Foto: Nicole Richwald

Foto: Nicole Richwald © regioactive.de

Der clevere suhrkamp-Verlag wiederveröffentlichte das bereits 2001 erschienene "Tagebuch eines Aussätzigen" anlässlich des 80. Geburtstages des berühmt-berüchtigten Klaus Kinski vor einem Jahr. Nun begann die "Kinski spricht Kinski"-Tour.

Während sich Ben Becker recht blamabel an der Bibel die Zähne ausbeist, tourt Nikolai Kinski non-stop und erfolgreich mit den Gedichten seines Vaters durch Deutschland. Am 10. Oktober fand Nikolai Kinski auch den Weg auf die Bühne ins Lieblings-Café Central. Aus Darmstadt und Mannheim ist man angereist, um zu sehen und hören "was der Junior so treibt". Als er gegen 21 Uhr, ganz in schwarz gekleidet und mit hochgekrämpelten Ärmeln, die Bühne betritt, ist ausschließlich das Gesicht vom Licht gespottet und somit der Fokus auf die Mimik gelegt. In eher zurückhaltenden Gesten und einem Wechsel von stehender und sitzender Performance, rezitiert der mittlerweile leicht heisere Nikolai. Er betont mal leiser oder lauter – doch nie brüllend – eine Auswahl von Gedichten aus dem Tagebuch eines Aussätzigen. Inhaltlich erzählen sie von der Lust und der Religion, um mit Der Abschied im Tod zu Enden.

Nach zurückhaltendem Beifall kehrt Nikolai Kinski noch einmal auf die Bühne des Café Central zurück. Er beginnt mit den Worten, "dass sich einige sicher vorstellen können, dass mein Vater ziemlich selbstverliebt gewesen ist", um dann eine Kritiker-Textcolage des "verehrt und angespienen" Klaus Kinski vorzutragen. Mit dem geliehenem Gedicht Ich bin der Engel der Verzweiflung von Heiner Müller wird auch dieser Rezitationsabend beendet. Die eingeladene städtische Buchhandlung bildete den Merchandising-Stand, bei dem einige die Möglichkeit des Austauschs nutzten oder sich der privaten Signatur des gerade gekauftem Buches widmeten.

Der Schauspieler Nikolai Kinski, der vor ein paar Jahren aus L.A. nach Deutschland gekommen ist, um sich u.a. mit dem Erbe seiner Vergangenheit auseinanderzusetzen, meisterte den Abend bravourös. Neben dem Hörspiel-Debut Selbstbezichtigung im Duett mit der Punk-Rockerin Mieze von der Berliner Band Mia, ist begleitend zur Tour das Hörspiel Kinski spricht Kinski erschienen; für all jene, die geneigt sind, sich ebenfalls mit dem lang verschollenen Kinski-Erbe auseinanderzusetzen. Vielleicht findet der mittlerweile 31-jährige Nikolai Kinski auch mit seinen musikalischen Experimenten wieder einmal die Bühne des Café Central. Gelegenheit sich ein eigenes Urteil über die Reziationsabende zu bilden, bietet sich noch bis zum 22.10.2007. Spannend wird es dann am 18. Oktober, dem Geburtstag seines Vaters Klaus Kinski: hier wird Nikolai Kinski in Berlin – seiner Wahlheimat –  rezitieren.