Tool (Pressefoto)

Tool (Pressefoto)

Also, beim M'era Luna ist das so: Klar geht's in erster Linie um die Bands. Und die Veranstalter hatten ja auch wieder ein tolles Line-Up gezaubert. Neben Tool und Deine Lakaien kamen auch Bands wie Dir En Grey und die 69Eyes nach Hildesheim. Die Tatsache, dass die Rollbahn des Flughafen Hildesheim-Drispenstedt beim M'era Luna ab und an zum Laufsteg wird, ist aber auch durchaus Teil der Veranstaltung.

Sehen und gesehen werden, das stellt unter Camping-Bedingungen den Einen oder die Andere dann wie jedes Jahr vor einige Herausforderungen. Nichtsdestotrotz; bereits am frühen Freitag Abend sitzen das Korsett und die Schweißerbrille makellos. Dass ausgerechnet jetzt ein wahrer Wolkenbruch über den asphaltierten Catwalk jagen muss ist ärgerlich, aber zwei überaus sonnige Festivaltage können die Rüschen und Engelsflügel trocknen.

Für weitere Irritationen sorgten auch kurzfristige Änderungen im Spielplan. So tauschten Client den Platz mit Assemblage 23, denn letztere waren im Stau stecken geblieben. Die Fledermaus abgeschossen haben allerdings Animal Alpha. Ihr Auftritt musste komplett entfallen. Die falsche Handhabung eines Navigationssystems führte die armen Norweger irgendwo ins zwar schöne, aber leider weit entfernte Thüringen. Als Animal Alpha die Stadtgrenze von Hildesheim erreichten, war das M’era Luna 2007 bereits vorbei.

Als Client dann – nicht so "richtig" live – ihr Set abliefern, kommt noch kaum Bewegung ins Publikum; zu statisch und zu verloren wirken die drei Clients, die teilweise übrigens auch mit Catwalks vertraut sind. Aber selbst zu Kraftwerk hätte hier vermutlich noch niemand getanzt. Erst als sich dann mit Covenant das erste wirkliche Highlight des Tages ankündigt, kommt Bewegung ins Publikum. Die Japaner von Dir en Grey liefern eine sehr intensive Show ab, wenn auch die Resonanz im Publikum sehr unterschiedlich ist.

Das durchaus vielseitige M’era Luna-Programm ging auch 2007 wieder über sogenannte Szenegrenzen hinaus. So wurde beispielsweise der eigentliche Pflichttermin bei Tool am Abend gar nicht zwangsläufig als solcher wahrgenommen. Wie immer jenseits von eingefahrenen Publikumserwartungen bringen Tool als letzte Band des ersten Festivaltages ein erinnerungswürdiges Konzert mit Videoshow, Laser- sowie Lichteffekten auf die Bühne. Wem es nicht gefallen hat, der konnte sich wenigstens in dem Bewusstsein die Theaterschminke abschminken, eine große Band gesehen zu haben.

Der Sonntag Vormittag beginnt mit einem 25-minütigen aber wilden Auftritt von Big Boy, dem aufstrebenden Münchner aus Schweden. Erst ein paar Stunden später füllt sich der Platz vor der Main Stage wieder. Die langen Schlangen vor den Duschen und dann später vor der Autogrammstunde der 69Eyes lösen sich zum Abend hin auf. Die Auftritte von den Crüxshadows und den besagten Finnen gehören zu den diesjährigen Höhepunkten. Skinny Puppy hingegen können nicht ganz überzeugen.

Mit kleiner Verspätung schwingt sich am späteren Nachmittag Chris Corner mit IAMX auf die Bühne und liefert einen optischen wie musikalischen Genuss. Aber er treibt gleichzeitig Alexander Veljanov zur Haarrauferei. Deine Lakaien gastieren mit der Neuen Frankfurter Philharmonie auf der großen Bühne und alle, die Lieder wie Love Me To The End oder Dark Star kennen, müssen an dieser Stelle zugeben, wie eindrucksvoll eine klassische Untermalung dieser Songs sein könnte. Wohlgemerkt "könnte", denn der Sound ist in den hinteren Reihen hoffnungslos zu leise, bei IAMX im Hangar dafür aber genau richtig. In den eigentlichen Glanzpunkt des diesjährigen Festivals mischt sich deshalb etwas Bitternis, denn viele der tollen Songs und guten Ideen kommen dadurch nicht zur Entfaltung, dass sich der Hangar-Sound mit jenem zu leisen auf dem Gelände mischt. Ganz ohne Pannen lief das M’era Luna 2007 also nicht ab.

Die größte Qualität eines Festivals dieser Größenordnung muss aber nicht zwangsläufig ein streng durchgehaltenes Programm und technische Perfektion sein. Vielmehr begleitete das diesjährige M’era Luna in Hildesheim-Drispenstedt eine überaus friedliche und angenehme Atmosphäre mit sonniger Stimmung. Das machte es zu einem überaus angenehmen Aufenthaltsort für alle.