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Sandro Perri - Tiny Mirros © Constellation

"Aufgelegt" diesmal mit einer kleinen Enttäuschung: Auf Pohlmanns neuem Album sind 1-2 Lieder für den nächsten Party-Sampler anzufinden, sonst aber nur wenig erquickliches auszumachen. Bei SixNationState ist das ähnlich, während Sandro Perri ausreichend Wärme für den kommenden Winter verspricht. Ohmega Watts schwankt zwischen Partytunes und Laidback, Queen Latifah produziert ihren soften Soulmix aus den Zutaten des R’n’B, Swing und Jazz.

SixNationState - SixNationState | Label: Jeepster Records

Indierock. In diesem Genre erwartet man üblicherweise etwas besonders innovatives. Aber bekommt man am Ende doch ständig nur das Gleiche? Im Falle von SixNationState ist das bedingt richtig. Die Briten bieten mit ihrem Debütalbum zwar Spaß und musikalisch ist an den Songs nichts auszusetzten, trotzdem klingt es wie tausend Mal gehört. Für sein Geld bekommt man hier eine Mischung aus Mando Diao, Gogol Bordello, Kaizers Orchestra und den Beatsteaks geboten. Dazu einen Sänger, der manchmal auch an Moneybrother erinnern möchte. Alles sicherlich keine schlechten Adressen und für sich genommen auch sehr lobenswert. Aber gerade im Vergleich mit diesen Künstlern hält das Debüt von SixNationState nicht das, was es verspricht. Es ist "ganz nett", mehr aber auch leider nicht. Für die nächste Party oder einfach nur für einen Schuß gute Laune eignet es sich aber sicherlich. Die Texte sind zwar wenig kreativ und wenig ausgefeilt, die Musik wenig abwechslungsreich. Dennoch verspüre ich das dringende Bedürfnis mich jetzt ins Auto zu setzen, die CD einzulegen und über die Autobahn zu brettern. Sofern das mit 35 PS unterm Hintern möglich ist. Worauf warte ich denn eigentlich noch? Die Sonne scheint! Also: Los!

Wertung: + + + (Sarina Pfiffi)

Sandro Perri – Tiny Mirrors | Label: Constellation

Wenn man sich für elektronische Musik begeistert, so stößt man früher oder später auf den kanadischen Produzenten Sandro Perri. Sei es durch sein Ambient-Projekt Polmo Polpo oder durch seine eher technoiden Veröffentlichungen auf dem eigenen Label Audisensa. Sandro Perri hat jedoch auch ganz andere Qualitäten, denn der präsentiert sich auf seinem neuen Werk Tiny Mirrors als äußert ideenreicher Singer/Songwriter. Schon auf dem Vorgängeralbum Sandro Perri plays Polmo Polpo, welches wie Tiny Mirrors ebenfalls auf Constellation veröffentlicht wurde, machten sich erste Ausflüge in Richtung Folk bzw. Jazz deutlich bemerkbar. Auf Tiny Mirrors geht der Kanadier noch einige Schritte weiter und liefert ein wunderbares Album ab, das trotz einer magischen Tiefe nie aufdringlich oder übermäßig verstörend wirkt. Sandro Perri ist in der Lage dazu, Songs zu schreiben, bei denen es dem Hörer selbst überlassenen bleibt, inwieweit man sich diesen hingeben möchte. Im Hintergrund quietschen Türen, Leute quasseln auf der Straße und elektronische Sounds pendeln zwischen den Lautsprechern, doch klar dominierend ist Sandro Perris warme Stimme und seine Jazzgitarre. Für die Produktion zeichnet sich Perri selbst verantwortlich, genauso wie das Einspielen von nahezu allen Instrumenten. Nur gelegentlich sind Musiker aus dem Umfeld von Godspeed you! Black Emperor zu hören, die von Perri zum improvisieren eingeladen wurden und sich frei auslassen durften. Wer ein warmes Album sucht, um dem kommenden Winter etwas entgegenzusetzen, der muss hier zugreifen.

Wertung: + + + + (Christian Bethge)

Pohlmann – Fliegende Fische | Label: Virgin

Pohlmann hat mal wieder zugeschlagen. Nach seinem Debüt folgt nun Fliegende Fische, dass seit Ende September in den Läden zu haben ist. Auch wenn die Plattenfirma von einer "Pohl-Manie" spricht, finden sich leider weniger gute Momente auf dem aktuellen Werk, als auf dem Vorgänger. Der Opener Musik ist sicherlich eine der schönsten deutschen Hommagen an unser aller Lieblingsthema. Eine Melodie in Manier von Jack Johnson, wie wir es von Pohlmann ja durch Es wird Sommer sein gewohnt sind und ein Text, der sicherlich seinen Lebensweg zur Musik wiedergibt. Der kleine Ingo, der eigentlich Maurer werden und in das Bauunternehmen der Familie einsteigen sollte, aber dann – Zivi sei Dank – seinen Platz bei der Musik entdeckte. Textlich nicht schnulzig und gut im Ohr klingen auch die weiteren Stücke. Der Song Wenn es scheint, dass nichts gelingt ist ebenso wie Musik ein Sommerhit, der wieder einmal zu spät über die Ladentheke geht. Flüchten ist die erste Ballade auf dem Zweitlingswerk und klingt so gar nicht nach dem, was man vorher von Pohlmann wahrgenommen hat. Es ist fast düster. Es folgen weitere Aufs und Abs. Alles in allem ein schwaches Album, das leider nicht oft den Weg in meinen CD-Player finden wird. Allerdings sind 1-2 Lieder für den nächsten Party-Sampler sicherlich zu verwenden.

