Ricardo Villalobos

Ricardo Villalobos

Eine Woche Festival für internationale Jetztmusik und Medienkunst hin oder her – am Ende stehen die drei großen "T" - TDK Time Warp, Techno, Tanzfläche. Mit denen kennt sich Ricardo Villalobos bestens aus, und nicht nur, weil er nicht zum ersten Mal bei der Megasause in der Maimarkthalle dabei ist. Wir hatten die Gelegenheit dem Produzenten und DJ ein paar Fragen zu stellen.

Schon über Jahre hinweg beweist Ricardo Villalobos mit seinen Veröffentlichungen und Auftritten zwischen House, Detroit, Psychedelic und sonstigen Frickeleien, dass es möglich ist, Leute mit Musik zum Tanzen zu bringen, die einem auch Zuhause Freudentränen in die Augen treibt und ordentlich die Synapsen stimuliert – und das auf dem ganzen Globus.

Hi Ricardo... Du bist während deiner Laufbahn als DJ schon öfter auf der TDK Time Warp aufgetreten, also schon so etwas wie ein Insider. Wie siehst du die Entwicklung vom reinen Techno-Event zum "Festival für Jetztmusik und Medienkunst"?

Ich finde es generell großartig eine Brücke zur Kultur zu schaffen, die sich nicht nur auf eine Richtung oder Generation beschränkt. Gerade wenn man als Veranstalter ein derart großes Event plant, muss man nach Jahren der Initiierung auch einen Nenner mit der Stadt finden und sich etwas besonderes einfallen lassen. Ansonsten finde ich es erstaunlich, dass sich die TDK Time Warp schon so viele Jahre hält, generell haben es vergleichbare Groß-Events ja eher schwer und sterben leider aus. Die TDK Time Warp hat da offensichtlich etwas Spezielles.

Mit Narod Niki hast du vor Jahren ein Projekt ins Leben gerufen, um über eine Art Audio-Netzwerk, Musik mit befreundeten Artists (Anm. d. Red.: unter anderem mit Richie Hawtin) live zu performen. Wie steht es momentan um dieses Projekt? Wäre das nicht auch etwas, das hervorragend auf die TDK Time Warp passen würde?

Narod Niki ist schon etwas, das nur in einem Kunst-Kontext richtig funktionieren kann. Insgesamt sind 8 Leute an dem Projekt beteiligt, daher ist es also auch etwas teurer. Bei Narod Niki darf und kann alles passieren, es muss nicht unbedingt tanzbar sein. Natürlich lebt das Projekt noch und wir werden wahrscheinlich auf der Eröffnungsveranstaltung des Sonar-Festivals in Barcelona spielen.

Hört man sich deine Releases an, fällt auf, dass du dich nicht nur auf den Aspekt der reinen Club-Funktionalität beschränkst, und sie lassen sich nur schwer dem Begriff Tech-House zu ordnen. Details, Ästhetik und Musikalität ziehen sich wie ein roter Faden durch deine Produktionen. Dinge, die dir auch im Club eine Rolle spielen?

Generell verwende ich den Ausdruck Tech-House nur sehr ungern. Es ist ganz einfach eine Musik die auf House basiert und in der ich meine Einflüsse aus Detroit und Chicago ebenfalls verarbeite. Ich empfinde das eine bestimmte Ästhetik und Musikqualität, aber auch Überraschungen spielen bei mir eine große Rolle. Ich sehe es als Herausforderung, mit Stücken zu arbeiten, die ihre Faszination vielleicht erst beim zweiten Hören entfalten oder einen gewissen Spannungsbogen aufweisen. Mein Ziel ist es einfach, Leute mit Stil zum Tanzen zu bringen.

Viele sind ja der Meinung, dass die Clubkultur in Deutschland etwas eingefroren sei. Würdest du das auch unterschreiben?

Ich sehe das ganz anders und für mich persönlich entwickelt sich die Musik immer weiter. Es gibt sehr viel recht gut produzierte Sachen, die aber wenig Ideen haben, bei denen einfach der zündende Funke fehlt. Die Flut an Releases macht es einem nicht leicht die guten Sachen zu finden, aber es gibt sie. Was ich sehr gut finde, ist die Entwicklung in Richtung House generell, also mehr Mädchen auf der Tanzfläche!

