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Animal Collective © Animal Collective

Das Animal Collective lehnt es grundsätzlich ab, sich irgendwo dauerhaft zu verwurzeln. Egal ob im Studio oder auf der Bühne: das Quartett aus Baltimore experimentiert gerne mit extremen Elementen und Gegensätzen.

Vor wenigen Wochen haben Avey Tare, Panda Bear, Deakin und Geologist ihr bereits achtes Album Strawberry Jam auf dem britischen Label Domino veröffentlicht und wieder konnten sie die Fachpresse damit überzeugen. Wie vielseitig diese Band aber tatsächlich ist, wird erst live so richtig erkennbar, denn die allzu bekannten Eigenschaften oder auch Eigenarten einer Band werden hier komplett verworfen und stattdessen lieber mögliche Grenzen ausgelotet. Ein neues Album ist natürlich Grund genug auf Tour zu gehen, denn das wirklich Animalische lässt sich eben nur auf der Bühne hervorlocken.

Am Einlass des Karlstorbahnhofs wird man mit der traurigen Botschaft empfangen, dass die finnische Sängerin Islaja ausfällt und deshalb leider kein Vorprogramm stattfinden kann. Trost gibt es aber schon wenige Augenblicke später, denn ein kurzer Blick auf die Preise der zum Verkauf stehenden Alben von Animal Collective lässt wahre Freude aufkommen. Für maximal 10€ sind alle CDs und T-Shirts erhältlich, was dazu beiträgt, dass der Merchandise-Stand schon lange vor Konzertbeginn belagert wird. Zu kaufen gibt es unter anderem auch die Neuauflage von Hollinndagain, das Panda Bear Solo-Album Person Pitch und die Prospect Hummer EP, eine grandiose Kollaboration mit der Folk-Legende Vashti Bunyan. Etwas später als offiziell angekündigt betreten dann – sichtlich gut gelaunt – Avey Tare, Geologist und Panda Bear die Bühne, von Deakin jedoch keine Spur. Bei Animal Collective ist dies nichts Neues, denn sie geben regelmäßig Konzerte in wechselnder Besetzung und verzichten auf eine feste Konstellation oder gar so etwas wie einen offiziellen Frontmann.

Die Bühne ist mit Skeletten, riesigen LED-Lampen und einer wirklich beachtenswerten Anzahl an Lautsprechern bestückt. Letztere tragen wohl dazu bei den Sound richtig in den Griff zu bekommen. Instrumente sucht man mehr oder weniger vergebens, denn außer einer Gitarre von Avey Tare und einem kleinen Schlagzeug-Set findet man "nur" allerlei Mischpulte, Effektgeräte und Sampler vor. Zu Beginn begleitet ein frei wabernder Ambient-Teppich den Gesang von Avey Tare und nach wenigen Minuten folgt ein wahnwitziger Bruch: melodische Loops aus dem Sampler werden hoch verstärkt und erhalten Unterstützung von schnell blinkenden LED-Lampen. Dieses Blitzgewitter gepaart mit einem unbekannten Song lässt zuerst etwas zurückschrecken, doch bereits nach wenigen Minuten wird die hypnotische Wirkung dieser Kombination deutlich.

Das Trio spielt überwiegend unveröffentlichte Songs, die wohl auf dem nächsten Album vertreten sein werden. Auch dies ist nicht untypisch, denn schon auf der Feels-Tour im Jahre 2005 haben Avey Tare und Co. die Songs von Strawberry Jam live präsentiert. Trotzdem schaffen es einige bekannte Songs mit ins Set: Peacebone, #1, We Tigers oder – besonders erwähnenswert – die Version von Fireworks, die ab der Mitte zu Essplode wird (Anm.d. Red.: vom Album Spirit Thev’re Gone Spirit They’ve Vanished). Zu keinem Zeitpunkt entsteht hier der Eindruck, dass das Kollektiv nur lieblose Knöpfe dreht oder rohe Loops ablaufen lässt, denn die Maschinen werden ohne Pause wild bearbeitet. Im Zentrum sind die Sänger Panda Bear und Avey Tare trotz der technischen Dominanz auf der Bühne. Sie bewegen sich gesanglich irgendwo zwischen den Beach Boys und Hardcore. Schon während dem Konzert stellt sich einigen Gästen die durchaus berechtigte Frage: Warum können nicht noch mehr Bands so vielfältig sein und stets überraschen? Animal Collective jedenfalls schaffen es jedes Mal aufs Neue. Ein großartiges Konzert von einer der derzeit vielleicht spannendsten Bands der Welt.

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