Wertung: + + (Sarina Pfiffi)

Ohmega Watts – Watts Happening | Label: Ubiquity Records

Milton Campbell aus Brooklyn ist Teil der Lightheaded-Crew und legt unter dem Namen Ohmega Watts nicht nur auf, sondern rappt auch und versorgt sich dabei gleich selbst mit Beats in Eigenproduktion. Nicht zuletzt sein Glaube treibt ihn dabei an, diese Dreifaltigkeitsbegabung überdurchschnittlich umzusetzen. Damit gibt es einige offenkundige Parallelen zu Theory Hazit, dessen Album wir vor kurzem in "aufgelegt" vorgestellt haben. Mit dem Stück Triple Double haben die Beiden ihre Gemeinsamkeiten auch gleich lyrisch auf Ohmegas neuem Album Watts Happening verarbeitet. Watts hat mit seiner zweiten Albumveröffentlichung ein sehr experimentelles und individualistisches Stück Musik abgeliefert. Die Tracks variieren zwischen rasant-funkigen Partytunes und souljazzigen laidback-Nummern. Die verschiedenen Einflüsse sind bis zur Unkenntlichkeit breit gefächert. Gemeinsam mit der brasilianischen Chanteuse Tita Lima taucht er mit Adaptacao in die tiefrhythmischen Klangsphären Südamerikas ein. Die von James Brown hochgeschätzte Sängerin Sugarpie DeSanto featuret Oh Watts auf seinem Stück Are You Satisfied. Mit der an LL Cool J angedachten Hommage Roc The Bells lässt er die Beats hingegen wieder deftig knacken. Erfrischend organisch offenbart sich diese erlesene Mixtur. Ein kunterbuntes Soundklima durchzieht Watts Happening, das mit kompletter Instrumentalversion als Bonus-Doppel-Vinyl auf dem legendären Label Ubiquity Records erscheint. Ohmegas Reimstil schafft es zwar nicht, der enormen Komplexität der Beats Stand zu halten, dennoch kann man den lässig geflowten und sehr persönlichen Texten gut folgen. Momentan befindet sich Ohmega Watts zusammen mit Theory Hazit auf Europatour, was man sich auf keinen Fall entgehen lassen sollte (Live-Review hier).

Wertung: + + + (Andreas Margara)

Queen Latifah – Trav’lin’ Light | Label: Verve

Queen Latifah, die Wegbereiterin für femininen Rap und Mitinitiatorin des mit Jazz-Samples angehauchten "New Jerusalem"-Sounds der amerikanischen Ostküste, meldet sich mit Trav’in Light zurück im Musikgeschäft. Ghetto-Attitüde und dominant geflowte Lyrics sind mittlerweile passé. Die Schauspielerin hat sich ihrer reiferen und sanften Seite zugekehrt. Und keine geringeren als George Duke, Joe Sample und sogar Stevie Wonder (Georgia Rose) unterstützen sie dabei, einen soften Soulmix aus R’n’B, Swing und Jazz hervorzuzaubern. Hat man erst einmal überwunden, dass sich hinter diesem niedlich erklingenden Gesang Cleo Sims aus "Set It Off" und die sonst so burschikos auftretende Queen verbirgt, findet man allmählich Gefallen an den verschiedenen Interpretationen. Die Inspirationen zeigen mit Künstlern wie Nina Simone, Donny Hathaway und Curtis Mayfield relativ deutlich in die Blüte der Funk- und Soul-Ära, doch besticht beispielsweise auch das charmante Neuarrangement des 10CC-Klassikers I’m Not In Love aus den Siebzigern. Auf langsame und ungezwungene Töne kreiert Queen Latifah einen wohltemperierten Gesangsteppich zum dahinschmelzen. Ihre harmonische Stimme, aus der sie früher schon kein Geheimnis gemacht hat, spielt nun die preisverdächtige Hauptrolle. Warm und klar durchzieht das Album insgesamt einen angenehmen Vibe, wobei auf die komplette Strecke allerdings auch kein hitverdächtiger Höhepunkt auszumachen ist. Doch beweisen muss sich Queen Latifah als Gewinnerin eines Emmy sowie eines Grammy sicherlich nichts mehr. Sorglos und besonnen singt sich Latifah hiermit endgültig zur Soulqueen. Dana Elaine Owens ist älter geworden und verschafft sich dafür mit Trav’lin Light einen anspruchsvollen Rahmen.

Wertung: + + + (Andreas Margara)

So werten wir:

+
schnell auf ebay damit, bevor es jemand merkt
++
hier mangelt es an so einigen Ecken und Enden
+++
das kann sich wirklich hören lassen
++++
ein TOP-Album
+++++
das hier kann dir die große Liebe ersetzen

 

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