Das kleine Nest im Odenwald namens Rimbach kann einem dieser Tage ja regelrecht leid tun. Denn zwei seiner Töchter tragen derzeit unter dem Namen Jolly Goods nicht nur brettharten Punkrock, sondern auch ein ziemlich mieses Bild des in Hessen gelegenen Dorfidylls durch die Republik. Am 15. Januar ließ sich selbiges im Frankfurter Silbergold bewundern.

{image}Den Auftakt des Abends bestreitet Dillon. Diese hat damit, ob einer eher desinteressiert wirkenden Publikumshaltung, schon einmal den schwersten Job des Abends. Niemand erwartet auf einem Jolly Goods Konzert Streicheleinheiten für eingefahrene Hörgewohnheiten und leicht verdauliche Da-rein-da-raus-Musik. Sollte man meinen. In der Tat scheint Dillon momentan als Support-Act für die zwei Riot Grrrls aus dem Odenwald andere Erfahrungen zu machen. So kann sie den Zuhörern davon berichten, dass ihr Set erst kürzlich angesichts anhaltender und laut geführter Konversationen vor der Bühne völlig unterging. So schlimm ist es heute nicht. Leider kann Dillon, mit Megaphon und Trillerpfeife bewaffnet, auch heute mit ihren eingestreuten und leider nicht fehlerfrei vorgetragenen Pianostücken in Kombination mit kontrastierenden Peaches-Reminiszenzen keinen Blumentopf gewinnen. Also schnell weiter zu den Jolly Goods.

Adam Green soll den Jolly Goods – der Legende nach – attestiert haben, dass sie besser seien als die White Stripes. Was die White Stripes und Adam Green nun wieder zu halbwegs sinnvollen Referenzgrößen für eine Punk-Schrägstrich-Riot Grrrl-Band macht ist dabei höchst fraglich. {image}In der Tat stellen sich die Jolly Goods aufs selbe Podest wie altbekannte, in erster Linie amerikanische Vorbilder. Zu nennen sind da mit Sicherheit Bikini Kill, Hole, Kim Gordon oder auch die Distillers. Einige rufen da schon den Neo-Grunge aus, aber bis der Kampf ausgefochten ist, darf man getrost die "Riot Grrrl"-Schublade aufmachen. Und das ist dann irgendwie schon bemerkenswert. Ist das nicht schrecklich passé? Da wo sich früher Kathleen Hanna mit Gitarre schreiend auf dem Boden wälzte, herrschen in der Regel und spätestens seit den Chicks On Speed eher Elektro- und bisweilen Hip-Hop-Einflüsse vor. Siehe Robots In Disguise, Angie Reed, Rhythm King and Her Friends, Scream Club, Lesbians On Ecstasy…; die Liste wäre endlos. Eine Geschichtsstunde in Popfeminismus? Nicht wirklich. Wem beim Anblick der Jolly Goods nicht so untaugliche wie treffende Wörter wie ‚jung’, ‚frisch’, oder ‚wild’ durch den Kopf schießen, ist auch nicht mehr zu helfen. Gitarristin Tanja Pippi und Schlagzeugerin Angy dreschen und schreien sich so schön laut durch ihr Debüt Her.barium, dass es eine Freude ist.

{image}Musik-Krach, der ein Soundtrack zu einem grandiosen Rockkonzert sein könnte, der das Knistern eines brennenden Clubgebäudes impliziert, der niemanden still stehen lässt. Nicht heute Abend. Die Publikumsresonanz beschränkt sich aufs Wesentliche. Andächtig zuhörend verharren die Umstehenden. Als die Band nach einem halsbrecherischen Auftritt die Bühne verlässt, bleibt der Applaus aus. Geklatscht wird hier wohl nicht so gerne. Da muss der Grund für die Wut, mit der Tanja Pippi Schlagzeug und Gitarre gleichzeitig einem baldigen Ende entgegen prügelt, nicht lange gesucht werden. Heute Abend geht nicht viel. Das ist schade. Sehr schade. Eine Band am Ende ihrer Möglichkeiten? Auch nicht. Und das bleibt als Erinnerung an dieses Konzert. Potential ist in seiner Bedeutung ein vertrackt ambivalentes Wort. Doch es bleibt zu hoffen, dass die Jolly Goods den nichts als positiven Aspekt der Medaille auf ihrer Seite haben werden. Da kann noch viel mehr kommen. Und da wird noch viel mehr kommen. Und vor diesem Hintergrund sei ein baldiger Besuch eines Konzertes von Jolly Goods jeder und jedem dringend angeraten.

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