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Heidelberg – wir wollen eure Hände sehn! Nein, HipHop aus Deutschland ist nicht tot – und HipHop aus Heidelberg schon mal gar nicht. Zum Release der neuen Compilation talentierter und etablierter Künstler ("Heidelberg Cypher") fanden sich 38 Rapper im Karlstorbahnhof ein, um sich zu präsentieren.

}Heidelberg, das HipHop-Mekka am Neckar, war einst Dreh- und Angelpunkt für die aufkommende deutsche Rapszene. Advanced Chemistry, die Formation um die beiden Rap-Pioniere Torch und Toni-L, setzten mit ihrem innovativen Stil und der vollkommen neuen Art zu reimen die überschaubar schöne Stadt Anfang der Neunziger auf die Landkarte der noch jungen Rapublik. Die legendärsten Jams wurden hier ausgetragen und aufstrebende Größen wie MC Rene, Cora E oder Curse fanden so schnell den Weg in das HipHop El Dorado. Mit ihrem bahnbrechenden Album Fenster zum Hof setzten die Stieber Twins noch einen drauf und hievten deutschen Rap produktionstechnisch auf das nächste Level. Die große deutsche HipHop-Welle um die Jahrtausendwende brachte schließlich Ruhe in die Hochburg, da sich das Reservoir an Nachwuchskünstlern weitgehend auf Großstädte wie Hamburg, Stuttgart und Berlin konzentrierte.

}Dieses Jahr erscheint nun erstmals eine Compilation, auf der sich junge und frische Künstler aus Heidelberg zusammengetan haben, um ihre aktuellen Projekte vorzustellen. Im Heidelberger Karlstorbahnhof fand dazu eine eigene Jam statt, auf der sich die Künstler erstmals gemeinsam präsentierten. Natürlich ist bei 38 Emcees das Chaos vorprogrammiert, doch relativ zügig fanden sich schon die ersten Performer auf der Bühne ein. Über die anfänglich noch auftretenden Soundprobleme tröstete schnell hinweg, dass sich neben den vielen jungen Menschen auch Oldschool-Veteranen wie der Point Blank Breaker Steve in der Menge eingefunden hatten.

Zum Auftakt trat Reigm mit seiner Gruppe La Differance auf. Früher noch mit seinem Partner Silence unterwegs, rappt er nun alleine und bekommt dabei instrumentale live-Unterstützung durch Percussion, Drums und Violine. Dicht gestaffelt konnte sich jede Crew, die einen Beitrag zum Sampler beigesteuert hatte, 15 Minuten lang offenbaren. Die Qualität der Auftritte schwankte deutlich, da so mancher Artist kaum Erfahrung mit Live-Gigs hatte und auf der anderen Seite auch routinierte Größen ihr Können zeigten. Mit dem aus dem Jungle-Milieu stammenden MC Renegade oder Mitgliedern der im Reggae beheimateten Irie Révoltés war zusätzlich für ein breites musikalisches Spektrum gesorgt.

n der Menge war nun auch Junaraw von den Liquid Elementz zu sehen, der seines Zeichens fester Bestandteil des 360°-Labels ist und mit Plastic Surgery auch einen Beitrag zum HD-Sampler beigetragen hat. Längst fest zum Heidelberger Bild gehören auch die Organisatoren des Basement Jam im Cave 54: Mitchman und First Son. Die Aufteilung in sowohl deutsche als auch englische Lyrics kann man hier sinnbildlich für die Internationalität der Stadt deuten.

Der Höhepunkt des Abends war dann schließlich mit dem Erscheinen des Funkjokers Toni-L erreicht. Breakdance auf der Bühne und treibende Hits waren die Zutaten aus der Küche des Paten und brachten die Cypher zum überkochen. Danach war noch lange nicht Schluss, denn nun waren die Jungs von Dreimaleins, allen voran Rapper Lookey (auch mitverantwortlich für das Jam), an der Reihe zusammen mit Live-Band aufzutreten. Der Kreis ist nur eines der Stücke, das den Anspruch der aufstrebenden Heads unterstreicht. Nächster im Cypher war der Wahl-Heidelberger Muso, der von keinem geringeren als Mr. Mar von den Stiebers produziert wird und sich durch seinen ganz eigenen Flow hervortut.

Alex Chadwick und Madd Astronoma sind zusammen das reimende Duo 3rd Brillyance und haben als unabhängige Nachwuchskünstler sogar schon auf dem legendären New Yorker Label "Rawkus Records" veröffentlicht. Damit blieb last but not least noch der Auftritt von Cheap Beatz Amazin’, nvY und Mr. Bayse offen. Mit dem Stück Funk’n’Talent ist der internationale Zusammenschluss gemeinsam auf dem HD-Sampler vertreten und das gab es auch live zu hören. Zusätzlich stellte Bayse seinen smoothen Track Know How mit neuem Beatarrangement vor.

Bei diesem vollgepackten Programm hätte man sicherlich schon früher in die Cypher starten können, um damit dem drohenden Chaos vorzubeugen. Dennoch Respekt an die Organisation, die solch ein Event überhaupt erst ermöglicht hat und einiges an hochwertigem Potenzial dargeboten hat. Alles in allem ein gelungener Abend, der zwischenzeitlich an 50 Emcee Sessions erinnerte. "Es ist Zeit, dass wir Stylez anfordern, wollt ihr Cyphers oder Seifenopern?"