Fettes Brot (live auf dem Highfield Festival, 2019)

Fettes Brot (live auf dem Highfield Festival, 2019) © Christian Grube

Unter dem Pseudonym Bette Frost machen Fettes Brot momentan ein kleines Geheimnis um ihre Clubtour Ende 2007. In speziell ausgewählten Locations präsentieren Doktor Renz, König Boris und Schiffmeister plus Band exklusiv ihr komplettes neues Album „Strom und Drang“ live. Gleichzeitig beginnt schon der Vorverkauf für die live-Tour im Frühjahr, welche die Gruppe mit 8-köpfiger Band durch die gesamte Rapublik führen wird.

{image} Een, Twej, Een Twej, Drej – ohne Vorgruppe begann pünktlich der Auftritt der drei Vorzeige-Studentenrapper von der Hamburger Waterkant im restlos ausverkauften Karlstorbahnhof in Heidelberg. Das Publikum setzte sich insgesamt aus alternativen Schülern und Studenten aller Fachrichtungen zusammen – ein Albtraum für jeden Bushido und Kool Savas. Die hohe Anzahl an weiblichen Fettes Brot-Fans fiel besonders auf, was sich als großes Plus auf die von Anfang an hervorragende Stimmung auswirkte. Wie angekündigt, ging es mit Lieber Verbrennen Als Erfrieren gleich mit noch unbekannten Stücken vom kommenden Album „Strom und Drang“ los. Die erste Resonanz für Bette Frost war durchweg von Begeisterung gekennzeichnet und beim zweiten Titel Der Beste Rapper Deutschlands wurden sogar schon die brandneuen und hitverdächtigen Melodien durch die Fans mitinterpretiert.

Aus den Gangstergefilden des deutschen Sprechgesangs hagelt es ja häufiger Disses für die ach so harmlosen Brote, doch wie man eine Crowd anständig in Bewegung bringt und bis in die letzten Reihen rockt, beherrscht hierzulande wohl kaum jemand besser. Belege dafür sollten noch folgen. Nach Schiebt Es Auf Die Brote bekam nun jeder des Elbstrand-Trios platz für Solotracks eingeräumt. Aufgrund der etwas schlecht ausbalancierten Mikros gingen Sprachfetzen der Wortakrobaten bedauernswerter Weise ab und zu unter. König Boris legte los, Schiff kam mit einem Lied über das Internet hinterher und den Schlusspart bekam Doktor Renz. „Strom und Drang“ stellt insgesamt einen bunten Strauß an neuem Material dar, das auch wieder genug Potenzial für Platzierungen in der oberen Chartregion beinhaltet. Auf die Tour im Frühjahr darf man natürlich auch schon gespannt sein, da die Band die neuen Songs jetzt schon harmonisch verinnerlicht hat und sich in Topform präsentierte. Zum Abschluss packten die Brote dann mit Bettinas Brüste das wohl mit Abstand verrückteste Lied des Abends aus: ein Mitgröler aus der untersten Schublade des Hard Trance Trashs, versehen mit einem BPM Tempo, dass es selbst H.P. Baxxter schwindelig werden würde.

{image}Der zweite Teil der Show wurde mit An Tagen Wie Diesen vom Album „Am Wasser gebaut“ (2005) eingeleitet, wobei Pascal Finkenauer aus der live-Band als Sänger eingespannt wurde. Auf Emanuela folgte die Kirmes-Hymne The Grosser und nun wurden - auf bekanntem Terrain - auch die kompletten Texte von der Menge beigesteuert. Die Nordlichter brachten den Karlstorbahnhof mit diesem Best-of Fettes Brot nun endgültig zum beben. Weiter ging’s mit Falsche Entscheidung, in dessen Text unter anderem treffend die Berliner Rapper Bass Sultan Hengzt, Bushido und Fler mit aufgenommen wurden. Überhaupt nichts mehr zu sagen brauchten die auf-einem-Auge-blöden-Mitschnacker schließlich bei Jein, das auch im Jahre elf nach neunzehnsechsunneunzig noch seine Wirkung zeigte. Es wäre wohl einer Straftat gleichgekommen das Konzert bei dieser nun mehr als ausgelassen-freudigen Stimmung abzubrechen und somit schickten die Schleswig-Holsteiner noch Schwule Mädchen hinterher. Die vehementen Zugabe-Rufe wurden danach allerdings ignoriert, zur Verabschiedung gab es nur noch eine kleine Acapella-Einlage der drei Tenöre in getreuer Comedian Harmonists-Manier.

Live sind die Elb-Piraten immer ein sensationelles Erlebnis, schließlich wusste ja schon Störtebecker dass der Norden rockt. Das haben die Wegbereiter des deutschsprachigen Raps heute wieder eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Dass dabei nicht alle ihrer zahlreichen Top-Hits gespielt werden scheint auch klar, aber mit nur knapp mehr als einer Stunde Spielzeit (ohne Vorgruppe) sind die Brote - zeitlich zumindest - eher mager als fett unterwegs.

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