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The Ark Prime Club

The Ark befinden sich am Scheideweg. So langsam muss es mal klappen mit dem ganz großen Schritt in Richtung Stadien und Weltruhm. Immerhin gibt es die Band schon seit über zehn Jahren und The Ark haben nie einen Hehl aus ihren hochgesteckten Zielen gemacht. Dieses Ansinnen verschlug die Band am 3. Oktober nach Köln.

Die Teilnahme am Eurovision Song Contest (Platz 18) entschied sich für das schwedische Kitsch-Syndikat wohl weniger auf der Karriereleiter als vielmehr beim zweifelhaften Genuss von schwedischem Wodka und einer Schlager-Platte. Nichts gegen schwedischen Wodka. Und wem schon beim Wort Schlager die Schamesröte in die Wangen fährt, der kann The Ark trotz all der popkulturell halbwegs stilsicheren GlamRock-Referenzen getrost links liegen lassen. Überkandidelter Kitsch ist hier nicht notwendiges Übel oder heimliche Schwäche, sondern integraler Bestandteil. Wer also am 3. Oktober in den Kölner Prime Club ging, um die Band aus Malmö zu erleben, rückte im besten Fall mit gefestigten musikalischen Präferenzen und einer hohen Toleranzschwelle für Musical-Pomp und derlei Dinge mehr an.

Doch zunächst kamen Sunflower Caravan zum Zug und spielten ein ganzes Set voller Instrumental-Stücke. Muss das nicht nach hinten losgehen? Auf dem Papier kann das für einen Support-Act zu einer eher unerfreulichen Angelegenheit werden. Wenn aber Andy Cermak einen perfekten Popsong nach dem anderen aus seinem Keyboard drischt – und dabei mal eben Chris Martin und Konsorten in Sachen entrückt-ekstatisches Tastenspiel in die Tasche steckt – dann sieht das alles schon ganz anders aus. Der Verdacht, dass das bruchstückhafte Englisch Schuld an den wortlosen Songs ist, lässt sich nicht ganz von der Hand weisen, aber: Die Stücke von Sunflower Caravan benötigen zumindest live keine Worte und sprachlichen Rechtfertigungen. Und so soll es ja eigentlich sein. Da entlädt sich die Spielwut auf den Instrumenten – diese versagen dann durch Verschleiß auch schon mal den Dienst – und in scheinbar endlosem Klangwirrwarr und -gewitter. Sunflower Caravan wollen von der Bühne runter komplimentiert werden und bringen einigermaßen überraschend viel Bewegung ins Publikum. "Irgendwie interessant" trifft es wohl am Besten.

Danach lassen sich The Ark nicht lange bitten und starten mit Clamour For Glamour den gewohnten Wahnsinn. Alles wie immer? Nicht ganz. Mit dem neuen Keyboarder Jens Andersson steht jetzt noch ein sechster Musiker auf der Bühne. Aber das war es dann schon mit den Sonderlichkeiten. Denn über die gesamte Konzertlänge spielt Ola Salo routiniert und mit dem Charme von Dieter Thomas Kuhns Brusthaar-Toupet seine favorisierten Karten aus: Bühnenpräsenz, musicalreife Tanzeinlagen, Eloquenz und ein Kostümwechsel nach dem nächsten. Ola Salo tut nichts, Ola Salo passiert. Der Song One Of Us Is Gonna Die Young anlässlich des Jahrestages der Deutschen Einheit? Ein David Hasselhoff-Cover (I’ve Been looking For Freedom) gleich hinterher? Ein golden schimmernder Leotard? Das Publikum: Ekstase.

In den Prime Club passen ca. 500 bis 600 Menschen. Ganz ausverkauft ist es heute nicht, aber dennoch ist der Club gut gefüllt. Sei es wie es sei. Spätestens als dann das Publikum – nicht die Band – einem den Tinnitus ans Ohr brüllt, minutenlang mitsingt und Ola Salo mittels Haarspray bei New Pollution für die überfällige Pyro-Show sorgt, könnte der Prime Club auch die KölnArena sein. Wenn das Stadion-Rock ist, dann bitte mehr davon.

Entsprechend unerbittlich wird die Band mit dem Refrain zu ("Step Out Of Your") Echo Chamber aus den Backstageräumen zurück auf die Bühne gerufen. Let Your Body Decide läutet die mittlerweile ritualisierte Endphase ein. Ab jetzt werden Liederwünsche angenommen, hier und dort wird mal ein Marc Bolan- oder Chuck Berry-Zitat aus dem Ärmel geschüttelt und mit den üblichen Verspechen von Calleth You, Cometh I noch einmal alles vorhergegangene and Pomp und Kitsch übertrumpft. Am Vortag wurde die Band bei einem Auftritt in Paris als "The Ark of Triumph" gefeiert. In Köln hat man das eigene Wort nicht mehr verstanden. Andernfalls wären der Band heute Abend sicher ähnliche Lorbeeren aufgesetzt worden. Triumphal war das allemal.

Was wohl gewesen wäre, wenn The Ark den Eurovision Song Contest gewonnen hätten? The Ark als das ganz große Ding in den Arenen dieser Welt? Braucht kein Mensch. Die Halbwertszeit von gefeierten Pseudo-Kuriositäten wie den Scissor Sisters oder The Darkness ist ja ohnehin allgemein bekannt. The Ark in Venues vom Format Prime Club? Sollte jede und jeder mal mitgemacht haben.