Letzte Instanz (Musikhalle Ludwigsburg, 2008)
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Letzte Instanz (Musikhalle Ludwigsburg, 2008) Fotos: Marcel Benoit © regioactive.de

Ein gewöhnliches Konzert hatte wohl niemand erwartet, der die "Weisse Tour" der Letzten Instanz besuchte: Zehn Musiker hatten sich gemeinsam dazu aufgemacht nicht nur zu zeigen, was sie drauf haben, sondern auch, dass sie noch ganz anders können, als man das normalerweise von ihnen gewohnt ist. Anstatt in Wacken oder beim M'era Luna, machte man dieses Mal vorwiegend in Kirchen Station.

{image}Die E-Gitarren nahm man erst gar nicht mit und holte sich stattdessen noch Verstärkung bei den Streichern mit ins Boot. Klingt interessant – und war sogar noch mehr als nur das. Wer dabei gewesen ist, der dürfte den Abend jedenfalls so schnell nicht vergessen. Bereits im Dezember hatte die Letzte Instanz, anlässlich des zehnten Bandjubiläums, ihre Fans mit dem Akustikalbum Das Weisse Lied beglückt, das neben einem Querschnitt aus dem bisherigen Schaffen der Band auch einige neue Werke enthält. Zur passenden Tour konnte man sich nun auch noch über die Unterstützung namhafter Gäste freuen: Die hauseigenen Streicher wurden durch Frau Schmitt von Subway to Sally – Gewinner des Bundesvision Song Contest – und Anna Katharina Kränzlein von Schandmaul verstärkt. Hinzu kam Ophelia Dax – oder Leandra, wie sie sich auf Solopfaden nennt – von Jesus on Extasy, die weiblichen Gesang und Piano beisteuerte.

Trotz großer Mühen war es nicht gelungen auch für die Konzerte im Süden der Republik geeignete Kirchen zu finden, in denen man hätte auftreten dürfen. Dies schmälerte den guten Eindruck, den die Musikhalle in Ludwigsburg machte, jedoch keineswegs. Wie nicht anders zu erwarten schien der überwiegende Teil des Publikums nicht unbedingt zu denen zu gehören, die regelmäßig Livemusik auf gepolsterten Stühlen und unter Kronleuchtern in klassischen Konzertsälen aus dem 19. Jahrhundert konsumieren. Für eine ganz besondere Stimmung war also schon gesorgt, bevor Anna Katharina überhaupt die Bühne betrat. Sie war nämlich nicht nur als Gastmusikerin bei der Letzten Instanz dabei, sondern eröffnete mit ihrem Soloprojekt Neuland auch gleichzeitig den Abend. Begleitet wurde sie von Bassist und Drummer der Instanz.

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Neben eigenen Interpretationen klassischer Melodien, teilweise gemixt mit Funk- und Folkelementen, überzeugte Anna Katharina auch mit selbstkomponiertem. Ihr Programm gestaltete sie dabei als eine abwechslungsreiche Mischung aus sehr eingängigen und etwas komplexeren Stücken. Zwischendurch tauschte die diplomierte Violinistin ihr Stamminstrument auch mit einer Drehleier, wozu sich Specki von seinem Drumset an ein Cajon setzte. In erster Linie durch ihr virtuoses Spiel, aber wohl auch ein wenig durch ihre anmutige Art, entzückte sie das Publikum. Dieses hätte wahrscheinlich von sich selbst nicht unbedingt erwartet, einmal so viel Gefallen an doch recht klassischer Musik zu finden. Mit einem eigenständigen Konzert hätte es Anna Katharina wohl auch etwas schwerer gehabt, zu ihrer Rolle auf der "Weissen Tour" passte die Darbietung jedoch hervorragend.

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Das Publikum war nach dieser gelungenen Eröffnung endgültig von einer erhabenen Stimmung erfüllt. Als die Letzte Instanz die Bühne betrat war es so still – wären die Lüfter der Endstufen nicht gewesen, hätte man wohl die sprichwörtliche Stecknadel fallen hören können. Sowohl bei der Reihenfolge als auch musikalisch orientierte man sich über einen recht weiten Teil des Konzerts eng an der Vorlage des Albums. Dementsprechend waren auch die Höhepunkte der ersten Konzerthälfte mit denen der CD identisch, wie beispielsweise das ursprünglich punkige Ohne dich, das nun unplugged zur gefühlvollen Ballade wurde, die hauptsächlich von Klavier und Streichern lebt. Bei Winter, das ganz ohne Rhythmus- und Saiteninstrumente auskommt, konnte Sänger Holly auch mit der Begleitung von nur Piano und Streichern überzeugen. Dass die Band normalerweise in wesentlich härteren Genres unterwegs ist, war ihr an diesem Abend nicht anzumerken. Auch von fehlender Routine in dieser ungewöhnlichen Besetzung keine Spur.

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Nachdem das Album durchgespielt war, gab es gegen Ende des Konzerts auch noch einige Stücke, die man bisher noch nicht als akustische Version kannte. Bis dahin waren die Zuschauer weitestgehend passiv auf ihren Stühlen gesessen, was jedoch nicht als negativer Aspekt verstanden werden darf. Der allgemeine Gemütszustand war nicht durch Langeweile, sondern vielmehr durch großes Interesse und Aufmerksamkeit gekennzeichnet. Zum Schluss näherte sich die Aktivität des Publikums dann aber doch wieder an ein reguläres Instanz-Konzert an. Zu Mein Todestag hielt es kaum noch jemanden auf seinem Platz und auch bei Wir sind allein oder Rapunzel war einiges an Aktivität vor der Bühne zu beobachten. Mit dem schon beinahe traditionellen Sandmann verabschiedete sich die Letzte Instanz. Zurück blieb der Eindruck, etwas Besonderem beigewohnt zu haben. Wenn man die "Weisse Tour" als ein Experiment bezeichnen möchte, dann als eines mit erfolgreichem Ausgang.

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Setliste: Kalter Glanz – Tanz – Unerreicht – Jeden Morgen – Ohne Dich – Du und ich – Helden – Das weisse Lied – Für immer und ewig – Morgenrot – Angeldaemon (Leandra solo) – Winter – Eros – Silber im Stein – Komm nie zurück – Todestag – Wir sind allein
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Mutter – Bittere Nacht – Das Stimmlein
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Rapunzel – Sandmann

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