Für mich gibt es da überhaupt keinen Stillstand, das Ganze wird höchstens Labels einen Dämpfer versetzen, die jede Menge eher mittelklassige Platten veröffentlichen. So aber reguliert sich der Markt letztendlich von selbst und die Perlen bleiben natürlich stets erhalten.

Du hast lange Zeit Percussions gespielt, etwas das deine Arbeit immer noch beeinflusst?

Schon immer! Gerade südamerikanische Musik hat einen großen Einfluss auf meine Produktionen. Auch wenn man überwiegend elektronische Musik macht, finde ich es wichtig ein Instrument spielen zu können oder sogar Teil einer Band zu sein. So stellt sich ein ganz anderes Feeling ein, man entwickelt ein Feingefühl für das Gesamtspiel der Instrumente und Sounds auch untereinander ... Es ist einfach wichtig eine gute Idee zu haben, bevor man überhaupt einen Track macht. Es bringt nichts, wenn irgendwie ein neues Programm rauskommt, das zwar tolle Beats macht, aber die Produktion selbst keine Seele hat. Erst wenn ich selbst der Überzeugung bin, dass die Welt diesen Track braucht, bin ich bereit ihn zu veröffentlichen und auf die Leute loszulassen.

In letzter Zeit hört man auch ab und an eine Dubstep-Platte in deinen Sets. Kommt von dir vielleicht auch produktionstechnisch etwas in dieser Richtung?

Ja klar! Sogar schon eine ziemlich lange Zeit. Etwa vor 2 Jahren habe ich damit begonnen und Dubstep ist etwas, das wohl sehr gut zu meiner Musik passt. Ich vertrete allgemein aber den Standpunkt, dass gute Musik einfach gespielt werden sollte ... Das Genre spielt da überhaupt keine Rolle. Gerade arbeite ich an einem Remix für Skream (Anm. d. Red.: Dubstep/Grime Legende aus England), wo das Original auf der Platte Midnight Request Line vor etwa 1,5 Jahren auf TEMPA erschienen ist. Meine Connection zu dieser Szene besteht also schon länger.

Apropos ... Momentan ist bezüglich Remix doch auch was mit Beck im Busch?!

Beck kennt meine Musik und hat für einen Remix über sein Management bei mir angefragt, letzten Sommer war das. Letztendlich war er sogar ziemlich davon angetan und wollte sogar noch einen zweiten, was aber auf Grund meiner vielen Projekte nicht machbar war.<

Und was wird’s den demnächst von dir geben?

Einiges! Ich habe schon seit längerer Zeit etwas in Planung. Was genau, soll aber noch eine Überraschung bleiben. Natürlich kommen auf Perlon in naher Zukunft auch wieder wie gewohnt Singles von mir raus, bezüglich meines Projektes möchte ich jedoch noch schweigen. Lasst euch einfach überraschen!

Wie gehst du mit den Erwartungen an deine Person hinter den Decks um? Leute, die deine Gigs besuchen, wollen doch auch immer etwas Besonderes erleben...

Im Endeffekt ist es wichtig, dass ich die Leute, aber auch mich selbst, richtig unterhalte. Es freut mich einfach im Club zu sein, Freunde zu treffen und Spaß zu haben. Mehr Erwartungen kann man auch an mich nicht stellen...

Du bist jemand, der in vielen Clubs der Welt zu Gast ist ... Wo siehst du momentan die spannendste Entwicklung?

Es gibt wirklich eine bemerkenswerte Entwicklung in Südamerika, wo ich mich natürlich auch wegen meiner Herkunft Zuhause fühle ... Mexico, Venezuela, Brasilien dort gibt es wirklich talentierte Künstler und auch DJ´s. Auch in Rumänien tut sich einiges, gerade Namen wie DJ Redo oder Raresh wären da hervorzuheben. Leute, die unglaublich kultiviert und nett sind, mit denen ich in der Vergangenheit schon eine großartige Zeit hatte.

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