Travis (Capitol Mannheim, 2007)
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Travis (Capitol Mannheim, 2007) Fotos: Jonathan Kloß © regioactive.de

"Entschuldigung, dass wir uns so lange nicht haben blicken lassen", ruft Fran Healy den Zuchauern im Mannheimer Capitol zu, "wir waren mit Dingen beschäftigt, die Erwachsene machen." Immerhin drei Bandmitglieder, darunter er selbst, seien inzwischen Vater geworden. "Der Sex hat jedoch keinen Spaß gemacht, er diente lediglich der Fortpflanzung – und er war kurz", fügt er lachend hinzu. Anders als der mühsame Fortpflanzungsprozess bereitet Fran Healy die Anwesenheit auf der Bühne jedoch sichtlich Vergnügen.

Er zeigt sich als der natürliche Mittelpunkt des Geschehens, verbreitet eine positive, lockerere Stimmung und schafft damit die Voraussetzungen für ein glänzendes Konzert. Schon der Einzug der Band ist ein Ereignis. Travis betreten die Bühne nicht etwas aus dem Backstage-Bereich, sondern bahnen sich ihren Weg durch die Zuschauer, wobei sie die für Boxer typischen Roben tragen. Dank professioneller Licht- und Soundeffekte wirken sie wie gut gelaunte Champions im Halbfliegengewicht, die Zärtlichkeiten mit den Zuschauern entlang ihrer Route austauschen. Nach etwas Schattenboxen auf der Bühne legen Travis ihre Roben ab und beginnen das Konzert mit einer druckvollen Version von Selfish Jean, des besten Liedes ihres aktuellen Albums The Boy With No Name.

Ihr Auftritt wird jedoch nicht von den Songs des neuen Albums dominiert. Lediglich Closer, My Eyes und Eyes Wide Open haben Aufnahme in die Setlist gefunden. Stattdessen präsentieren Travis so etwas wie eine Best-Of-Show, die auf Lieder aus allen Perioden ihrer Karriere zurückgreift. So erklingt der Titelsong ihres ersten Albums Good Feeling im Stil der English Music Hall, unterlegt von dem glänzend inszenierten Klaviersolo des Tour-Keyboarders Claes Björklund. Unerwartet bereichern sie ihr Set auch mit dem emphatischen The Line Is Fine und dem langsamen, aber intensiven Rocksong All I Want To Do Is Rock. Der missglückten Produktion entkleidet, gewinnen auch die Lieder von 12 Memories an Klasse. Die mit einem ausgedehnten Gitarrengewitter versehene Version von The Beautiful Occupation klingt zielgerichteter und druckvoller als auf 12 Memories und auch Quicksand wirkt geschlossener und eingängiger als die Studioversion.

Es überrascht nicht, dass die Songs ihrer beiden populärsten Alben The Man Who und The Invisible Band mit besonderer Begeisterung aufgenommen werden. Wer könnte auch so melodisch perfekten Popsongs wie Sing, Pipe Dreams, Turn, Writing To Reach You oder Driftwood widerstehen? Travis stellen aber an diesem Abend nicht ihre Können als Popmusiker in den Vordergrund, sondern präsentieren sich als bisweilen laut und hart rockende Band, die an krachenden Gitarren-Workouts ihre Freude hat. Dass dabei etwas von der Präzision der Studioversionen verloren geht, ist angesichts der Spielfreude, die Travis an diesem Abend ausstrahlen, mehr als verzeihlich. Fran Healys Gespür für das Zusammenspiel von Melodien und Songtexten sowie sein intensiver Gesang, der mühelos jede Höhe erklimmt (beispielsweise den Verstärkerturm), beeindrucken immer wieder aufs Neue.

Die Zugabe eröffnen Fran Healy und Bassist Dougie Payne mit ihrer Coverversion des Britney Spears Songs Hit Me Baby One More Time, den sie schon vor vielen Jahren als B-Seite veröffentlicht haben. Für die akustische Version von Flowers In The Window versammeln sich alle fünf Musiker um Fran Healys Mikrophon und schaffen somit ein dem Song angemessenes, wunderbar dichtes und doch zartes Klangerlebnis. Zum Abschluss spielen Travis Why Does It Always Rain On Me und bringen die Zuschauer dazu, jubelnd auf und ab zu hüpfen.

Das Publikum haben Travis sowieso von Anfang an auf ihrer Seite. Zu keinem Zeitpunkt lässt die Band sich anmerken, dass ihr Konzert wohl aufgrund schleppenden Kartenverkaufs vom sehr viel größeren Rosengarten kurzfristig in das Capitol verlegt wurde. Im Gegenteil, die Band macht das Beste aus der Situation und bietet ihren treuesten Fans einen beseelten, geradezu ausgelassenen Auftritt. Das Publikum bedankt sich, indem es die Band euphorisch feiert und kräftig mitsingt. Zur stimmungsvollen Atmosphäre tragen auch einige ihrer treuesten Anhänger bei, die ihnen aus ihrer Heimat nachgereist sind und sie mit einer schottischen Flagge anfeuern wie eine Fußballmannschaft. Zum Abschluss eines rundum gelungenen Konzertes verspricht Fran Healy: "Wir werden Euch nicht so lange auf das nächste Konzert warten lassen". Wir nehmen Dich beim Wort, Fran.

Setlist

Selfish Jean – Eyes Wide Open – Writing To Reach You – Quicksand – Love Will Come Through – As You Are – My Eyes – Pipe Dreams – The Line Is Fine – The Beautiful Occupation – Side – Driftwood – Good Feeling – Closer – Sing – All I Want To Do Is Rock – Turn

Zugabe: Hit Me Baby One More Time – Flowers In The Window – Why Does It Always Rain On Me?

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