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Foto: Anne-Laure Fontaine-Kuhn © regioactive.de

Klasse Bands für wenig Geld, eine perfekte Lok-ation, Noiseworschd und ein ebenso feierfreudiges wie musikalisch aufgeschlossenes Pulblikum – das sind die Attribute mit denen das Noisepollution jedes Jahr aufwartet. Dieses Jahr kam eine ausverkaufte Hütte dazu, und neben den Gastgebern Soapbox, Neulingen wie As you know oder alten Bekannte wie VP-1 auch die Headliner des Freitags Death before Disco aus Belgien.

Um den ersten Absatz für bislang Uneingeweihte aufzuschlüsseln: Das Noisepollution grollt über die ebenso grünen wie sich sanft wölbenden Hügel des Odenwaldes unweit der Gefilde anderer musikalischer Legenden wie dem Finkenbach Festival oder dem Raubacher Jockel, veranstaltet wird es von Soapbox-Tieftöner Timo Kumpf im ehemaligen Lokschuppen der Gemeinde Wald-Michelbach. Zu den Standards zählen neben dem Cross-Marketing-Geniestreich Noiseworschd aus dem Hause Kumpf auch der klein aber feine Drum’n’Bass Floor und die gewaltige Totenkopfsonne, dereinst angefertigt von Kollege Kessler, die dieses Jahr wieder hinter der Bühne residierte.

So wars früher: Noisepollution 2005 & 2006

Die sechste Ausgabe erlebt einen wuchtigen Einstieg von Fumarkilla aus Darmstadt, der für diesen Abend die Richtung vorgibt: Auch die groben Würste werden exakt geschnitten und abgewogen, raffiniert gewürzt und mundgerecht serviert. Tatsächlich erlebt der Freitag des Noisepollution 2007 das härtestes Line Up der Festival-Geschichte.

Weiter geht es mit Left the Crowd aus Essen, der ersten somethingCore Band des Abends. Alles, was es braucht: Aggressiv, zappelig, auf den Punkt und ein Schuss Melodie. Die Temperatur im Lokschuppen nimmt in dem Maß zu wie die Luftqualität abnimmt. Und die Nachricht vom Ausverkauf des Abends macht die Runde …

Mit Blackdust folgen die Lokalmatadoren. 80er Metal löst die Core-Fraktion ab, der Raum füllt sich bis zum Anschlag. Beeindruckte die Band bereits letztes Jahr als Opener, setzt sich dies 2007 nahtlos fort. Wenn Metal, dann bitte so akkurat und mit diesen wehenden Mähnen. Gewöhnlich gut informierte Kreise sprechen vom bislang fettesten Blackdust-Gig.

Kju: aus Hannover rudern das Schiff zurück Richtung Hardcore. Wie sie selbst richtig erkennen, sind sie für selbigen allerdings wesentlich zu filigran und auch darin, dass man ihnen nicht mit dem Emo-Stempel kommen muss, ist ihnen Recht zu geben. Das Quartett ist packend und Sänger Tobis Show ist sogar bindend, jedenfalls insoweit das die permanenten Selbst-Bondage Einlagen mit dem Mikro-Kabel betrifft.

Der Headliner des Abends, Death before Disco, macht genau da weiter, wo Kju: aufgehört haben. Musikalisch, mit Bondage haben die Belgier zumindest on stage nichts am Hut. Es wird wieder ge-Cored und zwar in einer Manier, die man der alten Dame Hardcore so gar nicht mehr zugetraut hätte. Die Belgier sind zwar genau so aggressiv und auf den Punkt wie man sich das von diesem Genre erwartet, holen dabei aber alles an Musikalität raus, was möglich ist. Das erscheint dann stellenweise genauso unmöglich wie die Pirouetten, die ihr zwei-Meter Mann am Bass dreht: ein begnadeter Motoriker vor dem Herrn. Mit diesem fein getunten Brett geht das Festival verdient in die Halbzeit.

Tag zwei haben wir vor allem im Bild festgehalten: hier geht’s zu einer ausführlichen Bildergalerie des 2. Noisepollution-Tages

Den Beginn machen die Heidelberger As you know, Indie’n Roll zwischen skandinavischer und britischer Prägung, der das anwesende Publikum angenehm an die Tatsache erinnert, dass es nicht immer ganz aufs Schnitzel gekloppt werden muss um Druck zu machen.

Im Anschluss die One Man Show The Heli Arc, facettenreicher Indie mit Gitarre, Loops & Schnick-Schnack, der zu den bisher allesamt nach vorne gehenden sechs Bands des Noisepollution einen interessanten und vergleichsweise angenehm zurückgenommenen Kontrast setzt, der auch dankbar angenommen wird.

Danach wieder ein ?–Core, mit den alten Festival-Bekannten VP-1. Alles, was früher in diesem Zusammenhang über sie gesagt wurde, stimmt immer noch … das fette Brett vom Vortag steht kurz wieder auf – Hut ab …

Die vorletzte Runde macht die Frankfurt-Wien-Connection (hat diesmal nix mit Würsten zu tun) Fuoco. Die Psychedeliker wurden bereits im Vorjahr vom in dieser Hinsicht immer sehr sensiblen Odenwälder Publikum gefeiert, und dementsprechend geht auch diesmal nichts schief. Back to the 70ies im Space Shuttle strahlt die Totenkopfsonne nun in einem anderen Licht als am Vorabend. Mit der durchgängigen Gemeinsamkeit, dass es rockt. {image}

Danach der übliche Abschluss. Soapbox haben seit dem letzten Festival in den Noisepollution Studios eine EP aufgenommen, die es zu feiern gilt, und man lässt sich auch diesmal nicht lumpen. Dass diese fulminanten Heimspiele verdientes Ernten eines mühevoll organisierten Festivals sind, wurde an dieser Stelle schon mehrfach festgestellt. Ein Fest.

Fazit: Die Überlegungen ob das Festival in der Form auch im nächsten Jahr stattfinden kann, haben nur insoweit etwas positives als uns hier langsam wirklich die Worte ausgehen alle Facetten dieses Kleinods zu loben und zu preisen. Ansonsten: ja, es sollte, es muss, was gibt’s da eigentlich zu überlegen? Interessanter das an einigen Stellen hörbare laute Denken, ob der ausverkauften Hütte mal Richtung Open Air zu riechen. Klar, warum nicht? Aber bitte on top und nicht anstatt.

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