugabe bringen die Echogitarrensalven von Run like hell die Arena dann dazu aufzustehen. Auch die Schweinefreunde kommen noch auf ihre Kosten in Form eines riesigen aufblasbaren Keilers mit rot leuchtenden Augen, der in seiner Größe auch einer echten Floydshow zu Gesicht gestanden hätte. Ein wesentlicher Unterschied zwischen der Welttournee einer Originalgruppe und der einer Tributeband ist jedenfalls folgender: Am Bühnenausgang warten nicht die weiblichen Fans, die die Stars treffen wollen, sondern höchstens Musiker, die fachsimplen wollen. Und in der Regel männlich sind.

Unverzeihlich allerdings: Sie kündigen eine The Wall-Show an und lassen Mother weg. Und auch kein Hey you, kein Is there anybody out there, die wesentlich essentieller als Goodbye blue sky/Young lust gewesen wären. Keine Gnade, das gibt einen fetten Minuspunkt, vor allem wenn man stattdessen so öde Songs wie Learning to fly spielt, unglaublich!

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Setlist: In the Flesh?  – The Thin Ice – Another Brick in the Wall (Part I) – The Happiest Days of Our Lives – Another Brick in the Wall (Part II) – Learning to fly – Money – Keep talking – Sheep
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Shine on you crazy diamond – Time – The great gig in the sky – Good bye blue sky – Young Lust – One of these days – Wish you were here – Comfortably numb
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Run like hell