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Gravenhurst (im Lido, 2007) © Nicole Richwald

Auf der Bühne will er einfach nur abschalten und spielen. Ob solo oder mit seiner Band, die aus Bass, zweiter Gitarre und Drums besteht. Im Schocken gab es Beides: Die Band vor und die Soloperformance zu den Zugaben.

Nick Talbot kann mit dem Jahr 2007 wahrlich zufrieden sein. Das aktuelle Album The Western Lands schnitt sowohl bei den Fans als auch bei den Kritikern mehr als positiv ab und zahlreiche Presse- und Promotermine machten den jungen Briten auch hierzulande wesentlich bekannter. Live hatte er vor wenigen Wochen nun die Gelegenheit, die Qualität seiner Songs auf einer kleinen Club-Tour durch Deutschland zu beweisen. Im Stuttgarter Schocken, diesem Ideal von einem Club für Konzerte dieser Größenordnung, kamen Gravenhurst ohne Support auf die Bühne und legten mit dem instrumentalen Titelsong des jüngsten Albums los. Dieser lieferte eine fantastische Einstimmung auf das, was noch folgen sollte. Western Lands besticht dadurch, dass er mit seiner knackigen Lead-Gitarre tatsächlich Assoziationen an große und weite Landschaften hervorruft. Kein Text stört diese Bilder – ein gelungener Opener.

Nick Talbot lässt She Dances als nächsten Track anstimmen und damit ist ein Teil der Marschrichtung klar: Die straighten und rockigeren Songs stehen zu Beginn des Sets im Vordergrund. Während She Dances noch von einer ruhigen Gesangspassage unterbrochen wird, ist Hollow Men dann jener Track, der das bereits reichlich verträumte Publikum zum ersten Mal richtig aufweckt und für Bewegung in dessen Reihen sorgt. Der Sound im Schocken ist beeindruckend: Klar, druckvoll, differenzierbar und keineswegs zu laut. Ebenso wenig ist er zu leise, so dass auch die wieder etwas ruhigeren Nummern wie Trust und Hourglass voll zur Geltung kommen. Eines wird klar: Nick Talbot ist zwar ein fantastischer Singer/Songwriter, aber er offenbart einige Schwächen in seinem Gesang. Zu oft bleibt die Stimme säuselig und hauchdünn. Doch er hat ja eine Band im Rücken, die ihn zu tragen weiß. Besonders das Schlagzeug zieht immer wieder in den Bann, obwohl hier rein technisch nichts außergewöhnliches geboten wird. Aber die Wahl der Grooves und das "Feeling" treffen genau den Kern der Songs.

Mit Down River folgt dann der erste Songs eines der früheren Alben: Fires in distant Buildings beinhaltete auch den nächsten Track, dessen Video seinerzeit für die erste größere Aufmerksamkeit für Gravenhurts Schaffen gesorgt hatte: Velvet Cell kommt nicht nur dank der Zeile "to understand a killer I musst become a killer" ausgesprochen dunkel daher. Damit ist der Song auch die beste Überleitung zum folgenden, in der Strophe extrem langsamen und ruhigen Lied Song from under the Arches, das auf Platte über zehn Minuten in Anspruch nimmt und dessen Ruhe immer wieder durch kurze, klaustrophobische Einschübe unterbrochen wird. Dann wieder der Wechsel zu aktuellem Material, Saints, bevor es in der Songhistory noch weiter zurückgeht: Tunnels stammt vom 2003er Album Flashlight Seasons. Nach 2 weiteren Songs verlassen Gravenhurst bereits die Bühne. Erst etwas über eine Stunde ist zu diesem Zeitpunkt gespielt. "Wir haben zu wenig geübt und deshalb nicht mehr Songs im Programm", gesteht Nick Talbot ein.

Doch er kehrt noch einmal alleine zurück auf die Bühne, um die wunderbaren Solotracks Cities beneath the Sea, The Diver und Nicole zu spielen. Ganz auf sich gestellt, erscheint auch gleich seine Stimme eindringlicher – vielleicht, weil sie nun noch zerbrechlicher durch den Raum schwebt. So wie das Publikum zu diesem Zeitpunkt auch wieder gefesselt ist und in weiteren Träumereien schwebt.

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