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Fotos: Charlotte Luther © regioactive.de

Exzentrik oder Arroganz? So oder so haben The Blood Arm mit dem Egozentriker Nathaniel Fregoso nicht nur einen mitreißenden Sänger in ihren Reihen, sondern bringen zu den Gigs auch gleich noch ihren persönlichen Moderator und Markschreier mit. So entwickeln sich Abende, die von einem Tanz- und Selbstinszenierungsdrang geprägt sind. Wir konnten ebenfalls nicht an uns halten und waren auf der aktuellen Tour dabei.

Ein gut aussehender Jüngling, bekleidet mit dunkelblauen Röhrenjeans, schwarzem Hemd, gleichfarbigen, verramschten Stiefeletten und einem weißen Seidenschal mit roten Polka Dots, betritt mit stolz geschwellter Brust die Bühne des Weinheimer Café Central. Wirre Worte sprudeln aus seinem Mund. Es handelt sich bei dem adretten Mann um den persönlichen Moderator und Markschreier von The Blood Arm. Zweisprachig (englisch wie deutsch) erzählt er die rührselige Geschichte seines toten Hundes und seinem Hilferuf an Gott. Außerdem spricht er von der unbeschreiblich großartigen Band aus Los Angeles, Kalifornien, die das Publikum jetzt zu erwarten habe. Wer die Band noch nie gesehen hat, glaubt in diesem Moment, es handele sich um den berüchtigten Egozentriker Nathaniel Fregoso. Doch weit gefehlt. Die Band weiß um ihr Image. Angriff ist eben die beste Verteidigung: Also runter von der Bühne mit dem modernen Voodoo-Priester und rauf mit The Blood Arm. Mit Stay Put! eröffnet das Quartett sein Set.

Gleich fällt die Exzentrik von Sänger Nathaniel auf, die fälschlicherweise oft als Arroganz interpretiert wird. Er ist der Inbegriff dessen, was üblicherweise „eine Rampensau“ genannt wird! Und diese Rampensau ist sehr auf (Körper-)Kontakt mit dem Publikum bedacht. Mit den Worten „You are mine!“ streichelt er einem Jungen in der ersten Reihe über den Kopf; er begibt sich ins Publikum und sucht sich eine Lady aus, um „nur für Stephie“ Accidental Soul zu singen. Wie sich am Ende des Konzertes herausstellen wird, verbringt er den Abend über genauso viel Zeit im Publikum oder auf irgendwelchen Gegenständen wie auf der Bühne.

Zu den durchdringend heiteren Klängen, mit denen die hübsche Keyboarderin Dyan Valdés den Song The Chasers begleitet, klettert der Entertainer des Abends den Boxenturm am linken Rand der Bühne hinauf. Ein etwas wackliges Unterfangen, was Nathaniel jedoch am allerwenigsten zu beängstigen scheint. Er singt hingebungsvoll und windet sich (auch mal gerne kopfüber) auf den Lautsprechern. Das komplette Gegenprogramm präsentiert er beim Titel Angela, der ohne Zweifel zu einer der kuriosesten Liebeserklärungen der Musikgeschichte gezählt werden darf. Hinsetzen ist angesagt. Und zwar alle. Nathaniel hockt in Mitten seines sitzenden Auditoriums und wirkt wie ein Geschichtenerzähler am Lagerfeuer.

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Auch Suspicious Character beginnt der Sänger sitzend. Dafür sprang er Sekunden zuvor an den Kneipenbereich und stibitze sich einen Stuhl, der nun auf dem Podium steht. Nur kurz werden die Füße auf die Monitorbox gelegt und der Körper entspannt zurückgelehnt, dann springt Nathaniel während seinen stimmlichen Glanzleistungen samt Stuhl ins Publikum, um dort auf der hölzernen Sitzgelegenheit abzutanzen. Selbst wankende Stehtische sind vor seinem Tanz- und Selbstinszenierungsdrang nicht sicher. Bierflaschen runter – Nathaniel drauf.

Auch die anderen drei Bandmitglieder geben alles. Dyan Valdés wirkt professionell und sexy. Der schüchtern wirkende Gitarrist Zebastian Carlisle spielt in sich versunken, ist eins mit der Musik; einfach nur leidenschaftlich. Schlagzeuger Zachary Amos überzeugt durch Unterstatement-Trommeln. Das Konzert war zwar kurz, aber dennoch mehr als knackig. Die Frage Do I Have Your Attention? hat sich nie gestellt.

Doch dann betritt der moderne Voodoo-Priester vom Anfang noch einmal die Bühne. Denn es gibt noch eine Zugabe. Und die muss natürlich standesgemäß anmoderiert werden. Schließlich darf sich das Publikum freuen, dass sich die beste Band der Welt aus L.A., Kalifornien, noch mal auf die Bühne bitten lässt. Während Nathaniel ein weiteres Mal knackig seine Hüften schüttelt, zieht er Leute aus dem Publikum auf die Bühne, um mit ihm und seiner Band zu tanzen. Denn eigentlich sind wir doch alle Rampensäue!

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